Bochum/England. Southampton und London: Die Ex-Bochumer Lisa und Marc Weber leben heute in England. Die Beweggründe sind aber völlig verschieden.

Dass er – schon immer fasziniert von Großstädten – einmal auswandern würde, kam nicht überraschend. Dass sie – die sich kurz nach ihrer Anreise nicht wirklich wohlfühlte – in England hängen blieb, aber schon eher: Die Geschwister Lisa und Marc Weber aus Bochum sind beide nach England ausgewandert, leben heute in Southampton und London. „Ich habe in Cambridge Wirtschaft studiert, habe dann ein Praktikum in einer Bank gemacht und bin deshalb in London geblieben“, sagt Marc Weber, der auch heute noch beruflich im Finanzbereich tätig ist.

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© funke grafik nrw | Denise Ohms

Er habe schon früh gemerkt, dass er einmal aus Bochum rauswolle. Anders bei seiner Schwester: „Ich habe nach meinem Studium der Geografie an der Ruhr-Universität Bochum in Kiel begonnen zu promovieren. Mein Doktorvater bekam dann einen Ruf nach Southampton“, sagt die heute 45-Jährige. Sie konnte sich entscheiden – für das letzte Jahr mitkommen oder aus Distanz promovieren. „Ich bin dann mitgegangen und habe mich am Anfang in Southampton gar nicht wohl gefühlt. Die Stadt wurde im Weltkrieg zerbombt und nicht besonders schön wiederaufgebaut“, erklärt Lisa Weber.

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Rekord: In drei Stunden von London nach Bochum

Doch aus dem einen Jahr wurden 17 Jahre, heute lehrt Weber als Dozentin für Umweltwissenschaften an einer Universität in London. „Ich habe meinen jetzigen Mann an der Universität kennengelernt“, sagt die 45-Jährige, deren Tochter und Sohn bilingual aufwachsen. In Bochum haben Lisa und Marc Weber beide die Grundschule an der Langen Malterse und das Schiller-Gymnasium besucht.

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„Ich habe bei einem Wettbewerb der Grundschule für das neue Emblem eine Sonne gemalt – deshalb heißt sie heute Sonnenschule“, sagt Lisa Weber, die große Teile ihrer Jugend im Schwimmbad Blau-Weiß im Wiesental verbracht hat. „Ich habe nie das Gefühl gehabt, weit weg von zuhause zu sein“, sagt ihr 48-jähriger Bruder. Er hat zwischenzeitlich an der TU in Berlin studiert und dabei länger zu seiner Familie gebraucht, als von England aus. „Mein Rekord liegt bei drei Stunden von Tür zu Tür“, verrät der zweifache Familienvater, der seinen Zivildienst bei der Arbeiterwohlfahrt in Bochum geleistet hat.

Marc Weber aus Bochum hat schon früh gemerkt, dass er einmal aus Bochum raus will. Heute lebt er in London.
Marc Weber aus Bochum hat schon früh gemerkt, dass er einmal aus Bochum raus will. Heute lebt er in London. © England | Weber

Auswanderer haben Pflichtprogramm in Bochum

Marc Weber war außerdem im Rudern erfolgreich, zeitweise fuhr er sogar im Deutschland-Achter und gewann 1996 eine olympische Silbermedaille. „Ich bin allerdings in Witten gerudert“, gibt er zu. Seine Schwester sagt: „Weil ich mich hier in England schon so eingelebt habe, fallen mir bei Besuchen in Bochum manche Marotten der Deutschen erst auf – zum Beispiel wie sehr sie es hassen, Schlange zu stehen.“

Ausgewandert nach Kanada- Darum kommt Bochumer nicht zurückBei Bochum-Besuchen darf aber eins nicht fehlen: Ein Besuch bei „Best-Friends Sushi“ mit einer guten Freundin. „Auch Brot von Backbord und Streuselkuchen von Schmidtmeier sind Pflichtprogramm“, sagt sie. Ihre Kinder würden Bochum lieben – sei es für sie doch stets eine Urlaubsreise. Am meisten fehlen der Auswanderin Freunde und Familie.

Bochumer leben in England und sehen Brexit als Tragödie

Wie gut, dass der eigene Bruder da in der neuen Heimat nur anderthalb Stunden Autofahrt entfernt wohnt. „Wir besuchen uns etwa alle drei Monate, treffen uns aber im Sommer auch oft in Frankreich. Das ist für die Engländer ein bisschen wie Holland für die Deutschen“, sagt Lisa Weber. Dass die Briten sich entschieden haben, die EU zu verlassen, halten die Geschwister für eine große Tragödie. „Es war für uns schon Anlass zu überlegen, ob wir wieder nach Deutschland ziehen“, sagt Weber.

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Job, neuer Freundeskreis und die Kinder hätten sie aber davon abgehalten. „Es ist nicht leicht, eine Familie auszupflanzen und irgendwo wieder einzupflanzen“, findet Lisa Weber. Noch von einer Anekdote weiß Bruder Marc Weber zu berichten: „Ich habe auf einem Ball in Deutschland einmal Herbert Grönemeyer getroffen, der ebenfalls in England lebt. Als ich ihm erzählt habe, dass ich die Schiller-Schule besucht habe, sagte er: Das ist doch eine Mädchenschule!“

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