Bochum. Die Polizei hat in Bochum einen Tag lang gezielt Handy-Verstöße am Autosteuer geahndet. Einer sagte, er habe nur einen Apfel gegessen.
Einem Zivilwagen der Bochumer Polizei kam am Dienstag die Schlüsselrolle einer größeren Polizeiaktion zu. Er stand am Riemker Markt. Der Fahrer schaute sich mit Adleraugen die vorbeifahrenden Kraftfahrer an, ob sie ein Handy oder ein vergleichbares Kommunikationsgerät in der Hand hatten. Wenn ja, funkte er das mit genauer Fahrzeugbeschreibung seinen Kollegen zu, die 100 Meter weiter nördlich in Uniform am Straßenrand standen. Die winken die Verkehrssünder rechts raus.
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Die Herner Straße war am Dienstag einer von acht Standorten in Bochum, an denen die Polizei den Autofahrern den ganzen Tag bewusst machen wollte, wie gefährlich das Hantieren und Telefonieren mit dem Handy am Steuer ist. „Bei vielen ist die Nutzung des Handys Macht der Gewohnheit“, sagt Polizeihauptkommissar Marc Lückenotte. „Jeder ist rund um die Uhr erreichbar, ich muss da dran!“, beschreibt er das Problem.
Mit Handy am Ohr fahren Autofahrer wie im Blindflug
Ein Autofahrer, der rausgewinkt wurde, hatte einen Apfel in der Hand. Nein, ein Handy habe er vorher beim Fahren nicht benutzt, das sei der Apfel gewesen. Der Beamte im Zivilwagen am Riemker Markt sagt aber: Nein, eindeutig ein Handy. In jedem Fall bekommt der Beschuldigte jetzt eine Ordnungswidrigkeitenanzeige.
Auch Polizeipräsident Jörg Lukat machte sich ein Bild von der Kontrolle. Er nennt beängstigende Zahlen: „Ein bis zwei Sekunden abgelenkt vom Handy bei 50 Stundenkilometern bedeutet 20 bis 30 Meter Blindflug.“ Wenn auf diesen Metern jemand plötzlich vom Gehweg auf die Fahrbahn läuft, droht eine Katastrophe.
Lukat nennt noch weitere Zahlen: „Ablenkung im Straßenverkehr durch Handy-Nutzung ist genauso gefährlich wie das Fahren mit mehr als 0,8 Promille.“ Die Aufmerksamkeit werde entsprechend reduziert.
Polizei: Keine Nachricht ist so wichtig, dass dafür das Leben riskiert wird
Die Polizei kommuniziert solche Warn-Zahlen schon seit vielen Jahren. Trotzdem: Wer regelmäßig auf den Straßen unterwegs ist, sieht bei fast jeder Fahrt, dass ein Autofahrer zum Mobiltelefon greift, und sei es auch nur beim Warten vor der roten Ampel, um eine SMS zu lesen oder etwas zu tippen. Viele telefonieren auch ganz offen und ungeniert und für alle sichtbar.
Polizei Bochum stellt 116 Handy-Verstöße fest
Die Aktion fand landesweit statt. In Bochum, Herne und Witten wurden mehr als 684 Fahrzeuge kontrolliert. Dabei stellten die Beamten 116 Handy-Verstöße fest. Außerdem 60 Verstöße gegen die Gurtpflicht und 59 weitere allgemeine Ordnungswidrigkeiten.
Ein 38-jähriger Fahrer aus Bochum konnte den Beamten an einer Kontrollstelle in Bochum keinen Führerschein vorzeigen. Grund: Er hatte nie eine Fahrerlaubnis besessen. Damit war seine Fahrt beendet.
„Keine Nachricht über Messenger-Dienste und kein Anruf ist so wichtig, dass dafür das eigene Leben und das der anderen Verkehrsteilnehmer riskiert werden sollte“, sagt Polizeisprecher Marco Bischoff. Das dürfte jeder unterschreiben. Aber zunehmender Termindruck und eine immer schnellere Betriebsamkeit privat und beruflich setzen die Vernunft oft außer Kraft. Hinzu kommt ein falsches Sicherheitsgefühl: Je öfter eine Handynutzung am Steuer folgenlos bleibt, desto unbekümmerter greifen viele erneut zum Handy. Motto: Wird schon nichts passieren.
Unfallrisiko steigt um das 164-fache
Polizeisprecher Bischoff betont aber: „Wer während der Fahrt mal kurz zu seinem Handy greift, erhöht sein Unfallrisiko um das 164-fache.“
An der Kontrollstelle in Riemke wurde zum Beispiel auch eine Handy-Sündern erwischt, die ihren Mann verfluchte. Der habe sie schließlich angerufen. Rausgewinkt wurde auch ein Autofahrer, der sagte: „Konnten Sie die Kontrolle nicht vorher ankündigen?“ Tatsächlich war sie es ganz bewusst nicht. Viele Erwischte sagen aber sofort: „Oh sorry.“
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Alle Handy-Verstöße - ob geständig oder nicht - werden in der städtischen Bußgeldstelle bearbeitet. Im Streitfall endet der Fall vor einem Einzelrichter des Amtsgerichts. Dann kommt wohl auch wieder der Zivilbeamte vom Riemker Markt ins Spiel, als Augenzeuge.