Bochum/Schweiz. Eric Nowak wuchs in Bochum auf, lebt heute in der Schweiz und lehrt als Wirtschaftsprofessor. Warum er schon in der 11. Klasse die Stadt verließ.

So richtig fühlt es sich gar nicht an, als ob er weggegangen wäre. Klein sind die Mentalitäts- und Kulturunterschiede, vergleichsweise nah die alte Heimat: Weniger als 1000 Kilometer ist Bochum von Lugano entfernt. Dort, im italienischsprachigen Teil der Schweiz, wohnt Eric Nowak. „Ich bin in Weitmar und Ehrenfeld rund um das Wiesental aufgewachsen“, sagt der 50-Jährige.

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Als er vor über 40 Jahren die Grundschule an der Langen Malterse besuchte, da hätte er wohl kaum geahnt, dass er nur noch bis zur 11. Klasse in Bochum die Schulbank drücken würde. „Weil meine Mutter krank war, habe ich bei meinen Großeltern gelebt“, erklärt der Familienvater. In der Pubertät wurde die Konstellation schwieriger, Nowak ging aufs Internat.

Handball-Torwart beim VfL Bochum

Der Bochumer Eric Nowak lehrt als Wirtschaftsprofessor an einer Universität in Lugano und ist Direktor des dortigen Swiss Finance Institute.
Der Bochumer Eric Nowak lehrt als Wirtschaftsprofessor an einer Universität in Lugano und ist Direktor des dortigen Swiss Finance Institute. © Nowak

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Nicht irgendein Internat: Er wechselte vom Ostring zum Schloss Salem am Bodensee – das größte und bekannteste Internat Deutschlands. Prinz Philip Duke of Edinburgh, Gemahl der britischen Königin Elisabeth II., besuchte es ebenso wie Modeschöpfer Philipp Plein und Monika Mann, die Tochter von Thomas Mann.

„Damals befand ich mich aber noch auf der deutschen Seite des Bodensees, aber zum Wirtschaftsstudium wechselte ich über die Grenze nach St. Gallen“, sagt Nowak, der einst Handball-Torwart in der C-Jugend des VfL Bochum war.

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Seitdem ging es für ihn steil bergauf: Nach einer Promotion in St. Gallen und einer Habilitation in Frankfurt lehrt Nowak heute als Professor für Finanzmanagement und Accounting an der Università della Svizzera italiana (USI) in Lugano und ist Direktor des dortigen Swiss Finance Institute (SFI).

„Lugano ist nach Genf und Zürich der wichtigste Finanzstandort der Schweiz, viel Italiengeschäft wird hier abgewickelt“, erklärt Nowak, der auch als Sachverständiger im Deutschen Bundestag regelmäßig auftritt und sich beispielsweise mit dem Wirecard-Skandal beschäftigt hat.

Besuche in Bochum gehen einher mit einem Spiel im Ruhrstadion

Aktuell will Nowak zu finanzwirtschaftlichen Instrumenten forschen, mit denen sich der Klimawandel aufhalten lässt. Trotz seiner Karriere in der Wissenschaft - vergessen hat er seine alte Heimat trotzdem nicht: „Als Bochum noch in der ersten Liga gespielt hat, bin ich manchmal extra nach Deutschland geflogen, um ins Ruhrstadion zu kommen“, sagt Nowak, zu dessen Lieblingsspielern Dariusz Wosz zählt.

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© funkegrafik nrw | Denise Ohms

Auch heute verfolge er noch jedes Spiel. „Ich versuche meine Bochum-Besuche bei meiner „Omma“ immer mit einem Stadion-Besuch zu kombinieren“, verrät er. Auch Abi-Jubiläumstreffen oder Besuche seiner ehemaligen Grundschule haben ihn wieder nach Bochum geführt.

Familie in Bochum wird immer kleiner

Die Anlässe dafür sind aber seltener geworden: Die Bochumer Familienangehörigen werden weniger, auch die sozialen Kontakte sind nach und nach eingeschlafen. „Wenn ich nach Bochum komme, ist oft auch ein Bedauern dabei“, gibt der 50-Jährige zu. Denn er stelle fest – so wie damals ist es nicht mehr. „Das Stadtbad existiert nicht mehr, auch Opel, das Sachs oder das Ostring-Gymnasium gibt es nicht mehr“, erklärt Nowak.

Als Bochumer fühlt er sich aber trotzdem noch: „Bochumer zu sein, ist eine Mentalitätsfrage“, ist er sich sicher. Auch von Lugano aus verstehe er die Witze in der Facebook-Gruppe „Du weißt, du bist Bochumer, wenn...“.

In der Schweiz gibt es weniger Bürokratie und höhere Verdiente

An die Mentalität in der neuen Heimat musste sich Nowak deshalb teilweise gewöhnen. „Hier in der italienischsprachigen Schweiz herrscht ein anderes Verständnis von Zuverlässigkeit und Verbindlichkeit“, gibt er als Beispiel. Die Rahmenbedingungen in der Schweiz hält er aber für attraktiver: „Man verdient mehr, hat weniger Bürokratie und muss weniger Steuern zahlen. Außerdem faszinieren mich die föderale Dreisprachigkeit und die direkte Demokratie“, sagt Nowak.

Er selbst spricht italienisch, hält seine Vorlesungen aber auf Englisch. Nachdem er aus Bochum weggegangen ist, hat Nowak häufig die Standorte gewechselt, war beruflich etwa in Chicago, Stanford, Singapur oder Rio de Janeiro. „Zwar lebe ich seit über 30 Jahren nicht mehr in Bochum, aber ich habe bislang nie wieder ununterbrochen solange an einem Ort gelebt“, sagt Nowak, dessen Ehefrau auch im Ruhrgebiet geboren ist. Bochum bleibt deshalb ganz sicher etwas Besonderes.

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