Bochum-Langendreer. Familie Mika aus Bochum ärgert sich: Für die Betreuung ihrer Kinder während einer Quarantäne erhalten sie kein Geld. Wegen einer Gesetzeslücke.
Im Garten von Familie Mika spielen die zweijährige Lea und ihre große Schwester Leni (4) im Sandkasten. Den Garten wisse sie nun ganz besonders zu schätzen, sagt ihre Mutter Anna Mika aus Bochum-Langendreer lachend. Hinter ihr und ihren Kindern liegen nervenaufreibende zwei Wochen. Denn die Kinder mussten in Quarantäne – wodurch die Familie auf ein großes Problem stieß.
Anfang Oktober erhielt die Mutter einen Anruf aus der Kita ihrer Töchter. Eine Erzieherin sei positiv auf das Coronavirus getestet worden, hieß es. Sie möge ihre Kinder schnellstmöglich abholen. Weil diese nun Kontaktpersonen seien, müssten sie für zwei Wochen in Quarantäne, zudem werde die Kita geschlossen.
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Anna Mika ist wie ihr Mann berufstätig, schnell kam also die Betreuungsfrage auf. Die Familie entschied, dass die Mutter zu Hause bleiben würde, während der Mann seine Arbeit nach negativen Testergebnissen aller Familienmitglieder wieder aufnahm.
Lücke im Infektionsschutzgesetz
Schnell fiel den Mikas jedoch auf, dass es für ihre Situation weder eine finanzielle Entschädigung noch eine Lohnfortzahlung gibt. Grund dafür ist eine Lücke im Infektionsschutzgesetz. Zu Beginn der Pandemie im März hatte das Bundesgesundheitsministerium jenes Gesetz verändert und im Paragrafen 56 neu geregelt, dass Arbeitnehmende eine Entschädigung erhalten, wenn sie ihre Kinder während deren Quarantäne betreuen müssen.
Der Frust der Familien
Seit April weisen Eltern in sozialen Medien unter dem Hashtag „Corona-Eltern“ auf die Doppelbelastung vieler Familien hin und machen ihrem Ärger Luft. Homeoffice, Homeschooling und Kinderbetreuung mussten im Lockdown unter einen Hut gebracht werden. Gleichzeitig wurden Spielplätze gesperrt und Freizeitaktivitäten eingeschränkt. Für viele Familien war dies eine harte Belastungsprobe.
Unter dem Hashtag finden sich zahlreiche Geschichten von Familien, die von ihren zehrenden Erfahrungen berichten und sich mit anderen Eltern austauschen.
Doch existiert eine entscheidende Lücke im Wortlaut der Norm. Nur wenn eine „zuständige Behörde“ wie das Gesundheitsamt die betreuende Einrichtung schließt, greift dieser Anspruch auf Entschädigung. Im Fall der Kita der Kinder von Familie Mika schloss jedoch der Träger, die evangelische Kirche Bochum, die Kita. Das Gesundheitsamt verordnete lediglich die Quarantäne aller Kontaktpersonen.
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„Das Gesundheitsamt hat eine Quarantäne für alle Kinder und Erzieherinnen beschlossen“, bestätigt Hannah Praetorius von der evangelischen Kirche Bochum. „Für uns war klar, dass keine Kita geöffnet werden muss, wenn alle Kinder und Mitarbeitende zu Hause bleiben. Deswegen haben wir sie geschlossen“.
Keine Entschädigung für die Familie
Die Folge ist, dass Anna Mika keinen Anspruch auf eine Entschädigung hat. Für sie ist das unbegreiflich. „Das kann uns jederzeit wieder passieren. Wenn eines meiner Kinder erneut Kontaktperson ist, droht uns dieselbe Situation und wir müssen auf Gehalt verzichten“, fürchtet sie. Insbesondere bei Alleinerziehenden, die häufig nur von einem Gehalt leben, wäre eine solche Situation brenzlig, sorgt sich die zweifache Mutter. „Nicht jede Familie kann sich das leisten“, meint sie.
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Sie fühlt sich von der Politik im Stich gelassen und wünscht sich Klarheit. Verzweifelt habe sie nach Antworten auf ihre Fragen bezüglich einer Entschädigung bei den verantwortlichen Behörden gesucht, erzählt Anna Mika. Schließlich teilte ihr das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales mit, dass ihr Fall „im derzeitigen Recht noch nicht umfassend gelöst“ sei.
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Die Mutter ist sauer. „Ich wünsche mir mehr Transparenz in solchen Fällen“, äußert sie. „Es wäre schön, sich bei solchen Situationen nicht durch einen Dschungel von Regeln kämpfen zu müssen“.
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