Bochum/Herne. Mit Fördermillionen lockt die Stadt Herne den Bochumer Forschungsschwerpunkt Nachbergbau. Die THGA beschwört die gute Zusammenarbeit mit Bochum.

Durch die Offensive der Stadt Herne, im Rahmen des „Fünf-Standorte-Programms“ hochkarätige Bildungs- und Forschungseinrichtungen in der Stadt anzusiedeln, könnte auch das sich unter dem Dach der Bochumer Technischen Fachhochschule Georg Agricola (THGA) prächtig entwickelnde Forschungszentrum Nachbergbau (FZN) nahezu komplett in die Nachbarschaft abwandern. Dessen Leiter Prof. Ulrich Paschedag will dies jedoch nicht als Kritik an der Stadt Bochum verstanden wissen: „Es gibt eine sehr gute Zusammenarbeit mit der Stadt Bochum. Die aktuelle Initiative für die Einrichtung eines Forschungszentrums ging von der Stadt Herne aus.“

Das 5-Standorte-Programm

Die Bundesregierung wird fünf Standorte von Steinkohlekraftwerken bis zum Jahr 2038 mit maximal 662 Millionen Euro unterstützen. Neben Herne sind das Gelsenkirchen, Duisburg, Hamm und der Kreis Unna.

Nach Aussage von Hernes OB Dudda könnte Herne die erste Stadt sein, die Vorschläge unterbreitet. Zum sogenannten „Starter-Paket“ Hernes zählen auch das Urban Art Center in der Wanner Innenstadt und das Exzellenz-Department für Mobilität

Der Bergbau hat in Bochums Nachbarstadt Herne eine weit über 100 Jahre alte Tradition. Bis auf die Leitwarte am Standort der ehemaligen Zeche Pluto ist er inzwischen Geschichte, doch als Forschungsgegenstand könnte er nach Herne zurückkehren. Die Stadt Herne, die RAG-Stiftung und die Technische Hochschule Agricola möchten das FZN in Herne ansiedeln.

Sie präsentierten im Herner Rathaus die Pläne für ein Forschungszentrum: (v.li) Bärbel Bergerhoff-Wodopia (RAG-Stiftung), Prof. Jürgen Kretschmann, Prof. Ulrich Paschedag (beide TFH Georg Agricola) und OB Frank Dudda. Die Maske nahmen sie nur fürs Foto ab.
Sie präsentierten im Herner Rathaus die Pläne für ein Forschungszentrum: (v.li) Bärbel Bergerhoff-Wodopia (RAG-Stiftung), Prof. Jürgen Kretschmann, Prof. Ulrich Paschedag (beide TFH Georg Agricola) und OB Frank Dudda. Die Maske nahmen sie nur fürs Foto ab. © Lina_Nikelowski

Möglich machen sollen die Fördermittel aus dem sogenannten 5-Standorte-Programm, das fünf vom Kohleausstieg betroffenen Städten Perspektiven im Strukturwandel eröffnen soll. In dieser Woche wird Herne das FZN als Projekt für dieses Programm vorschlagen – verbunden mit einer Förderung von rund 40 Millionen Euro. Nach den Worten von Hernes Oberbürgermeister Frank Dudda sind Regierungspräsident Hans-Josef Vogel und NRW-Wissenschaftsminister Andreas Pinkwart über das FZN informiert.

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Ein wachsendes Fachgebiet

Die Wissenschaftler beleuchten auf ihrem Gebiet alle möglichen Aspekte über und unter Tage, zum Beispiel das Grubenwassermanagement, Geomonitoring, Materialwissenschaften, aber auch Reaktivierung und Umwandlung von Bergbauflächen. Und dies gilt längst nicht nur für den Steinkohlebergbau, sondern für alle Formen des Bergbaus, wie Öl- und Gasbergbau, der Abbau von Salz oder von anderen Bodenschätzen.

Mit diesem Wissen sei das Forschungszentrum deutschlandweit und international inzwischen bestens vernetzt, so Leiter Prof. Ulrich Paschedag. Er betont, dass das Forschungsinstitut in Bochum aus allen Nähten platze und eine solche Erweiterung auf dem beengten Gelände zwischen Herner und Dorstener Straße kaum möglich sei. Derzeit sind rund 40 Menschen dort beschäftigt: „Wir wollen aber wachsen und könnten uns dann auf zu 80 Mitarbeiter verdoppeln.“ Er versicherte jedoch, dass das jetztige Labor in Bochum bleibe und zudem ein zweiter Masterstudiengang rund um den Nachbergbau in Bochum geplant sei.

Kooperation mit der Volkshochschule Bochum

Auch um dies unterstreichen, kündigte die Hochschule am Montag (20.) eine Kooperation mit der Volkshochschule Bochum an: Seit mehr als 200 Jahren ist die Stadtgeschichte Bochums untrennbar mit dem Bergbau verknüpft. Der Kohleabbau prägte die gesamte Region, ihre Umwelt und die Menschen, sein Einfluss werde noch langfristig sichtbar sein, sagt Prof. Tobias Rudolph von der THGA: „Die Herausforderungen, die der Bergbau hinterlässt, beschäftigt noch viele nachfolgende Generationen. Der Nachbergbau ist damit eine wichtige Zukunftsaufgabe.“

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Um das Wissen zu bewahren und weiterzugeben, hat die THGA nun eine besondere Kooperation mit der VHS Bochum geschlossen. Einige gemeinsame Kursangebote zu den Themen Nachbergbau, Strukturwandel und Geomonitoring sind im Programmbereich „Natur | Umwelt“ bereits konkret geplant. Diesen Themen widmen sich die Expertinnen und Experten am Forschungszentrum Nachbergbau der THGA. „Wir untersuchen nicht nur die Herausforderungen, sondern auch die Chancen, die die Zeit nach dem Bergbau bietet“, erklärt Prof. Rudolph. Unsere Erkenntnisse wollen wir möglichst anschaulich und allgemeinverständlich an die Bochumerinnen und Bochumer weitergeben.“ Dazu sind bereits konkrete Veranstaltungen im VHS-Herbstsemester geplant.