Bochum-Hofstede. Nach elf Jahren ließ die Stadt Bochum die Absperrung an der Hordeler Straße entfernen. Die freie Fahrt Richtung Herne schmeckt aber nicht allen.


Konzentriert studiert Daniel Oligmüller in seinem Kleinlaster Luftbildaufnahmen vom
Kreisverkehr an der Hordeler-/Riemker Straße in Bochum
. „Ich muss mich erst einmal zurechtfinden“, erklärt er, denn für die Firma BVS, die Baustellenabsicherungen macht, ist er an diesem Mittwochmorgen beauftragt, die Sperrungen zu entfernen. Zügig räumt er die schweren Gewichte beiseite, und eineinhalb Stunden später ist es soweit:
Die Hordeler Straße ist nach weit über zehn Jahren
wieder in Richtung Wanne-Eickel geöffnet.


Im August endete die elf Jahre währende Debatte über die Hordeler Straße.
Die Bezirksvertretung Mitte beschloss mit großer Mehrheit,
sie einseitig Richtung Wanne-Eickel am Kreisverkehr wieder zu öffnen. Danach wurde still um die erbitterten Gegner dieser Maßnahme. Eigentlich sollte der Termin schon im Oktober sein, nun wurde es November.

Die Öffnung hat sich in Bochum noch nicht herumgesprochen

Noch hat es sich nicht herumgesprochen, deshalb wird Oligmüller dann auch der Erste sein, der durch den Kreisel fährt. Zumal an der Einmündung Dorstener Straße noch Sackgassen-Schilder stehen. Ein paar Passanten sehen’s mit Humor: „Wann steigt die Party?“, fragt Ursula Urban-Maris. Sie fährt auf dem Fahrrad vorbei, sagt: „Die Sperrung hat mich nicht so gestört, aber es ist gut, dass die Straße wieder offen ist. Schon wenn man die paar Meter zu Edeka auf Wanner Gebiet wollte, musste man immer einen Riesenumweg fahren. Wanne-Eickel war dadurch abgebunden, und im Herzen bin ich Wanne-Eickelerin, auch wenn ich in Bochum wohne.“


Doch längst nicht alle Anwohner teilen ihre Ansicht.
„Eine Katastrophe“ nennt Klaus Wahner die einseitige Öffnung Richtung Herne. Ihn stört nicht allein der zusätzliche Durchgangsverkehr; auch, dass dafür drei Parkplätze vor zwei Wohnhäusern wegfallen, ärgert ihn. „Und die neue Laterne, die steht doch jetzt mitten im Weg.“ Susanne Düwel, Leiterin des Tiefbauamtes, kommt auf ihrer Baustellentour per Rad vorbei, um sich alles mal anzusehen. „Die Laterne mussten wir noch zwingend anbringen, um den Fußgängerweg auszuleuchten.“

Angst vor durchbretternden Lkw



Heinz Egbert Kunze führt an diesem Morgen seinen Hund Gassi ist ebenfalls wenig begeistert. „Ich bin mir sicher: Die Lkw werden hier durchbrettern. Hält sich ja jetzt schon keiner ans Durchfahrverbot. Hier wohnen viele Kinder, wir haben in der Nachbarschaft ein Behindertenwohnheim, dazu eine Kita und das Johanneshaus als Seniorentreff. Da wird keiner mehr unbeschwert über die Straße gehen können.“ Das Problem sei auch die überdimensionierte Einfahrt von der Dorstener Straße. „Da erwartet man eine großzügige Durchgangsstraße, keine verkehrsberuhigte Wohnstraße. Aber wir müssen uns jetzt wohl damit abfinden.“

Die Arbeit ist getan: Der Wagen der Baufirma, die die Gitter an der Hordeler Straße beseitigte, ist auch der erste, der durch den Kreisverkehr fährt.
Die Arbeit ist getan: Der Wagen der Baufirma, die die Gitter an der Hordeler Straße beseitigte, ist auch der erste, der durch den Kreisverkehr fährt. © FUNKE Foto Services | Gero Helm



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Ganz andere Töne schlägt Isabella Ziegler an, die nebenan an der Insterburger Straße zu Hause ist. Auch sie beobachtet, wie die Sperrgitter am Kreisel abgebaut werden und kommentiert: „Ich finde das grundsätzlich gut, aber nicht so schön ist, dass die Hordeler Straße nur einseitig Richtung Herne geöffnet wird.
An der Ampel Dorstener Straße in die Riemker Straße steht man ewig lange
. Zum Glück ist wenigstens das jetzt vorbei.“

Fahrbahn ist zu marode

Die Hordeler Straße sei doch viel zu marode für die Zunahme des Verkehrs mit der Öffnung, findet Sieglinde Naszynski. Auch sie ist direkte Anwohnerin und deutet auf parkende Autos links und rechts am Fahrbahnrand: „Wie sollen hier noch Fahrzeuge durchkommen, geschweige denn Lkw? Hier fahren viele entlang, verlassen sich einfach auf ihr Navi.“


Ganz klar für die einseitige Öffnung spricht sich Sabine Schriewer aus. „Das hier ist eine
historisch gewachsene Verbindung zwischen Bochum und Herne
, da ist es nur logisch, dass sie wiederhergestellt wird.“ Und während sie das gegenüber der WAZ äußert, wird sie aus dem oberen Fenster des angrenzenden Wohnhaus angegangen. „Sie wohnen doch gar nicht hier, das betrifft doch in erster Linie uns Anwohner.“ Der Mann ist stinksauer. „Wir sind vor drei Jahren hierher gezogen, weil es so schön ruhig war. Jetzt drohen uns viele Belastungen durch den Verkehr. Ich rechne mit 10.000 Fahrzeugen täglich, die jetzt hier durchfahren werden.“

Daniel Oligmüller hat derweil die letzten Sperrgitter von der Straße geräumt, doch auch er ist skeptisch: „Ich rechne fest damit, dass sich einige Autofahrer auch entgegen der Einbahnstraße ihren Weg suchen werden. Da nützen auch die dicken Poller wenig, die den Zugang aus Richtung Herne verhindern sollen. Für die Anwohner ist die Maßnahme nicht gut.“ Dann setzt er sich hinters Steuer: ein Notfalltermin, er muss zur nächsten Baustelle.


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