Bochum. Der VfL Bochum steht dicht vor dem Aufstieg. Die „Bochumer Jungen“ fiebern besonders innig mit. „Es kribbelt“, heißt es im ältesten VfL-Fanclub.

Von den „Amigos“ bis zur „Zeit für Zärtlichkeit“, vom kompletten Revier über Berlin, England und Polen bis nach Finnland: Mehr als 120 Fanclubs listet der VfL Bochum auf seiner Online-Seite auf. „Wir sind die Ältesten“, sagt Ralf Wolf. In der Tat: Die „Bochumer Jungen“, die der 68-jährige Wattenscheider mit gegründet hat, sind nicht nur der dienstälteste, sondern mit 80 Mitgliedern auch einer der größten Fanclubs des VfL. Im nächsten Jahr feiern sie ihr 50-jähriges Bestehen. Für alle steht felsenfest: natürlich als Erstligist!

Im Mai 1972, ein Jahr nach dem Aufstieg des VfL in die Fußball-Bundesliga, hatten sich die „Bochumer Jungen“ an der Castroper Straße formiert. „Die Initiative ging vom damaligen Pressesprecher Wolfgang Hellmich aus“, erinnert sich Vorsitzender Ralf Wolf. 25 Sportkameraden kamen in den Katakomben des „Starenkastens“, wie die alte Haupttribüne genannt wurde, zusammen. Darunter ein gewisser Günther Pohl, der seinem VfL bis heute als kultiger Radio-Bochum-Reporter eng verbunden ist.

VfL Bochum vor dem Aufstieg: Früher kickten die Fans auch selbst

„Und kommen wir wieder zusammen, auf wechselnder Lebensbahn, sind wir immer noch die Bochumer Jungen“: Das traditionsreiche Bochumer Jungenlied (nur echt mit Pfiff) stand bei der Namensgebung Pate. Die in der Weise beschworene Treue zeichnet den Fanclub bis heute aus. Kaum ein Für-immer-und-ewig-Blau-Weißer, der im Laufe der Jahrzehnte mehr als eine Handvoll Heimspiele verpasst hat. Auch Auswärtsfahrten werden organisiert. „Früher kickten die Fanclubs dabei vormittags vor dem Spiel noch gegeneinander, zum Beispiel in Hamburg. Heute undenkbar“, schmunzelt Ralf Wolf.

Von Beginn an waren bei den „Bochumer Jungen“ auch Mädels aktiv. Gut so. Sonst hätte Ralf Wolf vielleicht nie seine Ehefrau Susanne kennengelernt, die seit 1974 dabei ist. „Auch andere Paare haben bei uns die Liebe gefunden. Inzwischen sind 30 unserer 80 Mitglieder Frauen“, sagt der ehemalige Kripo-Beamte, den alle nur Lobo nennen.

Ralf „Lobo“ Wolf ist Mitgründer und Vorsitzender des Fanclubs „Bochumer Jungen“.
Ralf „Lobo“ Wolf ist Mitgründer und Vorsitzender des Fanclubs „Bochumer Jungen“. © Funke Foto Services | Ingo Otto

Wehmut in Corona-Zeiten: Wie schön wäre es, gerade jetzt im Stadion zu sein

Allesamt müssen die Corona-Zeit tapfer ertragen. Klar: Der Erfolg des VfL macht alle happy. Doch: Wie schön wäre es für die „Bochumer Jungen“ gerade in dieser Saison, die Spiele live im Stadion zu verfolgen: die Jüngeren mit wehender Club-Fahne auf der Osttribüne, die etwas Älteren (meistens) sitzend im Block A. „Viele von uns haben sich seit einem Jahr nicht mehr gesehen. Das tut im Herzen weh“, beklagt Ralf Wolf, der in seinem Jahresrundbrief 2020 mutmaßte: „Stellt euch vor, wir steigen auf – und keiner ist dabei.“

Ata Lameck ist Lobos Lieblingsspieler

Nach fast einem halben Jahrhundert als „Bochumer Junge“ hat Ralf „Lobo“ Wolf einen Lieblingsspieler: „Ata Lameck. Zu ihm habe ich in all der Zeit auch einen guten persönlichen Kontakt, so wie er früher zu viel mehr Spielern bestand.“

Und wen würde der Fanclub-Chef als Trainer auf ein blau-weißes Denkmal hieven? Klaus „Toppi“’ Töppmöller, mit dem VfL in den 90er Jahren in den Europapokal einzog. Aber auch den 2019 verstorbenen Heinz Höher, der in der 70er Jahren erfolgreich an der Castroper Straße wirkte.

So wird es wohl kommen. Das Stadion bleibt vorerst leer. Der Aufstieg rückt näher. Nach elf langen Jahren so sehr herbeigesehnt, dass es für die „Bochumer Jungen“ unvorstellbar erscheint, kurz vor dem Ziel zu scheitern. „Ich war 1968 und 1988 bei den Pokal-Endspielen dabei. Wir haben in den 90ern alle UEFA-Cup-Spiele mitgemacht, auch auswärts. Wir haben weitere Höhepunkte gefeiert, vor allem den nicht mehr erwarteten Aufstieg 2002 durch den Auswärtssieg in Aachen. Aber der Wiederaufstieg in diesem Jahr, das wäre ein ganz großes Glücksgefühl!“

Noch keine Pläne für eine Aufstiegsfeier

Wie das zelebriert werden könnte? „Keine Ahnung. Geplant ist nix. Alles zu ungewiss“, rätselt Lobo. Die Stammkneipe „Ritterburg“, einen Steinwurf vom Stadion entfernt, dürfte auch noch im Mai dicht sein. Eine Aufstiegsfeier klassischer Prägung mit Autokorso und Tausenden jubelnden Fans auf dem Rathausplatz: kaum vorstellbar. Gefeiert würde wohl im Stillen, bei einer Bochumer Hopfenkaltschale, im beseelten Austausch per Mail und WhatsApp.

Am Sonntag (13.30 Uhr) gegen Hannover werden die „Bochumer Jungen“ wieder daheim mitfiebern. Am Radio. Vor dem Bildschirm. „Es kribbelt“, sagt Ralf Wolf. Ein Sieg „sollte es sein“. Denn eines sei klar: Wenn Aufstieg, dann in diesem Jahr. „Nächste Saison würde es mit Schalke, womöglich Köln und der Hertha noch enger werden.“

Es muss klappen. Und wenn nicht? Die „Bochumer Jungen“ würden auch in Liga 2 wieder alles geben. Wie heißt es in ihrer Club-Hymne: „Junge, do kass die drop verloten.“

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