Bochum. Helga Böhme lebt in einem Bochumer Altenheim. Die steigenden Corona-Zahlen beobachtet sie mit Sorge. Denn die Konsequenzen könnten immens sein.

Ein paar herbstliche Sonnenstrahlen fallen durchs Fenster auf rosa Plastik-Rosen im Wohnzimmer von Wohnbereich 4. Zwischen braunen Sesseln hat Helga Böhme (66) ihren Rollstuhl geparkt. Die 66-Jährige lebt seit einem Jahr im SBO-Seniorenheim Am Glockengarten in Bochum. Seit dem Schlaganfall vor zwei Jahren wollen die Beine nicht mehr, der gelähmte linke Arm ruht nutzlos im Schoß. Für die ehemalige Bäckerei-Verkäuferin sind es im Altenheim schwierige Zeiten – die steigenden Corona-Zahlen betrachtet sie mit Sorge. Schließlich gelten Altenheime und ihre Bewohner als besonders gefährdet.

Frau Böhme, haben Sie Angst vor dem Coronavirus?

Nö. Mir macht das nix. Wenn’s kommt, dann kommt es. Ich habe viel erlebt, das haut mich auch nicht mehr um.

Seit der vergangenen Woche ist auch in Bochum der Inzidenzwert von 50 überschritten. Ihre Stadt gilt als Risikogebiet. Und Sie leben in einem Altenheim. Was bedeutet das für seine Bewohner?

Nun, wir dürfen nur im Wohnbereich ohne Maske sein. Wir dürfen zwar raus, aber nicht weit weg. Und draußen auch nur mit Maske. Es ist besser, dient schließlich unserer Sicherheit. Aber ich habe schon lange keine frische Luft mehr ohne Maske geschnappt. Nur auf dem Balkon, aber beim Rauchen ist’s ja auch keine frische Luft. (lacht). Wir dürfen auch nicht in andere Wohnbereiche. Es ist langweilig geworden.

Coronavirus legt Alltag in Bochumer Altenheim lahm - auf einmal alles anders

Sie leben seit einem Jahr im Altenheim. Wie haben Sie die ersten Monate der Pandemie erlebt?

Vor der Pandemie haben wir häufiger Musikveranstaltungen gehabt, das war toll. Dann war auf einmal Schluss. Keiner durfte mehr rein.

Was haben Sie denn dann den ganzen Tag gemacht?

Ich habe viel herumgesessen. Ab und zu war ich auf dem Balkon, um eine Zigarette zu rauchen. Von dort aus sieht man ein paar Bäume. Und dann bin ich wieder reingefahren.

Aus Sorge vor Ansteckungen haben viele Altenheime im Frühjahr Besuche verboten. Sie werden normalerweise mehrmals in der Woche von Ihren Kindern besucht...

Meine beiden Söhne und meine Tochter wohnen ganz in der Nähe. Im Frühjahr durften wir uns nur in der Cafeteria unterhalten – von einer Glasscheibe getrennt. Das ist natürlich schöner gewesen, als sich gar nicht zu sehen. Aber eine Umarmung ersetzt das nicht. Ich habe Angst, dass wir so eine Situation hier bald wieder haben. Das wäre nicht schön. Ich habe doch nur noch meine Kinder, mein Mann ist ja auch schon tot.

Altenheim-Bewohnerin ermahnt Bochumer sich an die Regeln zu halten

Während in den Altenheimen wieder „eine erhöhte Alarmbereitschaft“ herrscht, wie es SBO-Geschäftsführer Frank Drolshagen sagt, sehen andere das deutlich sorgloser. Illegale Partys, fehlender Abstand: Viele Bochumern scheinen sich wenig Sorgen um die Pandemie zu machen. Was würden Sie den Leuten sagen?

Das ist nicht gut. Die stecken andere an. Mich macht das wütend, die schauen nur auf sich. Das ist nicht gut, was die machen. Die sollten sich doch genau wie alle anderen an die Regeln halten. Sonst erlebe ich viel Solidarität zwischen den Bochumern. Meine Kindern gehen ja auch nicht feiern. Die wissen ja, dass ich am Ende drunter leiden würde.

Was wüschen Sie sich?

Ich möchte wieder laufen, meinen Arm bewegen können. Und ich hoffe, dass das mit Corona wieder besser wird - oder am besten ganz weg geht. Den Frühling möchte ich ohne Maske draußen erleben.

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