Innenstadt. Seit zwei Jahren saniert die VBW Bochum drei ihrer Häuser an der Castroper Straße. Trotz Mietminderung erheben Anwohner erhebliche Vorwürfe.
Samstag Vormittag in Bochum: Wind und Regen peitschen durch die Häuser mit den Hausnummern 97 bis 100 an der Castroper Straße und das im wahrsten Sinne des Wortes. Denn der Dachstuhl des Hauses ist nur notdürftig mit einer Plane abgedeckt.
Im März 2019 beginnt die Kernsanierung der drei Häuser, die dem Wohnungsunternehmen VBW gehören. Im November 2019 sollen die Arbeiten ursprünglich abgeschlossen sein. Beim WAZ-Termin vor Ort ist jedoch schnell klar, dass dieses Ziel verfehlt wurde. Ein Gerüst umgibt seit Beginn der Baumaßnahme alle drei Häuser, das Mauerwerk in den Hausfluren ist nicht verputzt, Leitungen liegen offen und der Boden ist voller Baustaub.
Die Mieter Winfried Böckmann und Yüksel Sürmeci sind verzweifelt, denn schon seit Monaten würde es auf der Baustelle nur sporadisch weitergehen, berichten beide. „Es kommt einfach keiner mehr, nichts passiert“, so Böckmann. „Über das Gerüst hat jeder seit zwei Jahren Zugang zu meinem Balkon“. Auch Sürmeci ist außer sich vor Wut. „Ich fühle mich hier nicht mehr sicher. Schon oft standen auf meinem Balkon und auf dem Gerüst irgendwelche Leute“.
Mieter beklagen Lärm und mangelnde Privatsphäre
Zum Gespräch bringt er einen kleinen Zettel mit, auf dem er die Unannehmlichkeiten notiert hat. „Lärm, Schmutz, kein Sonnenlicht, keine Privatsphäre, Fenster undicht, Lüften schwer möglich“. Verzweiflung und Wut, komprimiert auf einem Post-it. „Ein Jahr kann man das vielleicht aushalten, aber länger nicht“, macht er klar. Dass Bauarbeiten mitunter länger dauern als geplant, ist auch Böckmann bewusst. „Ich weiß, es gibt Bestimmungen und Regeln, aber irgendwann muss es doch weitergehen“, sagt er. „Die machen halbe Stadtteile fertig und ziehen Häuser hoch und hier geht es nicht weiter“, meint er ungehalten. „Da fühlt man sich doof“.
Die VBW weiß um den Zustand der Häuser und räumt Fehler bei der Kommunikation mit den Mietern ein. Der Grund für die Verzögerung der Baumaßnahme sei eine überraschenden Komplikation. In den vergangenen Tagen sei ein Brandschaden im Dachstuhl entdeckt worden, erklärt Dominik Neugebauer, Sprecher der VBW. „Der stammt noch aus der Kriegszeit, also bevor das Haus in den Besitz der VBW gekommen ist“, so Neugebauer. Aufgrund des Brandschadens sei es nun nicht möglich, die Modernisierung des Dachstuhls wie geplant weiterzuführen. Bei dem Haus handle es sich um einen Altbau, also um ein anspruchsvolles Objekt. Nun seien weitere Sachverständige in die Planung mit einbezogen worden, um die Tragfähigkeit und die benötigte Qualität der Baumaterialien zu bestimmen.
VBW macht Brandschaden für Bauverzögerung verantwortlich
Im Gegenzug sei den Mietern dafür eine Mietminderung bis zum Ende der Arbeiten im Herbst 2021 zugesagt worden sein. Mit der Erklärung geben sich die Mieter nicht zufrieden. „Ich möchte, dass es hier fertig wird. Nicht 100 Euro weniger Miete zahlen“, beschwert sich Sürmeci. Zudem bestreiten sowohl er, als auch Böckmann, über die Verzögerung des Bauvorhabens überhaupt informiert worden seien. „Die einzige Information war eine Mieterversammlung vor zwei Jahren“, so Böckmann. Der Brandschaden sei „vorgeschoben“. „Man kann in den Wohnungen tagsüber nicht mehr leben“, sagt Sürmeci. „Wir haben hier als Mieter die Hoffnung verloren“.
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