Bochum-Innenstadt. Das Martinsfest mit jährlich hunderten Besuchern fällt aus. Der Diakon der Bochumer Propsteipfarrei setzt auf Gesten des Teilens und Mitgefühls.

Eigentlich hatte Bochumer Diakon Winfried Rottenecker eine ziemlich starke Aktion geplant. Nachdem klar war, dass der große Martinsumzug der Propsteipfarrei St. Peter und Paul nicht stattfinden kann, hätte er gerne trotzdem ein Pferd und Musiker angeheuert. Im kleinen Team aus zwei Haushalten wollte er mit einem Bollerwagen voller Brezeln die Menschen in sozialen Einrichtungen durch Martinslieder an die Fenster locken. Es gab dann die polizeiliche Befürchtung, dass der abgespeckte Martinsbrauch am Ende doch zu viele Menschen in seinen Bann ziehen könnte. Deshalb gibt es nun kein Pferd und auch keine Musik. Brezeln und Laternen verteilte Winfried Rottenecker am Martinstag aber dennoch.

Fünf Bochumer Einrichtungen werden beschenkt

Gemeinsam mit Annette Buczek von der Caritas Bochum und Daria Sengüner von der Bahnhofsmission organisierte er die Übergabe von insgesamt 155 Brezeln und jeweils einer Laterne mit dem traditionellen Martinsbild in fünf Einrichtungen. Die St. Martin-Delegation besuchte das Männerwohnheim im Kolpinghaus, das St. Marienstift, das Albert-Schmidt-Haus der Diakonie, das Christopherushaus und die Bahnhofsmission der Caritas.

Im St. Marienstift schenkte das Team jedem Bewohner zusätzlich ein Kinderbild zum Thema Teilen, die alle beim großen Malwettbewerbs des Rotary Clubs Bochum-Mark entstanden sind. Insgesamt 600 Bilder sind eingegangen und am kommenden Freitag sollen die Gewinner in den Kitas und Grundschulen gekürt werden. Die bunte Galerie des Wettbewerbs ist auch im Internet zu bestaunen unter: https://sankt-martin-bochum.de/galerie/

St. Martin sieht den Mann

Trotz des Engagements der Gemeinden und vielerlei schöner Aktionen in Kindergärten und Grundschulen bis hin zu dem Aufruf an alle Menschen, die Laternen in ihre Fenster zu hängen, ist der St. Martinstag in diesem Jahr natürlich nicht das Gleiche. „Es ist einfach schön, in dieser dunklen Jahreszeit in der Gemeinschaft mit leuchtenden Laternen loszuziehen, über das Teilen nachzudenken und auch zu schauen, wer gehört zur Gemeinschaft eigentlich dazu. Manchen geht es besser, anderen geht es schlechter“, sagt Rottenecker, der als Theologe eine differenzierten Blick auf St. Martin pflegt.

83-jährige Seniorin strandet am Bochumer Hauptbahnhof„Die Martinsgeschichte ist als Brauchtum schön. Wenn Sie mich als Theologen fragen, kommt die Sache in Schieflage, denn in der Martinsgeschichte gibt es ein Oben und ein Unten. Als Theologe lege ich das Augenmerk vor allem darauf, dass Sankt Martin den armen Mann überhaupt sieht. Gerade in der jetzigen Zeit werden viele Menschen einfach nicht gesehen, in den Seniorenheimen oder Menschen, die allein sind und nicht mehr auf die Straße gehen“, so der Diakon.

Ältere Menschen kommen auf einen Kaffee

Auch in der Bahnhofsmission freuen sich die Menschen über soziale Kontakte und Gespräche „Es sind sehr viele ältere Menschen darunter, die sich einen Kaffee abholen und auch etwas Aufmerksamkeit. Wir führen aktuell noch mehr vertrauliche Gespräche, weil die Aufenthaltsecke nicht mehr da ist“, berichtet Daria Sengüner.

Die Bahnhofsmission

Da die Aufenthaltsecke der Bahnhofsmission nicht mehr genutzt werden kann, hat die Bahnhofsmission im hinteren Bereich der Bochumer Propstei-Kirche eine Zweigstelle eingerichtet, um hilfesuchenden Menschen bei einer Tasse Kaffee Gelegenheit für Gespräche oder eine Ruhepause zu geben.

Die Zweigstelle ist von Montag bis Freitag von 12 bis 15 Uhr geöffnet. Es steht ein mobiles Waschbecken zum Händewaschen bereit. In der Kirche ist das Tragen einer Schutzmaske erforderlich.

Ein Problem vieler Menschen sei es, dass die Ämter geschlossen sind. Dadurch entstehe eine neue Hilfsbedürftigkeit, die nicht selbstverschuldet sei. Nicht jeder verfüge über die Mittel und Möglichkeiten, bestimmte Dinge, zum Beispiel per E-Mail, zu klären. Dann sei aktive Hilfe gefragt, berichtet die Leiterin der Bahnhofsmission.

Zum Martinstag appellieren die Vertreter der Kirche an alle Menschen, im nahen Umfeld aufeinander achtzugeben und Hilfe anzubieten. „Man muss die Hilfe aber gar nicht so hoch ansetzen, es geht auch einfach um das Gespräch“, sagt Annette Buczek von der Caritas Bochum.

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