Bochum. Die Bäder in Bochum sind dicht. Aber nicht für alle. Wasserball-Talente dürfen trotz Corona ins Wasser. Eltern erkennen eine Ungleichbehandlung.
Beim Abendspaziergang in Querenburg stutzte das Ehepaar. “Im Unibad tummelten sich rund 20 Kinder und Erwachsene im Wasser“, schildern die Bochumer. Darf das in Corona-Zeiten sein, in denen Zehntausende Jungen und Mädchen in unserer Stadt auf Sport verzichten müssen, fragen sie. „Wir dürfen das – und halten uns an die Regeln“, antworten die Wasserballer von Blau-Weiß Bochum.
Seit Oktober 2020 sind alle städtischen Hallenbäder für die Öffentlichkeit geschlossen. Ein Ende des Lockdown: nicht in Sicht. Ob es 2021 eine Freibadsaison gibt: fraglich. Bochum sitzt auf dem Trockenen. Ausnahme: der SV Blau-Weiß. Der Schwimmverein aus dem Wiesental spielt mit seinen Wasserballerinnen in der Bundesliga. Aktuell stehen die Bochumerinnen im Halbfinale um den Deutschen Meistertitel. Zudem ist der Klub offizieller Stützpunkt als Leistungskader des Deutschen Schwimmverbands (DSV). „Deshalb ist es uns auch in der Pandemie erlaubt, nicht nur mit unserem Bundesliga-Team, das Profisportlern gleichgestellt ist, sondern auch mit den Talenten zu trainieren. Dafür sind wir sehr dankbar“, erklärt Frank Lerner, Fachwart Wasserball beim SV Blau-Weiß.
Corona in Bochum: Dreimal pro Woche Training im Unibad
Dreimal pro Woche nutzt der Verein das Unibad. „Es trainieren ausschließlich Sportler ab zwölf Jahren, die im Landeskader gelistet sind“, versichert Lerner. Das seien sieben SV-Wasserballer sowie fünf Mitglieder der Startgemeinschaft mit Rote Erde Hamm. Zwar seien mitunter auch die Trainer im Wasser. „Mehr als zwölf Personen sind es gleichzeitig aber nie. So viele lässt die Wasserfläche zu“, sagt Frank Lerner. Und: „Alle Trainer werden regelmäßig getestet.“
„Den Wasserballern sei das Training gegönnt“, sagen die Bochumer Eltern, kritisieren aber: Es werde mit zweierlei Maß gemessen. „Die Kinder leiden extremst darunter, dass sie keinen Sport treiben dürfen. Sie halten sich trotzdem an alle Regeln. Deshalb kann es nicht sein, dass einige dürfen, andere aber nicht.“ Ihr elfjähriger Sohn kickt in einem Fußballverein. Kürzlich wurde die Mannschaft abermals nach Hause geschickt. Grund: steigende Inzidenzwerte. „Die Jungs sind in Tränen ausgebrochen.“
Eltern fordern: gleiche Regeln für alle
Das Ehepaar fordert gleiche Regeln für alle: „auch unter den Umständen, dass die Stadt Bochum trotz Schnelltests und einer ordentlichen Regelung mit Click & Meet den Einzelhandel wieder geschlossen hat und der Gastronomie keine Chance gibt. Aber Wasserball spielen mit einer solchen Masse an Menschen ist erlaubt!“
Vereine haben über 2000 Mitglieder verloren
Die Corona-Krise setzt vielen Sportvereinen in Bochum zu. Nach Angaben des Stadtsportbundes, dem 350 Klubs angehören, haben die Vereine zwischen Februar 2020 und Februar 2021 insgesamt 2228 Mitglieder verloren. Ihre Zahl ging von 84.808 auf 82.580 zurück.
„Das Minus von 2,62 Prozent fällt in Bochum damit noch höher aus als im Land mit 2,4 Prozent“, berichtet Geschäftsstellenleiter Rüdiger Stenzel. Die Großvereine seien mehr betroffen als kleinere Klubs.
Fachwart Frank Lerner kennt derartige Beschwerden von „besorgten Bürgern“, wie er sie nennt. „Damit werden wir regelmäßig konfrontiert.“ Die Nachwuchsförderung sei aber verantwortbar: „Es gab seit Beginn der Pandemie bei uns nicht einen einzigen Verdachtsfall.“ Hinzu komme: Auch bei Blau-Weiß müssen etliche Kinder und Jugendliche außerhalb der Leistungskader auf ihren geliebten Sport verzichten: „allein bei uns 60.“ Es herrsche große Angst, dass sie auf Dauer „wegbrechen könnten“.
Wasserwelten weisen Kritik zurück
Auch die Wasserwelten Bochum als städtischer Bad-Betreiber weisen die Kritik am Training im Uni-Bad zurück. „Die aktuelle Corona-Schutzverordnung gestattet dieses Training grundsätzlich“, so Sprecher Kai Krischnak auf WAZ-Anfrage. Ebenso klar sei aber, dass sich der Verein an das Hygienekonzept zu halten habe. Eine spontane Kontrolle Anfang des Jahres habe das bestätigt. Die Wasserwelten werden nun jedoch „erneut mit der Abteilung über die Einhaltung der geltenden Regelungen sprechen“, so Krischnak.