Bochum. Im Internet machen Bochumer Kulturgesichter auf ihre Nöte im Corona-Shutdown aufmerksam. Ohne die Akteure hinter den Kulissen bliebe es still.
Der zweite Lockdown und die erneuten Absagen von zahllosen Aufführungen, Konzerten, Lesungen und Ausstellungen trifft die Veranstalterbranche genauso wie alle anderen Kulturschaffenden in Bochum vielleicht noch brutaler als beim Corona-Ausbruch im März. Die Aktion www.kulturgesichter0234.de macht eindrucksvoll auf die Problematik aufmerksam.
Lokale Ausgabe einer bundesweiten Aktion
Die Website, die auf Anregung des Bochumer Veranstalters Heri Reipöler (Bochum Total, Zeltfestival Ruhr) eingerichtet wurde, folgt als lokale Ausgabe einer überörtlich angestoßenen Aktion. Unter dem Hashtag #Ohneunsistsstill macht die Veranstalterbranche in Deutschland auf die längst untragbar gewordene Situation aufmerksam, die durch das nach wie vor bestehende Veranstaltungsverbot entstanden ist. Mit „Kulturgesichter0234“ schalten sich die Bochumer Köpfe der bundesweiten Info-Offensive zu.
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Starke Wirtschaftskraft der Kulturindustrie
„Wir möchten damit auf die vielen Schicksale hinweisen, die in Bochum hinter dem sechstgrößten deutschen Wirtschaftszweig, der Kulturindustrie, stehen“, so Heri Reipöler. Nach aktuellen Daten des Bundeswirtschaftsministeriums betrug deren Beitrag zur volkswirtschaftlichen Gesamtleistung (Bruttowertschöpfung) in Deutschland im Jahr 2019 106,4 Milliarden Euro. Damit übertrifft die Kultur- und Kreativwirtschaft inzwischen andere wichtige Branchen wie die chemische Industrie, die Energieversorger oder die Finanzdienstleister.
Unterstützung angeboten
Die Bochumer Veranstalter/Musiker Oliver Bartkowski und Sven Bergmann unterstützten die Aktion #Ohneunsistsstill. Die beliebten „Movie Trip Shows“ der beiden Künstler mussten seit Frühjahr coronabedingt ausfallen.
Deshalb wurden „Fanpakete“ mit Utensilien wie CDs und T-Shirts rund um die „Movie Trips“ geschnürt - in der Hoffnung, dass diese gut an- bzw. abgenommen werden.
Die exklusiven Boxen, die es nicht im Handel gibt, kosten 35 Euro (inkl. Versand als Päckchen nach Hause) und können per Email unter info@wunderbar-marketing.de bestellt werden.
Einen Teil der Einnahmen wollen Bergmann & Bartkowski an Künstler weitergeben, die es in dieser Zeit besonders schwer haben.
Auf der Bochumer Website, die die kommunale Telefonvorwahl als Merkelement im Titel führt, stellen sich stadtbekannte Veranstalter wie Markus Gloria (Bochum Total) und Christian Eggert (Urbanatix) ebenso vor wie Schauspieler, etwa Birgit Iserloh und Ralf Lambrecht vom Theater Traumbaum, oder Musiker wie Tommy Finke. Sie alle können aktuell nichts veranstalten oder dürfen nicht auftreten.
Nicht nur „große Namen“ stellen sich vor
Auch Kreative sind zu finden, die gemeinhin nicht im Rampenlicht stehen, ohne die aber bei Aufführungen jeder Couleur nichts laufen würde. Etwa Heiko, Booker im Kulturbahnhof Langendreer, und seit 35 Jahren in der Branche tätig. Oder Nina, Jugendbuchautorin. Durch Corona konnte sie in diesem Jahr keine einzige Lesung für Schulklassen geben, alles wurde abgesagt. Oder Judith Freise de Matteis, Theaterpädagogin, freie Künstlerin und seit 25 Jahren in Kulturbetrieb aktiv. Auch sie wurde zwangsweise arbeitslos.
„Wir sind die Dienstleister hinter Euren Shows, Konzerten und Events. Wir treten mit ,Kulturgesichter0234‘ in den Vordergrund, um auf unsere derzeitige prekäre Lage aufmerksam zu machen und auf die Stille auf, hinter und neben der Bühne“, heißt es auf der Homepage.
Aufmerksamkeit auf Schicksale lenken
So soll die Aufmerksamkeit auf jene privaten Schicksale gelenkt werden, die beruflich und finanziell unter der COVID19-Krise und der Schließung der Theater, Konzertsäle, Kinos und kleinen Bühnen am meisten leiden.
Zu Wort kommen Beleuchter und Plakatierer ebenso wie Fotografen, Caterer und Ticket-Verkäufe. Die Website gibt diesen Existenzen ein Gesicht, das ist ihr Verdienst. Bewusst wird auf große Namen verzichtet, um das Ausmaß des Shutdowns vor und hinter den Kulissen greifbar zu machen. Denn ohne diese Kulturgesichter bleibt’s still im Bochumer Kulturleben.
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