Bochum. Der Platz vor dem Schauspielhaus entwickelte sich 2020 zum Hotspot. Szene-Kenner glauben: Das wird 2021 wieder so sein. Wie reagiert die Stadt?
So schnell war die Rückkehr nicht erwartet worden. Im März, an den ersten warmen Abenden des Jahres, strömten junge Menschen mit Pils und Pizza auf den Platz vor dem Bochumer Schauspielhaus. Es war längst noch nicht so voll wie im Vorjahr. „Aber das“, glaubt Szene-Kenner Dirk Krogull, „wird bald wieder so sein.“ Der Hotspot, er ist immer noch heiß. Wie die Stadt darauf reagiert, ist ungewiss.
Das Schauspielhaus und Musikforum sind die kulturellen Aushängeschilder Bochums. Schon weit vor Corona waren sie mehr als das. Die Plätze vor beiden Spielstätten entwickelten sich in den vergangenen Jahren zu alternativen Treffpunkten für Jugendliche und jung gebliebene Erwachsene.
Hotspots in Bochum: 2020 gab es mehr als 2000 Beschwerden
Zusammen feiern, chillen, musizieren, diskutieren, mit mitgebrachten Speisen und Getränken, ohne Verzehrpflicht wie nebenan im Bermudadreieck: Dieses urbane Lebensgefühl entfaltete sich in der Corona-Krise in bis dahin ungeahnten Ausmaßen. Allabendlich erinnerte vor allem der Hans-Schalla-Platz an eine Festivalwiese. Kanne, Kippe, Klampfe: Hunderte Kinder der Pandemie suchten und fanden ihr Ventil. „Die Leute erobern sich mit Budenbier ihre Stadt zurück“, sagt der Bochumer Journalist Dirk Krogull.
Die Stadtverwaltung zeigte sich anfangs durchaus angetan, schwärmte von den Abend- und Nachttreffs als Ausdruck einer urbanen, großstädtischen City-Szene, gerade in Zeiten geschlossener Clubs. Auf Anwohnerproteste über Wildpinkler und Müllberge wurde mit Dixie-Klos und Abfallcontainern reagiert. Doch im Juli war Schluss mit lustig. Weil die Abstands- und Maskenpflicht inmitten der Party-People vielfach missachtet wurde, griff die Polizei ein und räumte zu später Stunden regelmäßig das Gelände. Mehr als 2000 Beschwerden gingen bei Stadt und Polizei ein.
Stadt soll Klos und Container aufstellen
Im Herbst 2020 kehrte Ruhe ein. Damit wird es vorbei sein, sobald die Temperaturen wieder hochgehen, prophezeit Dirk Krogull. Die Vorzeichen sprechen für ihn: Die Clubs und Kneipen sind und bleiben immer noch dicht. Die Sehnsucht nach Gemeinschaft, Freunden, ein wenig Spaß ist nach dem bleiernen Winter ins Unermessliche gestiegen. Und das Geld ist in einer Studentenstadt wie Bochum mit all den weggefallenen Gastro-Jobs vielfach noch knapper als 2020.
Was tun? Dirk Krogull sieht die Stadt in der Pflicht. Sie könne frühzeitig dafür sorgen, dass die Hotspots nicht erneut zum Ärgernis werden. Wichtigste Maßnahme: Schon jetzt müssten Toiletten und Müllbehälter aufgestellt werden. Und: Früher als 2020 müsse der „Stattstrand“ am Riff an den Start gehen, um der Szene nach 24 Uhr eine Rückzugsmöglichkeit zu bieten. Keine Alternative sei die Sperrung der Plätze, wie zuletzt am Rhein in Düsseldorf. Krogull: „Das will hier keiner. Die jungen Menschen sind doch in aller Regel vernünftig und halten sich an die AHA-Regeln.“
Neuauflage für „Stattstrand“ ist ungewiss
Die Stadt gibt auf WAZ-Anfrage spärliche Informationen. „Auch wir wollen das urbane Leben in Bochum erhalten und keinesfalls im Keim ersticken“, betont Sprecher Peter van Dyk. Das könnte am Schauspielhaus etwa mit öffentlichen Toiletten und Kontrollen des Ordnungsdienstes gelingen. Auch eine Ausdehnung der Maskenpflicht sei denkbar. „Entscheidend aber ist, was die Corona-Verordnung des Landes besagt, wenn es soweit ist. Allein daran müssen und werden wir unser Handeln ausrichten.“
Das gelte auch für eine Neuauflage des „Stattstrandes“, der von August bis Oktober 2020 hinter der Diskothek „Riff“ als Ausweichquartier für die Hotspots geschaffen wurde. Mit – in der Politik heftig umstrittenen – 230.500 Euro finanzierte die Stadt den 5000 Quadratmeter großen Sandplatz, der von der Bochumer Agentur Radar (Zeltfestival) eingerichtet und bewirtschaftet wurde. Konkrete Pläne für einen „Stattstrand“ 2021 gebe es derzeit nicht, heißt es sowohl im Rathaus als auch bei Radar.
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