Bochum. Über 1000 Menschen setzten am Christopher Street Day in Bochum ein Zeichen für Toleranz und Vielfalt. Die City erstrahlte in Regenbogenfarben.
Es war die wohl bunteste Demo des Jahres in Bochum: Rund 1000 meist junge Menschen feierten am Sonntag in der Innenstadt den Christopher Street Day (CSD). Veranstalter und Polizei waren gleichermaßen zufrieden. Es war nur mit der Hälfte der Teilnehmer gerechnet worden. Und: Bei strahlendem Sonnenschein blieb alles friedlich und fröhlich.
Dabei ist der Anlass für den CSD von Hass und Gewalt geprägt. In New York wehrten sich im Jahr 1969 Besucher der Bar „Stonewall Inn“ in der Christopher Street gegen eine der damals üblichen Razzien gegen Homosexuelle. Es kam zu tagelangen Straßenschlachten. Der Christopher Street Day erinnert seither weltweit an den Aufstand und wendet sich gegen jedwede Diskriminierung und Ausgrenzung.
CDS: Queere Bewegung in Bochum ist lebendiger denn je
Vor zwei Jahren war erstmals auch Bochum Schauplatz des CSD. Ein Bündnis mit Vertretern u.a. der Aids-Hilfe, der Rosa Strippe, des Sozialen Zentrums und Studierenden der Ruhr-Uni freute sich trotz des schlechten Wetters über mehr als 500 Teilnehmer. Mit Spannung wurde erwartet, ob die LGBTIAQ-Bewegung (Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans- und Inter-Personen, Asexuelle und andere Queers) nach der Corona-Absage 2020 in diesem Jahr erneut mobilisiert werden kann.
Die Antwort war vielstimmig, selbstbewusst und farbenfroh: Die queere Gemeinde in Bochum ist lebendiger denn je!
Nackte Brüste und Lady Gaga am „Lauti“
Nachdem es an den Vortagen bereits Vorträge, Workshops, Filme und DJ-Sets gegeben hatte, kamen am Sonntag mehr als 1000 Menschen (laut Polizei exakt 1050) am Mittag am Schauspielhaus zusammen. Die angemeldete Demonstration glich einer ausgelassenen Party. Zwar kann es Bochum (noch?) nicht mit den angestammten Paraden in den Metropolen aufnehmen. Präsenz und Stimmung beim Fußmarsch hinter einem Lautsprecherwagen (zärtlich „Lauti“ genannt) waren aber allemal großstadttauglich.
Lady Gagas „Born this Way“ dröhnt aus den Boxen, während hunderte Regenbogenflaggen und -fähnchen geschwenkt werden. Strapse, Netzstrümpfe, nackte Brüste oder ein XXL-Flausch-Phallus: Seht her, lautet die mitunter provokante Botschaft, wir sind hier, wir sind laut, sind ein Teil dieser Gesellschaft. Auch wenn manche Sonntags-Spaziergänger in der City skeptisch gucken: Bochum setzt ein starkes Zeichen für Toleranz, Respekt und Vielfalt. Dazu passt das Regenbogen-Transparent am Rathaus-Balkon „Welcome CSD Bochum“.
Aktivisten mahnen: „Es gibt noch viel zu tun!“
Dabei haben Stadt und Staat noch viel zu tun, bekräftigen die Aktivisten. In Bochum gelte es, weitere „queere Räume zu schaffen“. Ein Schritt: die Gründung der feministischen Initiative „Take back the night – Wir erobern uns die Nacht und die Stadt zurück!“, die am 31. Juli zu einer abendlichen Demo aufruft. Im Bund müsse das sogenannte Transsexuellengesetz aufgehoben werden, das demütigende Hürden beim Wechsel des Geschlechtes aufstelle.
Es bewegt sich etwas in Politik und Gesellschaft. Aber: „Es gibt noch viel zu tun“, hieß es am Sonntag. Eines der CSD-Plakate zeigte eine Option auf: „Fuck the pain away!“