Bochum. Die Weihnachtsfeier im Kino? Das ist im UCI Bochum jetzt nicht nur möglich, sondern erwünscht. Corona sorgt für ein dramatisches Besucher-Minus.
Das UCI-Kino Im Bochumer Ruhrpark rechnet bis zum Jahresende mit 70 Prozent weniger Besuchern. „2020 geht’s nur ums Durchhalten“, sagt Theaterleiter Stefan Hennen im WAZ-Gespräch. Dabei sind auch unkonventionelle Ideen gefragt. So sollen die Säle verstärkt für Gaming-Formate genutzt werden. Auch Weihnachtsfeiern sollen Geld in die klamme Kinokasse spülen.
007 verpasst der Kinobranche den jüngsten Genickschlag: Dass der neue Bond statt im November nun erst im April 2021 in die Kinos kommen soll, passt ins Bild eines Katastrophenjahres, das die deutschen Lichtspielhäuser vielfach in Existenznöte stürzt. Der Titel des mehrfach verschobenen Blockbusters ist für das UCI aber zugleich Programm: „Keine Zeit zu sterben.“
UCI Bochum: 2020 wohl nur 300.000 Besucher
Der Überlebenskampf ist in vollem Gange. Nach fünfmonatiger Schließung dürfen seit dem Neustart im August nur 25 Prozent der Kinosessel besetzt werden – im großen „iSense“-Saal sind es 100 statt 380. Die immerhin seien zumindest an den Wochenenden nahe 100 Prozent ausgelastet, sagt Stefan Hennen. Ein Zeichen dafür, dass sich die Besucher auch unter Corona-Bedingungen mit Maskenpflicht bis zum Platz zunehmend sicher und wohl fühlten.
Das bekräftigen die Kino-Betreiber in der Bochumer Innenstadt. Einen Aufwärtstrend macht Michael Meyer in seinen City-Kinos Capitol, Casablanca und Metropolis aus. Das liege an „vielen wunderbaren Filmen ohne großes Werbebudget“. „Die Menschen haben Lust auf Kino“, heißt es auch im Union-Theater, wo optimistisch auf den Herbst und Winter geblickt wird.
Wirtschaftlich sei der Betrieb derzeit nicht, konstatiert UCI-Chef Stefan Hennen. Statt der üblichen eine Million Besucher (damit ist Bochum die Nummer 1 unter allen 23 Standorten in Deutschland) erwartet er für dieses Jahr maximal 300.000 verkaufte Tickets. „Auf Dauer“, weiß er, „kann sich das nicht rechnen.“ Deshalb soll der für diesen Sommer geplante Umbau des Foyers mit einer Vergrößerung der Gastro-Theke erst 2022 erfolgen. Eine Million Euro sind dafür veranschlagt. Geld, das in Corona-Zeiten woanders wichtiger ist.
Buchungsportal macht es Gamern einfacher
Die Hoffnungen – nicht nur wegen Bond – richten sich auf 2021. Um das ersehnte Happy End zu erleben, sind zusätzliche Einnahmequellen vonnöten. Die einträglichste: Gaming. Heißt: Zocken im Kino. Längst hat sich das UCI für meist junge Spielefans geöffnet. Sie können einen Saal für „das perfekte Gaming-Event unter Freunden“ (so die Werbung) anmieten.
Bisher geschah das per E-Mail oder Telefon. Nun kooperiert das UCI mit der Bochumer Agentur „unitad“. Geschäftsführer Tim Pohlmann hat das Internetportal www.cinegaming.de entwickelt. Darüber lässt sich u.a. im Bochumer Multiplex-Kino ein Saal finden und buchen. „Die Kinos können ihre schwach ausgelasteten Zeiten anbieten, um ihr Kerngeschäft sinnvoll zu ergänzen. Gamer sehen jetzt auf einen Blick, wo und wann Kinos für ihre Session verfügbar sind“, erklärt Tim Pohlmann.
Weihnachtsfeier für bis zu 80 Personen
Über die Gamer-Gemeinde hinaus will Stefan Hennen weitere Märkte erschließen, die man mit einem Kino bisher nicht unbedingt in Verbindung brachte. Für Junggesell(inn)enabschiede wird auf Wunsch ein ganzer Saal freigeräumt. Firmen können ihre Schulungen und Meetings ins Kino verlegen. Bis zu 80 Teilnehmer sind unter Beachtung der Corona-Auflagen möglich.
Wenig Hoffnung auf Rückkehr von Ait
Wohl kein Wiedersehen im Bochumer UCI gibt es mit Abderrahim Kharkhour (63).
Der langjährige Service-Chef (Spitzname: Ait), ein Urgestein im Ruhrpark. war im Sommer 2019 im Heimaturlaub in Marokko schwer erkrankt. Über eine Stiftung wurden fast 40.000 Euro für seinen Rücktransport nach Bochum gesammelt.
„Leider ist Ait nach wie vor in dauerhafter medizinischer Behandlung. So sehr wir es uns alle wünschen: Aber mit einer Rückkehr unseres Kollegen ist leider nicht zu rechnen“, bedauert Theaterleiter Stefan Hennen.
Zudem bietet sich das UCI für Weihnachtsfeiern an. Belegschaften, Vereine oder private Gruppen sind im Advent herzlich willkommen. „Der Film kann ausgesucht werden. Möglich ist auch ein kleines Rahmenprogramm“, sagt Stefan Hennen. Die ersten Anfragen seien eingegangen – u.a. von einer Software-Firma, die für ihre 20 Mitarbeiter zwei Wünsche äußerte: Zocken mit „Mario Kart“ und Pizza für alle.