Bochum. Die Notfallpraxen in Bochum haben sich geleert. Ein Grund: Die Furcht vor einer Corona-Ansteckung. Das kann fatale Folgen haben, warnen Ärzte.

Der Notdienst der Bochumer Haus- und Fachärzte wird in Corona-Zeiten von immer weniger Patienten genutzt. Von Rückgängen von mehr als 40 Prozent berichtet die Kassenärztliche Vereinigung (KV) und warnt: Ausbleibende Untersuchungen können fatale Folgen haben.

39 Grad Fieber, Husten, Abgeschlagenheit: Peter Körner (Name geändert) ist am Samstagmorgen von seiner Frau zum Stadionring gefahren worden. „Sicher ist sicher. Es könnte ja Corona sein“, sagt der Ehemann, der in der Früh aus der Schweiz eingereist ist. In der Hausärztlichen Notfallpraxis kommt er sofort dran. Wartezeiten, früher üblich, gibt’s kaum noch. „Die Patientenzahlen sind seit Beginn der Pandemie immer weiter gesunken“, sagt KV-Bezirksleiter Dr. Eckhard Kampe.

Corona in Bochum: Zahlen in Notfallpraxen sind eingebrochen

20.000 Patienten wurden 2019 in der Notdienstpraxis der Bochumer Hausärzte im St.-Josef-Carrée versorgt. 2020 waren es 13.000. Das Minus fällt beim Kinderärztlichen Notdienst nebenan in der Kinderklinik noch deutlicher aus. Statt 18.000 wurden hier im vergangenen Jahr 10.000 Jungen und Mädchen betreut.

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Ähnliche Einbußen meldet der HNO-Notfalldienst: Im St.-Elisabeth-Hospital ging es von 5800 auf 3700 Hals-Nasen-Ohren-Patienten zurück. Ein Plus von 4700 auf 7000 Versorgungen bilanziert allein die Augen-Notfallpraxis im Knappschaftskrankenhaus Langendreer. „Aber nur, weil der Einzugsbereich 2020 erweitert wurde“, so Eckhard Kampe.

Die Hausärztliche Notfallpraxis in Bochum befindet sich vorübergehend in einem Container am Stadionring. Die Anmeldung erfolgt am Fenster. Vorteil: Es gibt einen eigenen Behandlungsraum für Infektpatienten.
Die Hausärztliche Notfallpraxis in Bochum befindet sich vorübergehend in einem Container am Stadionring. Die Anmeldung erfolgt am Fenster. Vorteil: Es gibt einen eigenen Behandlungsraum für Infektpatienten. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Infekte haben deutlich abgenommen

Warum sind die Notfallpraxen leerer geworden? „Vor allem, weil die klassischen Infektionskrankheiten wie Erkältungen oder Magen-Darm wegen der Masken- und Abstandsregeln abgenommen haben. Die Zahlen sind in diesem Winter superniedrig“, weiß Eckhart Kampe. Und: „Aus Furcht vor Corona“, ergänzt Serhat Sönmez (33), der als Allgemeinmediziner in der Hausärztlichen Notfallpraxis im Einsatz ist.

Die ärztlichen Notdienste in Bochum

Hausärztliche Notfallpraxis: Container am St.-Josef-Hospital, Stadionring (gegenüber Ruhrcongress), montags, dienstags und donnerstags 18 bis 22 Uhr, mittwochs und freitags 13 bis 22 Uhr, samstags und sonntags 8 bis 22 Uhr.

Kinderärztlicher Notdienst: Kinderklinik, Alexandrinenstraße 5, montags, dienstags und donnerstags 19 bis 8 Uhr, mittwochs 16 bis 8 Uhr, freitags 16 bis 9 Uhr, samstags 24 Stunden, sonntags 9 bis 8 Uhr.

Augenärztlicher Notdienst: Knappschaftskrankenhaus, In der Schornau 25, mittwochs und freitags 15.30 bis 19.30 Uhr, samstags und sonntags 9.30 bis 14 Uhr und 15.30 bis 20 Uhr.

HNO-Notdienst: St.-Elisabeth-Hospital, Bleichstraße 15, freitags 15.30 bis 17.30 Uhr, samstags und sonntags 9.30 bis 12.30 und 15.30 bis 17.30 Uhr.

Weitere Infos aufwww.kvwl.de/notfalldienst.

Die ist zwar im Herbst 2020 aus dem St.-Josef-Hospital in einen Container zwischen Krankenhaus und Kinderklinik umgezogen. Infektpatienten können hier in einem separaten Raum behandelt werden. Die Angst vor einer Corona-Übertragung sitzt gleichwohl tief. Hautausschläge, Kopf- und Rückenschmerzen oder kleinere Wehwehchen: Wer es irgendwie ermöglichen und verantworten kann, vermeidet in der Pandemie den Weg zur Notfallpraxis. Eine Entwicklung, die die Hausärzte längst auch in ihren Praxen beobachten. „Wir sehen 18 Prozent weniger Patienten“, sagt Eckhard Kampe.

Jeder fünfte Corona-Test ist positiv

Das kann böse Konsequenzen haben. Eindringlich appellieren niedergelassene Ärzte, Kliniken und Krankenkassen seit Monaten, mit Untersuchungen oder dem Notruf 112 nicht fahrlässig umzugehen – etwa bei Anzeichen eines Schlaganfalls. „Das gilt bei nicht lebensbedrohlichen Symptomen auch für unsere Notfallpraxis“, bekräftigt Serhat Sönmez. Gefährliche Beispiele: erhöhter Blutdruck oder Luftnot.

Dass auch bei anhaltendem Fieber, Husten und Gliederschmerzen eine Untersuchung in der Notfallpraxis angezeigt ist, dokumentiert eine Statistik, die Ina Küssner als stellvertretende Koordinatorin vorlegt. Seit dem Umzug im November 2020 wurden im Container am Stadionring 186 Corona-Abstriche vorgenommen. 37 waren positiv. „Wir nehmen die Abstriche aber nur bei Corona-Symptomen vor“, betont Ina Küssner. „Wunschtestungen, etwa für Urlaubsreisen, gibt es bei uns nicht.“

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