Bochum-Wiemelhausen. Die Kritik am schlechten Zustand des denkmalgeschützten Schachts Anna in Wiemelhausen reißt nicht ab. Kann die Stadt Bochum nicht eingreifen?
Tim Schneider interessiert sich für ausgefallene Immobilien: Alte Bunker, Zechenhäuser, Schnapsbrennereien oder Schlösser beispielsweise. Kein Wunder also, dass auch das Maschinenhaus „Schacht Anna" der Zeche Glücksburg bei einem Spaziergang am Wochenende Schneiders Interesse weckte.
Großes Interesse an Zechengeschichte
Auf der Informationstafel in der Nähe des Gebäudes am Eichenweg erfuhr er: Einst stand hier nicht nur ein Maschinenhaus, heute umgebautes Wohnhaus, sondern auch ein Schachtgebäude und ein Kesselhaus. Der Schacht zur Steinkohleförderung war fast 70 Meter tief. „Ich habe mich gefragt, warum das Gebäude in so einem miserablen Zustand ist", sagt Schneider und zeigt: Dachblenden und Telefonkabel hängen herunter, das Dach ist bereits an mehreren Stellen undicht. Der Blick nach innen bleibt durch zugenagelte Fenster verwehrt.
Zustand verschlechtert
Das einst prächtige Maschinenhaus aus den 1850er Jahren – auf dem ungepflegten Grundstück wirkt es einsam und heruntergekommen. Nach ein wenig Recherche hat Schneider herausgefunden: Das Dach und die Außenmauern des Hauses stehen unter Denkmalschutz – und die WAZ hat bereits über den schlechten Zustand berichtet. Damals hatten sich das Ehepaar Gudelius beschwert, die Stadt versprach einzuschreiten.
Stadt Bochum soll eingreifen
„Das ist nun aber ein halbes Jahr her und der Zustand hat sich verschlechtert“, sagt Schneider. Auch bei der Besichtigung des Gebäudes bleiben laufend Spaziergänger stehen und nehmen das Haus in Augenschein. So auch Ursula Müller. „Ich beobachte das Haus schon seit Jahren und es ist doch ein Unding: Gerade für die Nachbarschaft hier, die sich doch so schön um ihre Häuser kümmert und sie pflegt", meint Müller. Wer sich Luftaufnahmen des Objektes im Netz anschaut - etwa bei Google Maps - der wird Zeuge von dem einst ansehnlichen und mit Pflanzen umrankten Häuschen.
Stadt Bochum sieht keine Gefahr
Was also sagt die Stadt? Stadtsprecher Thomas Sprenger teilt mit, die Antwort aus dem letzten Jahr habe nach wie vor Gültigkeit. „Die Stadt befindet sich weiterhin im konstruktiven Austausch mit dem Eigentümer mit dem Ziel, den baulichen Zustand des Gebäudes zu verbessern und den Erhalt des Denkmals zu sichern." Eigentum sei ein hohes Gut, das weitgehend gegen Eingriffe Dritter geschützt sei, solange keine Gefahren von dem Gebäude ausgingen oder eine konkrete Gefahr der Zerstörung des Baudenkmals vorliege. Einen schlechten Zustand des Gebäudes beobachte aber auch die Stadt.
Gebäude sei akut gefährdet
Schneider aber meint: „Das Gebäude ist doch akut gefährdet. Es kann hereinregnen, sodass der Dachstuhl morsch werden kann", nennt er als Beispiel. Er hat bereits selbst in Erwägung gezogen, dass Gebäude zu erwerben und zu sanieren. „Aber ich kenne den Eigentümer ja nicht“, meint er. Wie auch das Ehepaar Gudelius vermutet er, dass das Gebäude gezielt dem Verfall preisgegeben wird. „Ich rechne damit, dass dann hier neu gebaut werden soll", sagt Schneider.
Kein Einblick ins Grundbuch
Der Zustand des Gebäudes jedenfalls ärgert ihn – kennt er doch aus dem Bekanntenkreis die teilweise so strengen Auflagen der Denkmalschutzbehörde von normierten Fenstern bis hin zur vorgeschriebenen Hausnummer. „Es handelt sich um ein Kulturdenkmal und weil Denkmalpflege auch aus Steuern finanziert wird, hat die Öffentlichkeit ein Interesse."
Die Stadt aber betont: „Die Stadt kann nur Gespräche führen, informieren und unterstützen, aber den Eigentümer zu keinen Aktivitäten zur Sanierung des Gebäudes zwingen, so lange das Gebäude nicht konkret im Bestand gefährdet ist. Dies ist aus Sicht der Stadt aktuell nicht der Fall.
Stadt Bochum: Datenschutz beachten
„Aus Gründen des Datenschutzes dürfen wir den Namen des Eigentümers nicht nennen", informiert auch die Stadt Bochum. Über das Grundbuchamt könnten Nachbarn den Eigentümer jedoch selbst herausfinden. „Ich bin aber kein Nachbar", sagt Schneider. Die nämlich haben ein „berechtigtes Interesse" und dürfen gemäß §12 Grundbuchordnung das Grundbuch einer Immobilie oder eines Grundstückes einsehen. „So bleibt mir wohl nur zu hoffen, dass ich auf meinen künftigen Spaziergängen beobachten kann, wie sich der Zustand hier verbessert", sagt Schneider. Die Hoffnung dürften viele in Bochum-Wiemelhausen teilen.
INFO: Gebäude mit Historie
Die Anfänge der Zeche Glücksburg gehen auf zwei alte Stollen zurück. Sie lagen in Höhe der Stiepeler Straße/ Im Lottental. Nachdem die Kohlenvorräte im Stollenniveau erschöpft waren, wurde Schacht Anna 1854 abgeteuft.
Über dem Schacht stand ein nun nicht mehr vorhandenes Schachtgebäude. Die Förderung wurde auf einer Pferdeschleppbahn zur Ruhr transportiert und dort auf Kohlekähne verladen.