Bochum. Eigentlich sollten sie nur in der Frühjahrsstaffel auftreten. Doch zwei Artisten aus der Ukraine leben bis heute im Bochumer Varieté et cetera.

Nein, sie sind kein Paar. Auf der Bühne sehr wohl. Aber nicht privat, auch wenn man's sich als Zuschauer ob der liebevoll-romantischen Darbietung wünschen würde. Seit zwölf Jahren sind Alex & Liza als Artisten-Duo unterwegs. Eng vertraut sind sie längst. Eng beieinander in Corona-Zeiten ebenso. Seit einem dreiviertel Jahr sind die Ukrainer zu Gast im Varieté et cetera. Lost in Bochum, vermutlich bis Sommer 2021. "Die beiden", sagt Theaterchefin Sylvia Cabello, "gehen in unsere Geschichte ein."

Alles schien normal, als Alex & Liza für die Frühjahrsstaffel 2020 gebucht wurden. Für Sylvia Cabello ein Glücksgriff. Mit ihrer Körperkunst begeistert das Duo international, trat in mehreren TV-Shows auf. "Wir haben uns sehr gefreut, dass es erstmals geklappt hat", erinnert sich Sylvia Cabello.

Die Freude sollte noch lange währen.

Nach vier Shows gingen die Lichter aus

"Je oller, je doller", hieß es zum Staffelstart Anfang März. Alex & Liza lieferten ab, zählten zu den Höhepunkten der Show. Leider waren es nur vier. Dann kam Corona. Die Lichter gingen aus. Die Akrobaten verließen Bochum. Bis auf Alex & Liza, denen wegen der Pandemie eine Rückkehr in ihre Heimat verwehrt war.

Die Entscheidung war schnell getroffen: Wir bleiben zunächst in Riemke. Besser konnten es die Künstler, die weder von Deutschland noch der Ukraine staatliche Unterstützung beziehen, kaum treffen. Das Theater stellt ihnen zwei kleine Apartments mit Küche und Bad direkt neben der Halle kostenfrei zur Verfügung. Für die Proben dürfen sie die Varieté-Bühne nutzen. "Das ist die Hilfe, die wir ihnen bieten können, wo sie jetzt kein Geld bei uns verdienen können", sagt Sylvia Cabello. Ein Beitrag zur Städtefreundschaft ist es obendrein: Donezk, die Heimat von Alex & Lisa, ist Partnerstadt von Bochum.

Im Herbst hatte das Duo Glück im Unglück

Im Sommer hätten Olexandr Shpyn und Yelyzaveta Vasylyha , wie sie richtig heißen, die Chance gehabt, zurück in die Ukraine zu reisen. Doch nun wollten sie nicht mehr. Ein Gastspiel bei der italienischen TV-"Supertalent"-Ausgabe füllte die zur Neige gehenden Ersparnisse im August auf. Und die Corona-Lage, so schien es, werde einen baldigen Neustart der Showbranche zulassen.

So war es. Im September kehrte das Varieté mit "Ganz schön magisch" zurück. Zwar waren statt 300 nur 150 Besucher zugelassen. Die Vorstellungen wurden auf 90 Minuten verkürzt. Doch die Staffel konnte planmäßig bis Ende Oktober gespielt werden - mit Alex & Liza, die Glück im Unglück hatten. Weil die Künstlerriege für das Herbstprogramm schon weit vor der Pandemie verpflichtet worden war, war kein Platz für die gestrandeten Ukrainer. Doch ein Artisten-Paar fiel kurzfristig aus. So feierten Alex & Liza ein Comeback.

Sie hatten's ja nicht weit.

Und wieder mal war Schluss mit lustig

Mit "Hurra, wir lachen noch" sollte es Anfang November bis Februar 2021 fröhlich-frivol weitergehen. Wieder mit dabei: Alex & Liza, diesmal mit einer neuen, vom Premieren-Publikum bejubelten Choreografie.

Doch wieder war schnell Schluss mit lustig. Erneut kam der Lockdown. Erneut fiel nach nur vier Vorstellungen die Klappe. Erneut sind alle Mitarbeiter in Kurzarbeit.

"Supertalent" überbrückt Lockdown

Alex & Liza haben das Lachen nicht verloren. Noch immer wohnen sie im Varieté. Noch immer trainieren sie täglich. Noch immer vertreiben sie sich die Zeit mit Laufen und Radfahren (sie) sowie mit Lesen und Chatten mit seiner Freundin in Dresden (er). Einmal mehr setzen sie auf die Durchhalteparole "The Show must go on!". Spätestens im April, vielleicht schon im März, soll's weitergehen, hofft Sylvia Cabello. Die ursprünglich geplante Frühjahrsstaffel mit Comedian Ludger K. ist gestrichen. Stattdessen soll "Hurra, wir lachen noch" bis zur Sommerpause fortgesetzt werden (Karten, Gutscheine, Infos: www.variet-et-cetera.de).

Bis dahin wollen Alex & Liza in Bochum bleiben. Für den Jahresbeginn gibt es Zusagen für weitere "Supertalent"-Produktionen in Frankreich und den USA. Das würde reichen, um die Durststrecke bis zum Neustart in Riemke zu überbrücken. Ein Jahr wären Alex & Liza dann hier, haben in drei Staffeln hintereinander mitgewirkt. Ein Rekord für die Ewigkeit in 27 Jahren et cetera.

Ein Jahr Bochum soll reichen

Was danach kommt? "Mal schauen", sagt Alex in einem mittlerweile sehr ordentlichen Deutsch. Irgendwann soll, irgendwann muss der Abschied kommen. "Bochum ist ja sehr schön", sagt der 24-Jährige und schwärmt wie seine 22-jährige Bühnenpartnerin von der Innenstadt und dem Bergbaumuseum. "Aber für ein Jahr?"

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