Bochum. Das Schauspielhaus Bochum ist wegen Corona weiter zur Untätigkeit verurteilt. Intendant Johan Simons erläutert, was das mit ihm macht.
2020 war für das Schauspielhaus Bochum kein gutes Jahr. Nach bemerkenswerten künstlerischen Erfolgen musste das Theater wegen der Corona-Pandemie weitgehend den Betrieb einstellen. Im WAZ-Gespräch erläutert der niederländische Intendant Johan Simons (74) wie er das vergangene Jahr erlebt hat und wie er sich auf 2021 vorbereitet.
Wie blicken Sie auf das vergangene Jahr menschlich und künstlerisch zurück, das wegen Corona so viele Einschränkungen gebracht hat?
Johan Simons: Dieses Jahr war wirklich schwer. Sowohl menschlich als auch künstlerisch. Wir konnten einander nicht umarmen, nicht festhalten. Und wir konnten fast nie vor einem vollen Haus spielen - was einfach nur schade ist.
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Corona hat Auswirkungen auf den Kunst- und Kulturbetrieb
Die diversen Lockdowns haben zu einer veränderten Wahrnehmung/Einschätzung des Kulturbetriebs geführt. Wie beurteilen Sie die Auswirkungen der Pandemie auf den Kunst- und Kulturbetrieb?
Ich mache mir Sorgen um die Spätfolgen der Pandemie für den Kulturbetrieb. Momentan werden wir von der Politik fantastisch unterstützt. Aber wie lange wird diese Unterstützung möglich sein? Ich wage da keine Prognose.
Wie groß sind die Einnahmeausfälle? Reichen die zugesagten Hilfen aus?
Wie gesagt: Momentan erleben wir eine große Unterstützung – durch die Politik, aber auch durch unser Publikum, das teilweise gespendet hat oder Eintrittskartengeld für ausgefallene Vorstellungen nicht zurückhaben wollte. Ein Ende des Lockdowns ist aktuell noch nicht abzusehen, deshalb lassen sich fehlende Einnahmen nicht abschließend beziffern. Wir konnten unseren Wirtschaftsplan aber an die Situation anpassen, und können ihn nach aktuellem Stand auch einhalten.
Wie beurteilen Sie die Auswirkungen von Corona auf das Verhalten des Publikums? Haben Sie Solidarität erfahren?
Ja, ohne Einschränkungen. Es gibt einfach sehr viele Leute, die unser Haus wirklich lieben. Das haben wir zuletzt in dem Chat gesehen, den es parallel zum Live-Stream von „King Lear“ gegeben hat. Eine Online-Aufführung kann zwar niemals einen echten Theaterbesuch ersetzen. Aber das Publikum war total glücklich, überhaupt wieder Theater zu erleben, und hat das auch in ganz vielen Kommentaren so gesagt. Das macht Mut in diesen Zeiten.
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Corona hat Einfluss auf neue Theaterformen und -formate
Mit welchen Erwartungen blicken Sie auf das neue Jahr? Improvisation wird vermutlich weiter gefragt sein. Wie managed man das als Theaterleiter?
Ich hoffe sehr, dass wir 2021 wieder vor mehr Menschen spielen können. Die Frage, die sich aktuell stellt, ist: Wie kann das Theater auf diese Situation reagieren? Die Welt hat sich durch die Corona-Pandemie komplett verändert. Das muss Einfluss haben auf unser Programm. Sonst ist Theater eine Lüge. Und es muss auch Einfluss haben auf neue Formen und Formate: Wie können wir mit unserem Publikum während des Lockdowns kommunizieren? Vielleicht wäre es für die Leute interessant, online an einer Probe teilzunehmen? Auch aus dem Ensemble kommen immer wieder neue Ideen für Formate, die während des Lockdowns möglich wären. Darüber werden wir, darüber werde ich weiterhin viel nachdenken.
Wie haben sich die Einschränkungen, die die Pandemie mit sich bringt, auf Ihr Haus, auf Ihre Mitarbeiter ausgewirkt? Frust, „jetzt erst recht!-Gefühl“, Gleichgültigkeit?
Die Einschränkungen haben ja gute Gründe. Aber natürlich bringt so eine Situation auch Frust mit sich. Man muss sich jeden Tag Mut zusprechen. Und man muss sich jeden Tag sagen, dass man am Theater einen der schönsten Berufe der Welt hat – auch wenn es momentan niemand sehen kann.
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