Bochum. An der Ruhr-Uni Bochum forschen Biologen an lebenden Mäusen. Peta nennt die Versuche widerlich. Die Forscher halten die Kritik für falsch.

Ein Forscher-Team der Ruhr-Universität Bochum ist wegen einer Studie an lebenden Mäusen in den Fokus der Tierschutzorganisation Peta geraten. Den Biologen der Uni war es nach eigener Aussage erstmalig gelungen, querschnittsgelähmte Mäuse mittels Gentherapie wieder zum Laufen zu bringen. Was die Forscher als Welterfolg feiern, stößt den Tierschützern übel auf.

Sie sprechen von in der Fachpresse veröffentlichten „schockierenden Videoaufnahmen“ und prangern die „widerliche und zugleich sinnlose Praxis, den Tieren in einem Labor die Wirbelsäule zu zerstören“ harsch an. Das sehen die Forscher der Ruhr-Universität naturgemäß anders.

Forscher der Ruhr-Universität geraten in den Fokus der Tierschutzorganisation Peta

Aus Angst vor Angriffen militanter Tierschützer möchte der für die Versuche verantwortliche Professor und sein Team nicht mit Namen in der Zeitung stehen. Gegen die massiven und nach Meinung der Forscher falschen Vorwürfe will er sich dennoch wehren. „Wir haben weltweit erstmals zeigen können, dass Mäuse nach einer vollständigen Lähmung der Hinterläufe wieder laufen können.“ Etwa 100 Tiere hätten die Forscher für die Experimente gebraucht, einige davon für eine Kontrollgruppe.

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Für das Experiment sei den neugeborenen Mäusen unter Vollnarkose der Bauplan von Proteinen injiziert worden, die die Regeneration von geschädigten Nervenzellen anregen sollen. Wenn diese einmal zerstört sind, ließen sie sich bisher nicht mehr reparieren.

Mäuse können nach Querschnittslähmung wieder laufen

Der Professor widerspricht den Vorwürfen der Tierschutzorganisation, den jungen Mäusen für die Injektion den Schädel aufzuschneiden. Mit einer Kleinst-Spritze werde den Mäusen durch den intakten Schädel die Flüssigkeit injiziert. „Das tut den Tieren nicht weh, das Gehirn enthält keine Schmerzrezeptoren.“ Wenn die Mäuse älter seien, werde das Rückenmark dann mit einer feinen Pinzette gequetscht, sodass die Hinterläufe der Tiere gelähmt würden. „Wir zerstören oder brechen nicht die Wirbelsäule der Mäuse“, sagt der Professor. Trotz Lähmung könnten sich die Mäuse weiter uneingeschränkt im Käfig bewegen und sogar klettern.

Nach diesen beiden Eingriffen dann der Erfolg für die Forscher: Es habe sich gezeigt, dass das Protein die Nervenzellen zur Regeneration anrege. Die in einem wissenschaftlichen Bericht veröffentlichten Videos zeigen den Fortschritt in der Bewegung bis die Mäuse schließlich wieder richtig laufen könnten. Danach seien alle Tiere unter Narkose getötet worden. Eine abschließende Untersuchung sei unerlässlich.

An der Ruhr-Uni Bochum forschen Biologen an lebenden Mäusen. Die Tierschutzorganisation Peta verurteilt die Forschung an den Tieren.
An der Ruhr-Uni Bochum forschen Biologen an lebenden Mäusen. Die Tierschutzorganisation Peta verurteilt die Forschung an den Tieren. © www.blossey.eu | Hans Blossey

„Unsere Forschung hat zum Ziel, die Voraussetzung für neue Therapieverfahren am Menschen zu schaffen.“ Dabei gehe es etwa um querschnittsgelähmte Menschen, aber auch um Patienten mit Schlaganfall oder Multiple Sklerose. „Für all diese Patienten forschen wir.“

Ist das Ergebnis der Mäuse-Studie auf den Menschen übertragbar?

Auch daran äußern die Tierschützer Zweifel. Dass das Ergebnis der Mäuse-Studie nicht direkt auf den Menschen übertragen werden könne, gibt auch das Forscher-Team der Ruhr-Uni zu. Aber: „Ohne eine hohe Relevanz für den Menschen würden diese Versuche niemals von der staatlichen Behörde zugelassen.“ Das werde von einer Kommission, in der auch Tierschützer vertreten sind, vorher genau geprüft. Alle alternativen Möglichkeiten zur Forschung - etwa in Zellkulturen - seien vorher erschöpfend ausgenutzt worden.

„Als ich in die Forschung eingestiegen bin, waren Tierversuche auch für mich nicht leicht und ich kann daher Vorbehalte gegen Tierversuche teilweise nachvollziehen“, sagt der Professor. „Ich sehe aber keine Alternative zur Erforschung schwerwiegender Erkrankungen und deren Behandlung.“

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