Bochum. Das Impfzentrum Bochum wird vielfach gelobt. Die WAZ hat den Praxistest gemacht und eine 96-Jährige begleitet. Klappen Organisation und Service?

Es ist 19.05 Uhr. Es ist vollbracht. „Jetzt bin ich glücklich“, sagt Margot Haferkamp und streckt strahlend ihren Impfpass in die Höhe. Lange hatte die 96-Jährige diesen Moment herbeigesehnt. Am Sonntagabend hat sie ihre Corona-Erstimpfung erhalten. Die WAZ hat sie begleitet. Wie klappt’s im Ruhrcongress? Das Bochumer Impfzentrum im Praxistest.

Rückblick. Am 25. Januar zählt Margot Haferkamp zu den Zehntausenden Ü-80-Senioren und Angehörigen in Bochum, die versuchen, am Tag 1 der Anmeldungen einen Impf-Termin zu ergattern. Daheim in Stiepel herrscht alsbald Frust. Die Hotline ist dauerbesetzt. WAZ-Redakteur Jürgen Stahl, der der Leserin als Reporter zur Seite steht, versucht es online. Nix zu machen. Viel zu wenig Impfstoff, heißt es. Der Begriff „Impf-Chaos“ wird in den nächsten Tagen die Runde machen. Erst eine Woche später ploppt auf der Homepage der Kassenärztlichen Vereinigung ein freier Termin auf. Etliche Senioren in Bochum scheitern bis heute an der Terminvergabe. Ein Skandal.

Corona in Bochum: „Eine Ansteckung würde ich kaum überleben“

Margot Haferkamp ist erleichtert, als die WAZ ihr verkündet, dass sie am 28. Februar geimpft wird. Sie leidet unter massiven Vorerkrankungen, darunter die Lungenkrankheit COPD. „Die Zahl der Toten ist beängstigend. Jetzt noch die Mutanten! Eine Corona-Ansteckung würde ich kaum überleben. Die Impfung könnte mein Leben retten“, sagt sie.

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Die schwarze Ledertasche mit Personal- und Impfausweis, Krankenkassenkarte sowie Arztberichten und Medikationen der letzten Jahre („Man weiß ja nie“) ist schon seit Tagen gepackt, als es am frühen Sonntagabend zum Stadionring geht.

Formulare schon zu Hause ausfüllen

FFP2-Masken auf, Hände am Spender desinfizieren, Fieber messen: „Alle sehr nett hier“, sagt Margot Haferkamp, während ihr Begleiter am Einlass seine Kontaktdaten für eine mögliche Nachverfolgung einträgt. Rollstühle sind reichlich vorhanden. Doch die 96-Jährige ist noch zu gut Fuß und steuert schnurstracks auf die Anmeldung zu, wo sie von zwei Mitarbeiterinnen mit einem herzlichen Lächeln begrüßt wird. Es dauert etwas, bis Personalausweis und Krankenkassenkarte aus der prall gefüllten Tasche gefischt sind. „Nur die Ruhe. So ist das eben bei uns Mädels“, schmunzelt eine der jungen Frauen.

Margot Haferkamp hat vergessen, die Einverständniserklärung und den Anamnese-Bogen (lagen dem Info-Schreiben der Stadt bei) zu Hause auszufüllen. Das ist ratsam, gerade bei Patienten mit mehreren Vorerkrankungen, kann aber auch im Ruhrcongress nachgeholt werden. Tische stehen, Stifte liegen dafür bereit.

Die meisten Senioren werden begleitet

Im Großen Saal werden wir gebeten, im Wartebereich vor den sechs Impfstraßen Platz zu nehmen. Jeweils zwei Personen sitzen nebeneinander. Ein Blick auf die sieben weiteren wartenden Impflinge: Keiner der Senioren ist allein hier. Alle werden von Kindern, Enkeln oder anderen Vertrauenspersonen begleitet. Gut so.

Margot Haferkamp hat einen Termin für 18.15 Uhr. Security, Service- und medizinisches Personal huschen an uns vorbei. Auch Bundeswehrsoldaten helfen mit. „Die können ja nicht immer nur marschieren“, lacht Margot Haferkamp, während der Redakteur grübelt. Wie viele tolle Veranstaltungen hat er in dieser Halle erlebt? Und jetzt hockt er hier, in einem Impfzentrum...

Tagelang versuchte Margot Haferkamp Ende Januar/Anfang Februar vergeblich, einen Impf-Termin an der Hotline zu erhalten. Zahlreichen Senioren in Bochum ergeht es bis heute so.
Tagelang versuchte Margot Haferkamp Ende Januar/Anfang Februar vergeblich, einen Impf-Termin an der Hotline zu erhalten. Zahlreichen Senioren in Bochum ergeht es bis heute so. © FUNKE Foto Services | Olaf Ziegler

Impfung mit 25 Minuten Verspätung

Wir warten. Und warten. Und warten. Immerhin: Es ist muckelig warm. Mit 25-minütiger Verspätung wird Margot Haferkamp in die Impfstraße 4 gebeten. Eine Ärztin prüft aufmerksam den Anamnesebogen und nimmt sich zehn Minuten Zeit für die Krankengeschichte. „So ausführlich hab’ ich das gar nicht erwartet“, staunt Margot Haferkamp.

Dann ist es soweit. In Impfkabine G wartet eine Krankenschwester. Während sich Margot Haferkamp auf einen Stuhl setzt und den linken Oberarm freimacht (auf passende Bekleidung achten!), nimmt die Schwester den Eintrag im Impfpass vor. Desinfektionsspray. Pieks. Tupfer auf die Einstichstelle. Pflaster drauf. Fertig. „Ich hab’ gar nichts gemerkt“, sagt Margot Haferkamp und fragt noch mal nach: „Das war doch Biontech, oder?“ Das ist ihr wichtig.

Lob für freundliche Mitarbeiter

Die Impfstraße endet in einem Aufenthaltsbereich, in dem sich die Impflinge bis zu 30 Minuten erholen können. Für den Notfall schieben die Johanniter Dienst. Sämtliche Impf-Unterlagen werden an einem Schalter eingescannt. Hier gibt es bei Bedarf auch den Termin für die Zweitimpfung.

Margot Haferkamp ist schon nach zehn Minuten startklar. „Mein Gott, ich werde ja nicht zum ersten Mal geimpft!“, ruft sie, hakt sich bei ihrer Begleitung ein und schreitet Richtung Ausgang. Sie wirkt frohgemut. Und lobt wie zahlreiche WAZ-Leserinnen und Leser trotz der Wartezeit die gute Organisation und die freundlichen und hilfsbereiten Mitarbeiter im Impfzentrum. Welch ein Kontrast zu dem katastrophalen Anmeldeverfahren!

Seniorin spürt keine Nebenwirkungen

Anruf am Montag in Stiepel. Wie geht’s? „Ich bin fit. Die Nacht war ruhig. Ich spüre keine Nebenwirkungen“, sagt Margot Haferkamp und sieht nun dem 26. März voller Freude entgegen. Dann sind wir wieder im Ruhrcongress. Zur zweiten Impfung.

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