Bochum. Als „Umweltsau“ wurde das Wohnungsunternehmen LEG nach einem Kahlschlag in Bochum beschimpft. Der Protest der Mieter zeigt jetzt erste Erfolge.
Die letzten Transparente baumeln noch aus den Fenstern: Vehement war der Protest, als im Februar ein 100 Meter langer Grünstreifen an der Alsenstraße in Bochum gerodet wurde. Einen „Kahlschlag“ prangerten die geschockten Anwohner an und machten ihrer Wut mit Plakaten und Schmäh-Sprüchen gegen das Wohnungsunternehmen LEG Luft. „LEG ist eine alte Umweltsau“ oder „Profit statt Bäume“ lauteten einige der Parolen. Zehn Monate später ist die Kritik verstummt. Vieles hat sich getan. Doch: Die Skepsis bleibt.
Zwar gleichen Teile des Gemeinschaftsgartens hinter den Wohnhäusern 42 bis 54 nach wie vor einer Schlamm- und Lehmwüste. Inmitten des Geländes wurden aber drei großzügige Spielflächen angelegt. Ein Kletterturm mit Rutsche, Schaukeln, Sandkasten, Sitzbänke: „Für Kinder und Familien ist das wirklich super geworden“, sagt Lisa John, die im Frühjahr zu den Wortführern der Protestaktion gezählt hatte.
Kahlschlag in Bochum: LEG investiert 100.000 Euro
Die LEG stand im Wort – und in der Verantwortung. Ausdrücklich hatte sich das Unternehmen damals bei den Mietern entschuldigt. Die „umfangreichen Baum- und Strauchschnittarbeiten“ seien aus Sicherheitsgründen erforderlich gewesen, hieß es. Man habe jedoch die „emotionale Verbindung“ der Anwohner mit ihrer grünen Idylle vor der Haustür unterschätzt.
„Die haben etwas gut zu machen“, raunten die Mieter, als die LEG im Juli eine Abstimmung startete. Nun war nicht mehr nur von der versprochenen Neubepflanzung mit Rasen, Hecken, Sträuchern und Bäumen die Rede. Die Anwohner konnten auch zwischen zwei Spielplatz-Varianten wählen. Die LEG wolle, „dass unsere Mieter wieder zufriedener mit der Gesamtsituation sind“, erklärt Sprecher Mischa Lenz auf WAZ-Anfrage und beziffert die Investitionen auf rund 100.000 Euro.
Neupflanzung soll im Frühjahr beginnen
Die Spielgeräte sind inzwischen aufgestellt. Was fehlt, sind die Bäume und Sträucher, die auf den Modellzeichnungen der LEG zwischen den Sandinseln im schönsten Grün erblühen. „Eine Neubepflanzung haben wir noch nicht beauftragt. Bislang war dies aufgrund der Arbeiten am neuen Spielplatz und zudem coronabedingt noch nicht möglich“, erklärt die LEG. Man sei aber dabei, ein Gestaltungskonzept zu erarbeiten. Mischa Lenz: „Wir werden im Frühjahr 2021 alle weiteren Schritte in die Wege leiten und die Anlage ansprechend gestalten und bepflanzen lassen.“
Protestaktion ist beispiellos
Die Protestaktion der Anwohner der Alsenstraße im Februar/März gilt als beispiellos in Bochum. Das Wohnungsunternehmen LEG wurde auf Bettlaken, die aus Dutzenden Fenstern flatterten, und auf Plakaten an Laternen öffentlich beschimpft.
Die Wut war groß. Ihr parkähnlicher Garten sei in 30, 40 Jahren zu „einer kleinen Idylle“ herangewachsen, berichtete eine Mieterin. „Die Igel suchen jetzt ihre Heimat, Eichhörnchen irren umher“, trauerte eine Nachbarin.
„Mal abwarten“, sagt Lisa John und zweifelt, ob die LEG nachhaltig aus den Vorfällen gelernt hat. „Einige Mieter waren so fleißig, im Sommer auf eigene Faust Büsche anzupflanzen. Die wurden jetzt allesamt kommentarlos herausgerissen und geschreddert“, erzählt sie. Und: „Es wird spannend zu sehen, ob sich die LEG auch für die Wartung, Pflege und Reparatur der Spielgeräte verantwortlich fühlt.“
Mieterin: Kahlschlag war komplett überflüssig
Gelohnt, meint Lisa John, habe sich der Protest im Frühjahr allemal: „Sonst wäre hier bestimmt nichts passiert.“ Gewiss sei trotz der Verbesserung: „Der Kahlschlag war komplett überflüssig. Die Spielgeräte hätten auch so Platz gefunden.“