Bochum. Die britische Mutation führt zu mehr Corona-Infektionen bei jungen Menschen: in Bochum seit Januar bei 531 Personen zwischen 0 und 19 Jahren.

Vor knapp zwei Monaten lag die Sieben-Tage-Inzidenz in Bochum zuletzt über 100 – und aller Voraussicht wird die Stadt diese Grenze in diesen Tagen wieder reißen. Welche Konsequenzen das für das Leben der Bochumerinnen und Bochumer hat, lässt die Stadt noch offen.

„Natürlich ist das für uns ein Thema, im Krisenstab steht es auch am Mittwoch auf der Tagesordnung“, sagt Stadtsprecher Thomas Sprenger. Einen Maßnahmenkatalog wird es aber nicht sofort geben, sollte Bochum die 100 wieder überschreiten. „Wir wollen keine Insellösung, sondern ein abgestimmtes Handel der Städte in der Region – und am besten auch mit dem Land“, so Sprenger.

Bochum plädiert für gemeinsames Vorgehen

Bestätigt in dieser Haltung sieht sich die Stadt spätestens seit dem Vorpreschen von Dortmund und Duisburg in Sachen Schulschließung. Beide Kommunen hatten angesichts steigender Inzidenzzahlen und der Befürchtung, dass vor allem über die britische Mutation des Coronavirus Kinder und Jugendliche stärker als bislang infiziert werden, für eine sofortige Rückkehr zum Online-Unterricht plädiert. Vom Land kam prompt ein striktes Nein. Mit dem Verweis auf die noch nicht erreichte 100er-Grenze.

Nun, auch Bochums Oberbürgermeister Thomas Eiskirch hatte sich am Dienstagnachmittag angesichts steigender Infektionszahlen und Inzidenzwerte, einer massiven Ausbreitung der britischen Variante des Coronavirus und dem Stopp der Impfung mit Astrazeneca hinter den Dortmunder Vorschlag gestellt. „Mit Sorge haben wir die Absage der Landesregierung auf die von Dortmund beabsichtigte Aussetzung des Präsenzunterrichtes zur Kenntnis nehmen müssen“, so Eiskirch. Er sprach von einem „gefährlichen Weg“, trotz steigender Infektionszahlen den Wechselunterricht mit aller Macht durchziehen zu wollen.

29 Schulen sind bislang betroffen

Allein in Bochum seien 45.000 meist junge Menschen in den Schulen präsent. „Gerade bei der leicht übertragbaren britischen Mutation liegt es auf der Hand, dass dadurch Infektionen gefördert werden“, so Bochums Stadtoberhaupt. Und: „Nachgewiesene Infektionen an 29 Bochumer Schulen sind mehr als ein Alarmzeichen.“

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Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Bochum plädiert für eine Schließung. Anfang März hatte sie die Schulöffnungen noch gebilligt. „Jetzt hat sich die Situation verändert“, so Doris Stiller von der GEW. „Es steigen nicht nur die Inzidenzwerte, sondern es wird auch deutlich, dass vermehrt die Infektionszahlen in den jungen Altersgruppen steigen. Auch der Leiter der Intensivmedizin im St.-Josefs-Hospital warnt deutlich, dass die Schulöffnungen ein großes Risiko seien.“

Die Kritik richtet sich auch gegen die Stadt. So würden immer noch genügend Desinfektionsmöglichkeiten fehlen – ebenso wie Schutzwände und Raumluftfilter. Durch die vielen Kontakte auf dem Weg zur Schule, in den Bussen und Bahnen oder auch in Gruppen auf dem Heimweg würden neue Hotspots entstehen. „Eine durchdachte Teststrategie ist das nicht“, so Stiller.

Die Entwicklung der Infektionszahlen bei Kindern und Jugendlichen in Bochum sieht so aus: Laut dem Robert-Koch-Institut (RKI) sind oder waren seit Ausbruch der Corona-Pandemie bislang 1233 Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 0 und 14 Jahren infiziert. Allein seit dem 1. Januar gibt es – Stand 17. März – 353 Fälle in diesen Altersklassen: 100 bei den 0- bis 4-Jährigen, 123 bei den 5- bis 9-Jährigen und 130 bei den 10-14-Jährigen. In der nächsten Altersstufe der 15- bis 19-Jährigen haben sich seit Jahresanfang 178 Personen infiziert – insgesamt sind es also 531 Fälle bei den 0- bis 19-Jährigen. Über alles Altersstufen hinweg hat es in Bochum seit Jahresbeginn laut RKI 3166 nachgewiesene Infektionen gegeben.

Telefonkonferenz der Bürgermeister

Möglicherweise kommt die Forderung nach einer Schulschließung erneut auf den Tisch – wenn die Inzidenz in mehreren Revierstädten auf über 100 steigt und sie gemeinsam an einem Strang ziehen. Nach Auskunft der Stadt ist eine Telefonkonferenz der Bürgermeister und Oberbürgermeister geplant, in der über geeignete Maßnahmen gesprochen werden soll.

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Offen bleibt derweil, wann und mit welchem Impfstoff die fast 10.000 Bochumerinnen und Bochumer, die bis Montagmittag mit Astrazeneca geimpft wurden, ihre Zweitimpfung erhalten. „Solange wir keine gesicherten Informationen haben, können wir auch über das Verfahren der Terminvergabe noch nichts sagen“, so der Stadtsprecher.

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