Bochum. Mit einem vor wenigen Tagen verabschiedeten Abwasserbeseitigungskonzept will Bochum künftig besser auf Unwetter reagieren. Das hat seinen Preis.
Binnen weniger Tage hieß es in Bochum gleich zweimal „Land unter“ – und das an etlichen Stellen im Stadtgebiet. Die schweren Unwetter mit heftigen Regelfällen sorgten für heftige Überschwemmungen, unzählige Keller liefen voll. Die Feuerwehr war im Dauereinsatz.
Ende Juni hat der Rat einstimmig das Abwasserbeseitigungskonzept, kurz ABK, verabschiedet. Es soll helfen, dass die Stadt in Zukunft besser gewappnet ist, gegen die teuren und gefährlichen Folgen solcher sintflutartigen Regengüsse.
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Technische Bauten sollen Wasser ableiten
Marko Siekmann, ist Abteilungsleiter im Tiefbauamt. Der promovierte Ingenieur ist zuständig für die „Entwässerung“ und damit Herr über das rund 1250 Kilometer lange städtische Kanalnetz sowie rund 80 Kilometer offene Wasserläufe. Erstmals hat Bochum jetzt eine sogenannte Starkregengefahrenkarte, auf der Risikogebiete eingetragen sind und anhand der sich die Bürger und Bürgerinnen auch ganz konkret bei der Stadt über mögliche Maßnahmen beraten lassen können.
Manchmal helfen auch einfache technische Mittel
Es gibt auch einige Möglichkeiten, wie Hausbesitzer oder Hausbesitzerinnen selbst etwas tun können, um Überflutungen von Kellerräumen zu verhindern. Eine dieser Möglichkeiten sind sogenannte Rückstauverschlüsse oder Rückstauklappen. Diese Vorrichtungen sollen verhindern, dass das Wasser aus dem Kanalnetz zurück in die Häuser fließt und dann etwa über Toiletten in die Keller gelangt.
Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Tiefbauamtes stehen bei solchen Fragen auch zur Beratung bereit.
Zwei erfolgreiche Verbesserungen im Kanalnetz nennt die Stadt gern, um zu erläutern, wo die Reise hingeht und in welche Richtung aktuell gedacht wird. Beispiel Propst-Hellmich-Promenade in Wattenscheid: In der Vergangenheit drang bei heftigen Regenfällen stets Wasser in die Räumlichkeiten einer dort liegenden Augenklinik ein. Vor einiger Zeit ist an der Straße eine spezielle Abflussvorrichtung installiert worden, die Überflutungsgefahr ist jedenfalls an dieser Stelle weitgehend gebannt.
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Beispiel Nummer zwei: Jörg Jarmusch wohnt an der Alten Werner Straße in Harpen. Seit dort vor etwa fünf Jahren sogenannte Kastenrinnen an den Straßenrändern verlegt worden sind, wird das Regenwasser an dieser Stelle über ein eigens gebauten unterirdisches Entlastungskanalsystem in einen nahen Bach abgeleitet. „Seitdem haben wir hier Ruhe. Früher hatten wir zigmal das Wasser auf unserem Grundstück.“
Doch es bleibt viel zu tun, wie die Situation etwa an der kleinen Straße Am Steinknapp in Weitmar zeigt. Bei Ortrud und Karl-Heinz Wehde stand der Keller sowohl am 29. Juni als auch am 8. Juli komplett unter Wasser. Das dokumentiert Karl-Heinz Wehde mit Fotos. Er schreibt: „Bis heute sind keine weiteren Maßnahmen durch die Stadt Bochum erfolgt. Lediglich die Gullys werden neuerdings regelmäßig kontrolliert und von den durch die Straßenbäume verursachten Verunreinigungen befreit.“
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2013 hätte die Stadt nach einer Ortsbegehung konstatiert, dass der Abwasserkanal aus dem Jahr 1925 zwar für normale Abwassermengen nicht aber für große Regenereignisse ausreicht. Seitdem weitere Häuser dort gebaut worden sind, komme es etwa seit 2012 immer wieder vor, dass die Keller der Häuser mit geraden Hausnummern volllaufen.
Noch ein weiter Weg ist zu gehen
Marko Siekmann weiß, dass die Stadt noch eine weite Wegstrecke zu gehen hat, an deren Ende aber sicher nicht alle Problemlagen gelöst werden. Mit dem Abwasserbeseitigungskonzept gibt es jetzt immerhin einen Fahrplan für die nächsten zehn Jahre. Darin sind Investitionen in den Überflutungsschutz mit rund 40 Millionen Euro eingepreist und rund 28 Millionen Euro für Unterhaltungs- und Sanierungsmaßnahmen im bestehenden Kanalnetz. Bei jetzt anstehenden größeren Straßenbaumaßnahmen auf der Alleestraße, der Castroper Straße und der Hattinger Straße sollen bereits neue Konzepte umgesetzt werden.
„Es mag komisch klingen: Das Wasser auf der Straße ist nicht das Problem, sondern die Lösung“, so Siekmann. Da das Kanalnetz nicht unbegrenzt erweitert werden kann, müsste alles daran getan werden, dass Wasser kontrollierter und vor allem langsamer den Kanälen zuzuführen. Das könne aber nicht eine Kommune allein bewerkstelligen. Hier gebe es eine enge Zusammenarbeit der Revierstädte auch etwa mit der Emschergenossenschaft oder dem Ruhrverband. Das Projekt heißt „Wasser in der Stadt von morgen“.