Bochum. Lieferando expandiert in Bochum – seit dieser Woche gibt es 30 Fahrer. Gastronomen zahlen viel Geld, sehen es während Corona als kleine Chance.
Lieferando kommt mit 30 Fahrern nach Bochum: Deutschland größter Essenslieferdienst expandiert und will nach eigenen Angaben Restaurants im Stadtgebiet ohne eigene Lieferlogistik den Außer-Haus-Verkauf erleichtern. Einer der Gastronomen, der seit dieser Woche mit Lieferando zusammen arbeitet, ist Michael Laur de Manos. In gewisser Weise gezwungenermaßen.
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„Wir haben uns dazu entschieden, weil wir in dieser Krise gerade auf Nummer sicher gehen wollen“, erklärt der Inhaber des mexikanischen Restaurants „Zum kleinen Esel“ an der Universitätsstraße. „Wir versuchen so, eine gewisse Kapazität zu erarbeiten, die hilft, die Sache zu überstehen.“ Rein logistisch ist es für ihn nicht möglich, einen eigenen Lieferservice anzubieten. „So sind wir ein bisschen gezwungen“, sagt Laur de Manos.
Zusammenarbeit mit Lieferando: Jobs in der Krise schaffen
Lieferando sei auf das Restaurant, das nach eigenen Angaben sehr nachhaltig unterwegs ist, zugekommen. Überzeugt habe unter anderem, dass das Essen mit dem Fahrrad geliefert werde. „Dazu kommt, dass ich im Laden zwei weiteren Menschen einen Job geben kann. Wenn wir merken, dass wir nicht mit der Politik von Lieferando zurecht kommen, sind wir schnell wieder weg“, so der Gastronom.
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Denn: Die Schlagzeilen rund um Lieferando waren in den vergangenen Wochen nicht gerade positiv. Wer den Lieferservice in Anspruch nimmt, muss 30 Prozent der Bonsumme an den Konzern abtreten. „Da kann der Gastronom nicht existieren. Das geht gar nicht“, sagte Dehoga-Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges dazu dem Tagesspiegel.
Lieferando: Alle Fahrer sind regulär angestellt und versichert
Lieferando hat darauf reagiert: Alle Fahrer seien regulär angestellt und versichert „Neben der gestellten Arbeitskleidung erhalten sie Urlaubsentgelt und eine Lohnfortzahlung bei Krankheit“, so das Unternehmen in einer Pressemitteilung. Hinzu kommt: „Für erstmals auf dem Online-Marktplatz gelistete Restaurants sind sowohl die Vermittlung als auch die Auslieferung von Bestellungen rund vier Wochen lang kostenfrei“, so Lieferando weiter.
Zum Start dabei sind zum Beispiel die Restaurants „Zur Altstadt“ und „Begopa – Korean Food“. Online gelistet hat Lieferando nach eigenen Angaben rund 390 Restaurants, nicht alle nutzen aber den Lieferservice.
Eigener Lieferservice ist logistisch oft nicht möglich
Auch Serkar Barzani vom Nonno Mio im Bermudadreieck arbeitet seit dieser Woche mit Lieferando zusammen. „Ich habe mich dazu entschieden, weil wir gerade nur das Außer-Haus-Geschäft machen können.“ Laufkundschaft gebe es aufgrund von Corona nicht. „Lieferando bietet für uns den Lieferservice an. Auf Knopfdruck ist ein Fahrer da, der abholt und ausliefert“, erklärt der Gastronom. Das Nonno Mio hat selbst keine Fahrer – zu groß sind die logistischen Herausforderungen mitten in der Innenstadt. Es hat zum Beispiel keine Parkplätze vor dem Restaurant.
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Barzani schätzt an Lieferando, dass er flexibel ist und er von heute auf morgen kündigen kann. Gleichzeitig macht er deutlich, dass die Entscheidung für den Lieferdienst aus der Not entstanden ist: „Meine Leidenschaft ist das Vor-Ort-Leben.“
Selbstmarketing statt Arbeit mit Lieferando
Viele Bochumer Gastronomen arbeiten mit Lieferando zusammen – weil andere Möglichkeiten fehlen oder weil sie die Vorzüge schätzen. Es sind aber längst nicht alle. „Dafür gibt es mehrere Gründe: Zum einen soll die Datenhoheit der Kunden bei uns liegen. Zum anderen ist da die hohe Servicepauschale, die bei ungefähr zehn Prozent liegt, dazu kommen die Paypal-Kosten“, erklärt Susanne Jugelt, Inhaberin vom Restaurant Artemis an der Wasserstraße.
Dehoga rät Gastronomen von Lieferando ab
Der Deutscher Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) rät Restaurants von einer Zusammenarbeit mit Lieferdiensten wie Lieferando ab.
„Wer ein Geschäft in guter Lage und mit Stammkunden hat, sollte immer versuchen, den Abholservice selbst anzubieten“, sagte Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges dem Tagesspiegel und bezieht sich damit auf die hohe Provision von 30 Prozent, die Lieferdienste von den Restaurants erheben.
Sie weiß, dass durchaus Nachteile entstehen können, wenn man nicht mit Lieferando zusammen arbeitet – zum Beispiel weil Kunden im Internet gar nicht erst auf Restaurants aufmerksam werden. „Deswegen versuchen wir, Selbstmarketing zu machen“, so Jugelt. Gerade für neue Restaurants sei der Essenslieferdienst sicher von Vorteil, das Restaurant Artemis gibt es jedoch schon seit rund 25 Jahren. „Das ist eine sehr individuelle Kiste“, so die Gastronomin.
Bis Ende 2021 rund 250 Lieferando-Fahrer in Bochum
Gastronom Michael Laur de Manos hat durch die in dieser Woche begonnene Zusammenarbeit mit Lieferando viele Essensbestellungen gehabt. Hinter ihm liegen Arbeitstage mit 13-Stunden-Schichten. „Wir beobachten die Zusammenarbeit jetzt. Lieferando haben wir deutlich gemacht, dass es bei uns nicht nur veganes Essen, sondern auch eine vegane Denke gibt. Wir möchte nicht, dass Menschen schlecht behandelt werden“, so Laur de Manos.
Lieferando plant, weiter auszubauen. Rund 250 Fahrer sind bis Ende des Jahres für Bochum geplant.