Bochum. Sind Studenten in Wohnheimen einem erhöhten Corona-Risiko ausgesetzt? In Bochum läuft eine Studie. Die ersten Ergebnisse deuten auf Entwarnung.

Studenten in Wohnheimen sind keinem erhöhten Corona-Risiko ausgesetzt. Das weisen die ersten Ergebnisse einer Studie des Universitätsklinikums Bochum aus. "Entgegen mancher Befürchtung gibt es in den Wohnheimen offenbar nicht mehr Infektionen als in der Gesamtbevölkerung", sagt Prof. Wolfgang E. Schmidt, Direktor der Klinik für Innere Medizin im St.-Josef-Hospital.

„Wir haben alle eigene Zimmer. Aber spätestens in der Gemeinschaftsküche geht’s eng auf eng zu“, sagt Ewgenij Marchanka. Der 24-Jährige Maschinenbau-Student zählt zu den 800 Studierenden, die sich seit zwei Monaten an einer wissenschaftlichen Studie des Universitätsklinikums Bochum beteiligen.

Corona-Studie in Bochum läuft in sieben Wohnheimen

Die Uni- und Hochschul-Studenten leben in sieben Wohnheimen in Querenburg. Zum Auftakt im November 2020 wurde ihnen Blut für eine Antikörperbestimmung abgenommen. „So ermitteln wir, ob der Proband schon mit Corona infiziert war, möglicherweise unbemerkt“, schilderte Oberarzt Christian Torres Reyes, der die Untersuchung mit einem Team der Medizinischen Fakultät der Ruhr-Universität vornimmt.

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Seither müssen die Studenten alle vier Wochen einen Gurgeltest absolvieren. Heißt: mit einer Kochsalzlösung eine Minute tief im Rachen gurgeln und die Flüssigkeit in ein Röhrchen spucken. Das ist zwar nicht so zuverlässig wie ein konventioneller Covid-19-Abstrich. Das Verfahren sei aber vom Robert-Koch-Institut anerkannt. „Bei diesen Mengen erfordert es zudem einen deutlich geringeren logistischen Aufwand“, erklärt Prof. Schmidt als Initiator der 250.000 Euro teuren, vom Bund geförderten Studie.

Mehr als 30 Infektionen bei 800 Teilnehmern

Die Resultate werden mit Spannung erwartet - auch mit Blick auf eine Wiederaufnahme des Präsenzunterrichts an den Universitäten und Hochschulen. Wohnheime (allein das Akademische Förderungswerk, Asta, hält in Bochum 4200 Plätze vor) gelten laut RKI grundsätzlich als anfällig für die Ausbreitung einer Sars-CoV-2-Infektion. „Ich glaube zwar nicht, dass Studenten-WGs die Super-Hotspots sind. Die Partykeller sind dort längst geschlossen“, sagte Wolfgang E. Schmidt im November im WAZ-Gespräch. Aber: „Auszuschließen ist das nicht. Die Durchseuchung könnte erheblich höher sein als bislang angenommen.“

Diese Befürchtung scheint sich anhand der ersten Zahlen nicht zu bestätigen. Zwar wurde zur Halbzeit der Studie bei mehr als 30 der 800 Teilnehmer eine Corona-Infektion nachgewiesen, davon bei einem Drittel aktuell. Die Positiv-Quote ist mit knapp vier Prozent fast doppelt so hoch wie im Durchschnitt. "In die allgemeinen Zahlen fließen - anders als in unserer Studie - aber keine Antikörpertests ein. Deshalb dürften sich die Werte in etwa die Waage halten", so Schmidt, der den verantwortungsvollen Umgang der Studenten mit dem Virus in den beengten Lebensverhältnissen ebenso lobt wie die Hygienevorschriften des Asta. In keinem der Heime sei es zu einem Massenausbruch gekommen.

Studie läuft noch bis Februar

Bis Februar wird weiter getestet. Dann werden erneut die Antikörper der Studierenden bestimmt, um etwaige unerkannte Infektionen aufzudecken. Abschließend werden die Daten mit dem Infektionsverlauf in der Stadt Bochum verglichen, um eine endgültige Bewertung zu ermöglichen, kündigen die Bochumer Mediziner an.

Kultur und Fußball im Blickpunkt

Die stehen bereits für eine weitere bundesweit bedeutsame Studie in den Startlöchern. Untersucht werden soll das Corona-Ansteckungsrisiko bei Konzerten, Theateraufführungen und Fußball-Bundesligaspielen. Kann der Kulturbetrieb trotz der Pandemie mit Zuschauern alsbald wieder Fahrt aufnehmen? Sind die Hygienekonzepte der Deutsche Fußball-Liga (DFL) in den Stadien hinreichend sicher? Fragen, auf die regelmäßige Testungen von Besuchern auch in Bochum valide Antworten liefern sollen.

Das Projekt wird laut Klinikum mit 350.000 Euro gefördert. "Aus naheliegenden Gründen (sprich: Lockdown, die Redaktion) kann es erst zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt werden", heißt es in einer Mitteilung.

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