Bochum. Jugendorganisationen in Bochum schlagen Alarm: Unter Corona leide vor allem die Jugend, doch keiner kümmere sich. Sie appellieren an die Politik.

Die Lage für Jugendliche wird immer dramatischer. Das sagt eine, die es wissen muss: Francesca Lobina leitet die Initiative in Bochum-Querenburg. Hier gehen tagtäglich viele Kinder und Jugendliche ein und aus. Normalerweise. Corona hat alles verändert. Aktuell ist der Zutritt streng limitiert. Es kommen vor allem Kinder, die Jugendlichen fast gar nicht. „Wir erreichen die Größeren nicht mehr“, schlägt Lobina Alarm.

Corona in Bochum: Jugendorganisationen sorgen sich zunehmend um die Jugendlichen

Sie hat Sorge, dass man die Jugend verliere. Sie werde in der Corona-Pandemie komplett vergessen. Und so hat auch Francesca Lobina im Namen der „Ini“ ihre Stimme erhoben – online, über den Hashtag #StimmefürdieJugend!. Alle möglichen Politiker, unter ihnen auch Bochums Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD), wurden dabei markiert. In der Hoffnung auf eine Reaktion. „Doch da kam bisher leider nichts“, sagt Lobina.

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Für sie passt das ins Bild. Jugendtreffs liefen meist unter dem Radar. „Vielleicht dürfen wir auch nur deshalb geöffnet haben, weil wir vergessen worden sind“, sagt die junge Frau leicht sarkastisch. Aktuell dürfen fünf Kinder und Jugendliche gleichzeitig die „Ini“ am Peter-Parler-Weg 7 besuchen. „Wir machen zwei zeitlich getrennte Gruppen“, erklärt Francesca Lobina. Draußen dürfen es 20 Personen sein.

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Vor allem Kinder nutzen das tägliche Angebot, wenngleich dieses nicht mit dem normalen Betrieb zu vergleichen sei, sagt Francesca Lobina: „Es fehlt das freie Spiel, wir müssen ja sehr auf Abstand achten.“ Doch es sei besser als nichts.

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„Viele Kinder und Jugendliche leben daheim in sehr beengten Verhältnissen, haben keinen Rückzugsort, wenig Spielzeug. Und in der Schule bekommen viele ohne Unterstützung auch nichts gebacken.“ Unterstützung, wie sie die Initiative Querenburg anbietet. Normalerweise.

Corona-Folgen: Jugendliche haben das Gefühl, ihre Jugend zu verpassen

Die Jugendlichen erreiche man ohnehin fast gar nicht mehr. „Sie sind total bedrückt, deprimiert und gefrustet, weil sie das Gefühl haben, ihre Jugend zu verpassen“, weiß Francesca Lobina aus vielen Gesprächen, die aktuell fast ausschließlich übers Handy erfolgen. Sie vermissen vor allem den Austausch mit Gleichaltrigen. Online-Chats wie bei den Kindern funktionieren bei den Älteren nicht, hat Lobina festgestellt. „Die haben nach dem Online-Unterricht keine Lust mehr, wieder vor dem Laptop zu hängen.“

Neu: Coaching-Atelier

Passend zu diesem Thema eröffnet Judith Knoche zum 1. Mai ein Coaching-Atelier an der Kortumstraße 31 in der Innenstadt. Gerade in der Coronazeit sei psychologischer Rat gefragt, sagt die 43-Jährige.

Auch die Psychologin stellt fest, dass viele Familien durch Homeschooling und eingeschränkte Betreuungsmöglichkeiten ihrer Kinder mit Überforderung im Alltag zu kämpfen. Kontakt: Tel. 0234/ 64 06 77 99, post@coachingknoche.de. Info: www.coachingknoche.de .

Davon berichtet auch Rolf Geers vom Kinder- und Jugendring. „Jugendliche sind eine ganz starke Opfergruppe, deren Interessen gar nicht gesehen werden.“ Viele würden regelrecht untergehen, dabei bräuchte die Altersklasse der Heranwachsenden eigentlich besonders viel Aufmerksamkeit. „Freunde sind in diesem Alter so wichtig“, sagt Geers. „Und auch Orientierungshilfen beim Schritt von der Schule ins Berufsleben.“

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Geers sieht da die Politik in der Verantwortung. „Doch die beschäftigt sich viel zu wenig mit dieser Altersgruppe.“ Er fordert mehr Lockerungen für Jugendliche, wenn diese sich zuvor testen lassen. „Das machen ohnehin schon viele aus Eigenverantwortung, bevor sie sich mit anderen treffen.“ Zumindest draußen, so Geers, sollte man der Jugend anbieten, was möglich ist. Dazu seien Nachschulungsangebote wichtig, um verpassten Unterrichtsstoff nachholen zu können. Und spezielle Förderangebote.

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Francesca Lobina wünscht mehr Schutzräume für Jugendliche, mehr Angebote – trotz Corona. „Die hängen ja draußen sowieso mit ihren Freunden herum. Warum dann nicht auch hier bei uns? Räume haben wir genug.“