Bochum. Sind Studenten in Wohnheimen einem erhöhten Corona-Risiko ausgesetzt? In Bochum ist dazu eine Studie gestartet. 900 Bewohner sollen mitmachen.

Sind Studenten in Wohnheimen einem erhöhten Corona-Risiko ausgesetzt? Das Katholische Klinikum Bochum geht dieser Frage jetzt wissenschaftlich nach. 1900 Studierende sind aufgerufen, an einer Studie mitzuwirken. Sieben Wohnheime in Querenburg sind beteiligt.

„Wir haben alle eigene Zimmer. Aber spätestens in der Gemeinschaftsküche geht’s eng auf eng zu“, sagt Ewgenij Marchanka. Der Maschinenbau-Student lebt im Wohnheim an der Laerholzstraße. Mit neun Mitbewohnern teilt er sich die Unterkunft. Zwar werde regelmäßig gereinigt und desinfiziert, sagt der 24-Jährige. Aber mit dem Abstandshalten sei es nicht weit her. Masken? In der WG kein Thema. „Gut möglich, dass die Ansteckungsgefahr mit Corona bei unseren beengten Verhältnissen besonders groß ist“, meint Ewgenij Marchanka. „Eine Studie darüber finde ich sehr gut.“

Corona in Bochum: 900 Studenten sollen sich an der Studie beteiligen

In dieser Woche zählte er zu den ersten Studierenden, die in der Max-Kade-Halle nahe des Wohnheims von Oberarzt Christian Torres Reyes und dem Team der Medizinischen Fakultät der Ruhr-Universität begrüßt wurden. Rund 900 Kommilitonen sollen bis Ende der Woche folgen, hoffen die Forscher. So sollen valide Daten für die Studi-Studie gesammelt werden. Allein das Akademische Förderungswerk (Akafö) hält 4200 Plätze in Wohnheimen vor. Insgesamt gibt es in Bochum mehr als 50.000 Studierende.

Die Daten der Studierenden werden zum Auftakt erfasst. Die Ergebnisse der Tests gibt es per E-Mail.
Die Daten der Studierenden werden zum Auftakt erfasst. Die Ergebnisse der Tests gibt es per E-Mail. © FUNKE Foto Services | MATTHIAS GRABEN

Gurgel-Tests alle vier Wochen

Das Corona-Projekt umfasst vier Monate. Zum Auftakt wird Blut für eine Antikörperbestimmung abgenommen. „So ermitteln wir, ob der Proband schon infiziert war, möglicherweise unbemerkt“, schildert Oberarzt Reyes.

Fortan müssen die Studenten alle vier Wochen einen Gurgeltest absolvieren. Heißt: mit einer Kochsalzlösung vor dem Zähneputzen eine Minute tief im Rachen gurgeln und die Flüssigkeit in ein Röhrchen spucken. Das ist zwar nicht so zuverlässig wie ein konventioneller Covid-19-Abstrich. Das Verfahren sei aber vom Robert-Koch-Institut anerkannt. „Bei diesen Mengen erfordert es zudem einen deutlich geringeren logistischen Aufwand“, erklärt Prof. Wolfgang E. Schmidt, Direktor der Klinik für Innere Medizin im St.-Josef-Hospital und Initiator der Studie.

Ergebnisse werden im Frühjahr erwartet

Die Studenten sollen den Gurgel-Selbsttest vier Mal vornehmen – und zwischendurch „ganz normal leben“, wie es heißt. Auf diese Weise soll im Frühjahr 2021 feststehen, ob und wie viele Bewohner der sieben Heime sich mit dem Coronavirus infiziert haben.

Bund fördert Studie mit 250.000 Euro

Die Bochumer Wohnheim-Studie ist Teil des bundesweiten Corona-Verbundprojektes „B-Fast“, das das Bundesministerium für Bildung und Forschung mit insgesamt 150 Millionen Euro fördert.

Die Studie des Katholischen Klinikums ist mit rund 250.000 Euro veranschlagt.

Ein kleiner Teil der Forschungsgelder fließt direkt an die Studenten zurück. Es gibt zwar keine Aufwandsentschädigung. Als Dank für ihre freiwillige Teilnahme werden unter allen Bewohnern aber Gutscheine u.a. für Elektromärkte und Einkaufszentren im Wert von 1900 Euro verlost.

Wohnheime gelten laut RKI grundsätzlich als anfällig für die Ausbreitung einer Sars-CoV-2-Infektion. „Ich glaube zwar nicht, dass Studenten-WGs die Super-Hotspots sind. Die Partykeller sind dort längst geschlossen“, sagt Chefarzt Wolfgang E. Schmidt im WAZ-Gespräch. Aber: „Auszuschließen ist das nicht. Die Durchseuchung könnte zudem erheblich höher sein als bislang angenommen.“ Umso gespannter sei man auf die Ergebnisse der Studie – auch mit Blick auf die angestrebte Wiederaufnahme des Präsenzunterrichts an den Universitäten und Hochschulen im nächsten Jahr.

Mediziner gehen kein Risiko ein

Bei der Studie selbst wollen die Mediziner kein Risiko eingehen. Christian Torres Reyes: „Fällt ein Gurgeltest positiv aus, wird der Studierende sofort informiert, isoliert und das Gesundheitsamt eingeschaltet.“

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