Bochum. Die britische Corona-Mutante breitet sich in Bochum rasant aus. Mit welchen Folgen? Wir haben alle Daten zusammengetragen. Was jetzt wichtig ist.

Die britische Corona-Mutante breitet sich mit zunehmender Geschwindigkeit in Bochum aus. Binnen einer Woche hat sich die Zahl der nachgewiesenen Fälle mehr als verfünffacht. Der Inzidenzwert ist wieder gestiegen. Die Sorge wächst. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten.

Welche Entwicklung nimmt die Mutante in Bochum?

Am 4. Februar hatte die Stadt die ersten beiden Fälle der Mutante B.1.1.7 gemeldet: bei zwei Covid-Patienten im St.-Josef-Hospital. Sie gilt als ansteckender als das Stamm-Virus. Das bestätigte sich in den folgenden Tagen. Anfangs noch zögerlich, nimmt die Mutation rasant Fahrt auf: von drei Fällen am 12. Februar über zehn Fälle am 19. Februar bis zu aktuell 57 Fällen (Stand: Freitag).

Corona in Bochum: Infizierte mit der Mutante sind vergleichsweise jung

Wie werden die Mutationen entdeckt?

Sämtliche Corona-positiven Laborbefunde werden auf Veranlassung des Gesundheitsamtes auf die Mutanten getestet. So ist gewährleistet, dass die Ausbreitung dokumentiert wird – zumindest bei den bestätigten Corona-Tests. Die Dunkelziffer ist hoch.

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Gibt es nähere Informationen zu den 57 Infizierten?

Die Entwicklung der Corona-Inzidenz und Mutationen in Bochum.
Die Entwicklung der Corona-Inzidenz und Mutationen in Bochum. © funkegrafik nrw | Marc Büttner

Laut Stadt sind es 30 Männer und 27 Frauen. Ihr Altersdurchschnitt liegt bei 36,5 Jahren. Das bestätigt Studien, nach denen die englische Variante für jüngere Menschen besonders ansteckend ist. Gefährlicher ist sie offenbar nicht: Nur zwei der 57 Infizierten müssen in Kliniken versorgt werden. „Todesfälle im Zusammenhang mit der britischen Mutante sind uns bisher nicht bekannt“, teilt die Stadt auf WAZ-Anfrage mit.

Zahl der Neuinfektionen steigt wieder stärker an

Wirkt sich die Mutante bereits auf die allgemeinen Corona-Zahlen aus?

Darauf deutet manches hin. Nach zuletzt fallenden Werten steigt die Zahl der Neuinfektionen seit Tagen wieder an – binnen einer Woche um 222. Der Inzidenzwert, kurzzeitig unter 50 gerutscht, weist wieder nach oben und liegt aktuell bei 59,8: weit weg vom neuen Richtwert 35, ab dem Lockerungen der Corona-Beschränkungen möglich sein sollen.

Könnte das erst der Anfang sein?

Das ist zu befürchten. Am Freitag waren 345 Bochumerinnen und Bochumer infiziert (Vortag 317). Stellt man die 57 nachgewiesenen Fälle mit der Mutante gegenüber, heißt das: B.1.1.7 macht inzwischen einen Anteil von 16,5 Prozent an allen Corona-Infektionen aus. Tendenz: stark steigend.

Mediziner warnen: Entwicklung ist besorgniserregend

Was sagt die Medizin?

Als „besorgniserregend“ bezeichnet Prof. Christoph Hanefeld, Geschäftsführer des Katholischen Klinikums Bochum, die jüngste Entwicklung. Es gebe keinen Anlass zur Panik. Aber: „Die nächsten ein bis zwei Wochen werden zeigen, in welche Richtung es geht.“ Dabei gelte es, auch die möglichen Folgen des Schulstarts im Auge zu behalten. „Da bin ich als Mediziner und Vater hin- und hergerissen“, so Hanefeld. Immerhin gehe es es nicht nur um die Kontakte in den Schulen, sondern auch um Ansteckungsgefahren etwa in Bussen und Bahnen.

Droht den Kliniken ein erneute Stresstest?

Aktuell ist die Situation erheblich entspannter als noch zum Jahreswechsel. Die Intensivmediziner-Vereinigung Divi meldete am Freitag, dass 21 der 170 Intensivbetten in Bochum frei sind. Der Anteil der Covid-19-Patienten auf den Intensivstationen macht 9,3 Prozent aus. Das könnte sich aber schnell wieder ändern. Breitet sich die britische Virusvariante weiter aus (die Stadt sagt: „Damit ist zu rechnen“), würde das nicht nur zu mehr Ansteckungen, sondern auch zu mehr Einweisungen ins Krankenhaus und letztlich auch zu mehr Todesfällen führen.

Impfungen stehen noch am Anfang

Sterben in Bochum nach wie vor vor allem ältere Menschen an Covid-19?

Eine aktuelle Statistik des Katholischen Klinikums zeigt: Das Durchschnittsalter aller bisher 541 stationären Corona-Patienten liegt bei 60 Jahren. Die 95 Erkrankten, die auf der Intensivstation versorgt werden mussten, waren im Schnitt 66. Das Durchschnittsalter bei den 59 Verstorbenen lag bei 80 Jahren. Stadtweit sind bisher 110 Menschen an und 53 Menschen mit Corona gestorben. Allein am Freitag waren vier Tote zu beklagen.

Welche Rolle spielen die Impfungen?

Die entscheidende. Dabei steht Bochum zwei Monate nach dem Impfstart in den Altenheimen und drei Wochen nach der Öffnung des Impfzentrums im Ruhrcongress noch am Anfang. Laut Stadt gab es bisher 20.636 Erst- und 12.089 Zweitimpfungen. Das ergibt eine Impfquote von 3,25 Prozent. Nach wie vor scheitern über 80-Jährige und deren Angehörige daran, einen Termin zu erhalten. Ab nächster Woche rechnen Stadt und Kassenärztliche Vereinigung mit einer Verdoppelung der Impfdosen.

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