Bochum. „Ankerkraut“ erobert den Einzelhandel. Mitbegründerin der Firma ist die gebürtige Bochumerin Anne Lemcke. Nun eröffnet ein Shop im Ruhrpark.

Noch abwechslungsreicher und familienorientierter sein, das hat sich der Ruhrpark Bochum nach seinem Millionen-Umbau auf die Fahnen geschrieben. Nun bietet er eine neue „Attraktion“ für seine Kunden: Am Montag hat der Gewürzhändler „Ankerkraut“ einen Laden in dem Shoppingcenter eröffnet. Dahinter steckt eine echte Bochumer Geschichte.

Zu tun hat sie mit Anne Lemcke. Sie hat 2013 im Hamburger Umland gemeinsam mit ihren Mann Stefan das Start-up gegründet, das sich vor allem dank glänzender Online-Geschäfte zu einem Millionen-Unternehmen entwickelt hat. Er kommt aus Afrika, sie aus Bochum. Die Eröffnung des bundesweit fünften Geschäfts nach Berlin, Hamburg, Köln und Frankfurt hat für die 41-Jährige daher auch emotional große Bedeutung. Es ist fast so wie eine Rückkehr in ihre Heimat.

Finanzspritze von Start-up-Finder Frank Thelen

Allerdings nur virtuell. „In Zeiten von Corona haben wir uns eine Eröffnungsfeier verkniffen“, sagt Anne Lemcke. Aber das soll nachgeholt werden. Einstweilen freut sich die Unternehmerin darüber, die Bande nach Bochum wieder ein bisschen fester zu knüpfen. Sie vermisse das Ruhrgebiet schon – vor allem die Menschen. Zweimal im Jahr kommt sie in der Regel „nach Hause“, um Familie und Freunde zu besuchen. „Eigentlich zu selten“, so die Geschäftsführerin. Aber zu mehr bleibt kaum Zeit.

Katharina Tiemann arbeitet in dem neuen „Ankerkraut“-Store im Ruhrpark Bochum.
Katharina Tiemann arbeitet in dem neuen „Ankerkraut“-Store im Ruhrpark Bochum. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Denn: Die Geschäfte gehen glänzend. Aus dem Traum ihres Mannes, der lange als Online-Händler gearbeitet hat, mit einem eigenen, „echten“ Produkt zu handeln, ist eine Erfolgsgeschichte geworden. Erst hat Gründer-Finder Frank Thelen („Die Höhle des Löwen“) 2016 der kleinen Gewürz-Manufaktor mit 300.000 Euro für eine 20-prozentige Beteiligung unter die Arme gegriffen, dazu kamen Rat und Kapital des Bochumers Mathias Knälmann . Und in diesem Jahr hat, so berichten es mehrere Gründermagazine, die französische Beteiligungsgesellschaft EMZ Partners sich mit einem zweistelligen Millionen-Betrag eingekauft. Es läuft offenbar.

Angefangen hat alles in einer Garage

Dabei haben die Lemckes ganz klein angefangen. „Auch wenn sich das klischeehaft anhört“, erzählt Anne Lemcke. „Die ersten Gewürze hat mein Mann in einer Garage gemischt.“ Heute gibt es drei Standorte im Raum Hamburg mit 130 Mitarbeitern. Und das Geschäft brummt.

Die Gründung eines Ladens im Ruhrgebiet war mehr als fällig. „Durch unser Online-Geschäft wissen wir natürlich, wo das Interesse an unseren Produkten besonders groß ist“, so Anne Lemcke. Auch in hiesigen Supermärkten – bundesweit sind es 5000 mit „Ankerkraut“-Produkten – und beim Baumarkt Ziesak in Langendreer würden die Geschäfte mit den Gewürzen unter dem Ankersymbol glänzend laufen. In Bochum vertreten zu sein, habe für sie auch eine emotionale Bedeutung. „Da geht ein Wunsch in Erfüllung.“

Online- und stationärer Handel ergänzen sich

Natürlich sei es nicht der einfachste Zeitpunkt, um einen Laden in einer neuen Stadt zu eröffnen. „Aber von schwierigen Situationen haben wir uns noch nie abhalten lassen, sondern unsere Denke ist eher ‘jetzt erst recht’.“ Zumal die Fakten vielversprechend klingen. Der gut erreichbare Ruhrpark mit seiner Lage im Zentrum des Ruhrgebiets mit den potenziell fünf Millionen Kunden ist ein idealer Standort.

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Gewürze über Gewürze stehen in den Regalen.
Gewürze über Gewürze stehen in den Regalen. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Die Ladeneröffnung ist aus Sicht von Anne Lemcke trotz des starken Wachstums im Onlinehandel kein Widerspruch. „Der Onlinehandel ist bequemer. Aber vor Ort können wir die Kunden besser erreichen, können unsere Emotionen vermitteln und ihnen etwa erklären, warum es sieben Currygewürze gibt und was sie unterscheidet. Beides, Online- und stationärer Handel, ergänzen sich.“

Zum Erfolg gehört auch Demut

Als Kauffrau hat sich die Bochumerin selbst gar nicht gesehen, als sie ins Berufsleben eingestiegen ist. Als Schülerin habe sie am Glascafé am Husemannplatz und später viele Jahre beim Starlight Express gejobbt. Im Jahr 2000 hat sie eine Ausbildung bei Bertelsmann in München absolviert und hat jahrelang als PR-Managerin in der Musikindustrie gearbeitet. „Ich bin vor allem mit Scooter durch das Land gereist“, erzählt sie. Gemeint ist dabei natürlich die Techno-Band und nicht das Fahrvergnügen auf der Kirmes.

Neues im Ruhrpark

Rechtzeitig vor dem Weihnachtsgeschäft gibt es weitere Neuerungen im Ruhrpark. Die schwedische Modekette H&M hat ihren Store um mehr Fläche und eine Home-Abteilung erweitert. Neu im Shoppingcenter ist außerdem der Laden von Rituals, die Kette verkauft Körperpflege-Produkte.

Auch Picture People vergrößert sich: Das Fotostudio mit Bochumer Wurzeln hat seine Fläche verdoppelt.

Und jetzt ist Anne Lemcke erfolgreiche Gewürzhändlerin. „Wir müssen uns manchmal selbst noch zwicken“, gesteht sie. „So eine Geschichte ist nicht selbstverständlich. Deshalb sind wir auch sehr demütig.“ Eine Haltung, wie sie findet, die eher ihrer alten Heimat, dem Ruhrgebiet, ähnelt. Auch deshalb fühle sie sich Bochum mit allem drum und dran immer noch sehr verbunden. Und bald, so hofft sie, könne sie mit ihren beiden Kindern auch mal ins Starlight gehen. Die beiden, sieben und acht Jahre alt, seien jetzt alt genug dafür.

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