Bochum. Beim Einbruch in eine Förderschule wurden 20 großformatige Arbeiten des Bochumer Künstlers Žarko Radić mit Gewalt verunstaltet. Wer macht sowas?

Beim Blick in sein Atelier wird der Bochumer Künstler Žarko Radić richtig traurig: Seit über 25 Jahren hat er eine Kunstwerkstatt in der kleinen Aula der Hilda-Heinemann-Schule in Bochum.

Radić ist einer der renommiertesten bildenden Künstler der Stadt, seine Bilder sind bei Ausstellungen in halb Europa gefragt. Nebenbei hat der gebürtige Serbe ein großes Herz für die vielen Schüler, die „ihren Žarko“ regelmäßig in seinem Atelier besuchen, mit ihm malen und dabei das Interesse für Kunst entdecken. Eine wundervolle Ausstellung führte sie gemeinsam schon ins Haus Kemnade.

Was geschah am Wochenende vom 22. bis 24. Januar in Bochum?

Doch was am Wochenende vom 22. bis 24. Januar in der Förderschule im Bochumer Norden passiert sein muss, macht Radić noch immer fassungslos. Bislang noch unbekannte Randalierer haben in den Räumen massive Verwüstungen angerichtet. Sie spritzen mit Schaum aus einem Feuerlöscher durch die Gegend, demolierten einen Kopierer, beschädigten die Rollstühle der Förderschüler – und tobten sich offenbar besonders genüsslich in Radićs Atelier aus.

Kurz nach dem Einbruch war nur davon die Rede, dass eine großformatige Arbeit auf einer Leinwand mit Messerstichen beschädigt worden war. Zudem sind drei seiner Werke spurlos verschwunden. Das komplette Ausmaß der Verwüstung überblickte der Künstler erst einige Tage später, als er nach dem ersten Schock weitere, teils schwere Schäden an seinen Bildern entdeckte: „Das habe ich erst gar nicht bemerkt. Insgesamt sind etwa 20 Arbeiten mit Messern eingeritzt worden“, erzählt er mit trauriger Stimme. Zudem wurden einige Werke mit Fußtritten bearbeitet. „Ich bin fassungslos“, sagt er. „Völlig rätselhaft, was hier passiert ist.“

Alles nur ein Dumme-Jungen-Streich?

Bei genauerem Hinsehen zweifelt Radić etwas daran, ob das wirklich alles ein Dumme-Jungen-Streich war. „Die Täter haben sich jedes Bild einzeln vorgenommen, es aufrecht hingestellt und dann mit Messern bearbeitet“, sagt er. Teilweise sind die Messerstiche in den Leinwänden mehrere Zentimeter lang. „Das macht man nicht mal eben nebenbei aus Langeweile. Da muss einer genau gewusst haben, was er da tut.“

Klare Worte zu der Tat findet Andreas Ranke: Nach seiner Großmutter Hilda Heinemann, Ehefrau des ehemaligen Bundespräsidenten Gustav Heinemann, wurde die Schule benannt. „Das macht mich besonders betroffen, weil hier eine Behinderteneinrichtung angegriffen wurde“, sagt er. „Dabei wurde Kunst zerstört. Zusammen erinnert mich das an eine ganz schlimme Zeit, die eigentlich hinter uns liegt.“

Schon 2017 wurde hier eingebrochen

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Ranke fragt sich, ob da wirklich nur „bekiffte Knalltüten“ am Werk waren: „Die müssen genaue Ortskenntnisse und eine hohe kriminelle Energie gehabt haben“, meint er. „Eine Schändung von Kunst in einer Förderschule: Für mich hat das einen Beigeschmack, der ganz grässlich ist.“

Bereits Ende 2017 wurde in der Hilda-Heinemann-Schule eingebrochen. Damals wurden unter anderem zwei Mofas gestohlen. Schulleiter Frank Bader denkt jetzt darüber nach, die Schule besser zu sichern: „Für eine solche Schwachsinns-Tat gibt es keine Entschuldigung“, meint er. Ein Problem mag sein, dass der Schulhof an der Eifelstraße von außen nicht gut einsehbar ist: „Die Türen sind jetzt besser geschützt, sodass niemand so leicht dort hinein kommt.“

Ausstellung soll zerstörte Kunst zeigen

Frank Bader und Andreas Ranke befürworten zudem die Idee, demnächst eine Ausstellung auf den Weg zu bringen, in der Radićs zerstörte Kunst zu sehen sein wird: „Man muss zeigen, was hier passiert ist, und darf da nichts beschönigen“, meint Ranke.

Für Žarko Radić ist das nur ein schwacher Trost. Momentan ist er dabei, seine Bilder irgendwie zu flicken, damit sie bei einer bereits zugesagten Ausstellung in Bad Godesberg vorzeigbar sind. Auch denkt er darüber nach, sein Atelier in der Schule möglicherweise zu schließen: „Ganz ehrlich, ich weiß es noch nicht.“

Info: Polizei sucht Zeugen

Die Bochumer Polizei hat bislang keinen konkreten Hinweis auf die Täter: „Über Hinweise von Zeugen würden wir uns sehr freuen“, sagt Sprecher Jens Artschwager. Dass die Bilder möglicherweise gezielt zerstört wurden, glaubt er aber nicht: „Die ganze Verwüstung in der Schule deutet eher auf Vandalismus hin. Wir haben das Gebäude derzeit verstärkt im Blick.“

Der Einbruch ereignete sich zwischen Freitag, 22. Januar, 21 Uhr, und Sonntagmorgen, 24. Januar, 8.35 Uhr. Dabei hebelten die Täter einen Hintereingang der Schule auf. Hinweise: Tel. 0234 / 909 8210 (-4441 außerhalb der Bürozeiten).

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