Bochum. Mehrere Stunden im Dauereinsatz waren in der Nacht zum Mittwoch mehr als 300 Einsatzkräfte von Feuerwehr und THW in Bochum. Es gab 183 Einsätze.
Die Feuerwehr Bochum hatte zusammen mit dem Technischen Hilfswerk (THW) bis in den frühen Mittwochmorgen mit den Folgen des Gewitters von Dienstagabend zu kämpfen. Überflutete Straßen und voll gelaufene Keller machten den Einsatzkräften zu schaffen. „Verletzte gab es glücklicherweise nicht“, berichtet die Feuerwehr.
In einigen Kellern stand das Wasser laut Feuerwehr bis zu zur Decke. Über 280 ehrenamtliche Einsatzkräfte der Freiwilligen Feuerwehr waren mit 55 Fahrzeugen den ganzen Abend im Einsatz. Das THW unterstützte die Arbeit mit 27 Einsatzkräften und fünf Fahrzeugen.
THW unterstützt Großeinsatz der Feuerwehr Bochum nach Gewitter
Die Feuerwehr meldete am Dienstagabend einen Großeinsatz für das Stadtgebiet Bochum. Kurz nach dem Ausscheiden der deutschen Mannschaft aus der Fußball-Europameisterschaft entlud sich ein heftiges Gewitter über der Stadt. Ab 20.30 Uhr bestand sogenannter Vollalarm, die höchste Alarmstufe vor dem Katastrophenfall oder dem Ausnahmezustand.
Die Notrufleitungen der Leitstelle standen nicht mehr still. „Im Sekundentakt wurden neue Einsatzstellen gemeldet, in allen Fällen handelte es sich um vollgelaufene Keller und überflutete Straßen. Kurzfristig war das Notrufaufkommen so hoch, dass die Leitstelle der Feuerwehr Herne im Rahmen der interkommunalen Unterstützung Einsätze entgegen nehmen musste“, so die Feuerwehr.
An vielen Stellen in Bochum wurden Fahrbahnen und Unterführungen überflutet, zum Teil war ein Passieren mit Fahrzeugen nicht mehr möglich. In einigen Kellern stand das Wasser über 50 Zentimeter hoch. Neben Privathäusern waren auch ein Kindergarten, eine Schule sowie mehrere Betriebe und eine Tiefgarage betroffen.
Viele Bochumer verbrachten eine schlaflose Nacht
Viele Bochumer verbringen den Dienstagabend im Keller, um diese wieder trockenzulegen. Auch Eileen Tunnat aus Weitmar-Mark ist mit ihren Eltern und anderen Mitbewohnern des Fünf-Parteien-Hauses an der Karl-Friedrich-Straße über Stunden zugange. „Wir hatten in der Waschküche einen regelrechten Springbrunnen, so schoss das Wasser aus dem Gully dort heraus.“
Als am Abend der Starkregen einsetzte und das Wasser die Straße herunter strömte, war Eileen Tunnat klar, dass sie mal im Keller nachsehen muss. „Wir sind hier gebrannte Kinder“, sagt sie am Tag danach. „2011 hatten wir jeden zweiten, dritten Tag Wasser im Keller.“ Zuletzt sei sieben Jahre Ruhe gewesen – bis Dienstag.
30 Zentimeter hoch habe das Wasser gestanden, berichtet Eileen Tunnat. Geschockt wirkt sie nicht. „Wir sind noch mehr gewohnt.“ Sofort kamen Pumpe und Wasserstaubsauger zum Einsatz. „Die haben wir so oft benötigt, die haben sogar schon Namen“, sagt die 41-Jährige lachend. Anton heißt die Pumpe, die auch am Mittwochmittag noch rödelt, Wall-E der Sauger.
Bei so viel Erfahrung steht im Keller von Eileen Tunnat und Nachbarn längst nichts Wertvolles mehr direkt auf dem Boden. Alles ist verstaut in Hochregalen oder auf Paletten. Auch sonst sind die Bewohner inzwischen alte Hasen: Das Wasser wird erst rausgepumpt, wenn es nicht mehr steigt. „Alles andere bringt nichts“, sagt Eileen Tunnat. Und um die Gullys in Kellerzugang und Waschküche zu entlasten, lässt sie sogar das aufgestaute Wasser extra durch die Kellertür rein. „Auf diese Weise ziehen die Gullys schneller wieder. Auch wenn es paradox klingt.“
Regen lässt erst nach 22 Uhr wieder nach
Unser Bericht von Dienstagabend:
„Bochum säuft gerade ab“, sagt ein Feuerwehrsprecher. Er warnt, sich derzeit nicht unnötig im Freien aufzuhalten. Nach ersten Berichten seien bisher keine Menschen zu Schaden gekommen. Aber, so die Feuerwehr, an einigen Orten seien Menschen in größter Not aus ihren vom Wasser eingeschlossenen Autos geflüchtet. Erst nach 22 Uhr beginnt der Regen langsam nachzulassen.
Zu dieser Zeit sind immer noch rund 50 Einsatzstellen nicht bearbeitet. Und das, obwohl Berufs- und Freiwillige Feuerwehr mit insgesamt 280 Einsatzkräften und 55 Fahrzeugen im Dauereinsatz ist. Der Einsatzschwerpunkt liegt in Altenbochum, Laer, Wiemelhausen, Weitmar und Wattenscheid.
Pumpen macht erst bei Wasserstand über 15 cm Sinn
Feuerwehrchef Simon Heußen, der eigentlich schon zu Hause war, hatte Mühe wieder zur Zentrale in Werne zurückzukommen: „Wir haben in wenigen Minuten weit mehr als 100 Notrufe erhalten.“ Und das betreffe nur die überfluteten Keller. Es sei das komplette Stadtgebiet betroffen, unzählige Straßen seien überflutet. Aufgrund der Vielzahl von eingehenden Notrufen kann es aktuell zu Verzögerungen beim Notruf 112 kommen.
Es mache im Augenblick (22 Uhr) wenig Sinn, mit Pumpen in den Kellern gegen die Wassermassen vorzugehen. „so schnell können wir gar nicht pumpen, das Wasser drückt mit großer Kraft ständig nach“, so Heußen. Zudem wird in diesem Zusammenhang vor der Gefahr durch Elektrizität in überfluteten Räumen gewarnt. Die große Bitte des Feuerwehrchefs: „Sollte das Wasser aus den Kellern abgelaufen sein, bitte melden sie uns das. Jeder Einsatz, den wir derzeit nicht fahren müssen, hilft enorm.“ Zur Unterstützung ist mittlerweile auch das Technische Hilfswerk alarmiert worden.
Alle Kräfte sind im Dauereinsatz
Sämtliche verfügbaren Kräfte sind im Dauereinsatz. Es sei derzeit nicht abzusehen, wie viele Schäden es im Stadtgebiet zu beklagen gibt. Die Menschen werden aufgefordert, sich nicht in Gefahr zu begeben. Hochgespülte Kanaldeckel und überflutete Senken bedeuten eine Gefahr für den Straßen- und Schienenverkehr.
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Es sind etliche Tunnel, Senken und Unterführungen überflutet, was eine extreme Gefahr vor allem für Autofahrer bedeutet. Noch steht nicht fest, ob Menschen verletzt oder akut in Gefahr sind. Die Einsätze dauern derzeit noch an. Auch Kräfte der freiwilligen Feuerwehr sind angefordert.
Gefährliche Überflutungen
Hinzu kommt, dass die Kanalisation in bestimmten Bereichen die Wassermassen nicht bewältigen kann, was zu Überflutungen in Kellern führt. In einigen Straßen haben sich regelrechte Sturzbäche gebildet, Schlamm und Geröll sind auf die Straßen gespült worden, die dadurch zu gefährlichen Rutschbahnen werden.
Bogestra meldet Störungen
Die Bogestra meldet am späten Abend einzelne Störungen im Bus- und Bahnverkehr. Bislang sei es allerdings glücklicherweise nicht zu Beeinträchtigungen der U-Bahnanlagen gekommen. Vor einigen Jahren war das Wasser bei ähnlichen Wolkenbrüchen wie ein Sturzbach in U-Bahnanlagen eingedrungen.