Bochum. Seit zwei Jahren steht das Hochhaus am Lohring in Bochum leer. Nun zeichnet sich ab: Hier sollen Büros entstehen. Der Mieterverein übt Kritik.

Das seit mehr als zwei Jahren leerstehende Hochhaus am Lohring in Bochum soll künftig für Büros genutzt werden. Das kündigt die Stadt auf WAZ-Anfrage an. Die Eigentümergesellschaft verweist auf eine baldige Erklärung. Der Mieterverein übt scharfe Kritik am Wegfall preiswerten Wohnraums.

Das zwölfstöckige Hochhaus stammt aus dem Jahr 1966. Im Juni 2018 hatte die Stadt sämtliche 90 Wohnungen binnen zwei Wochen räumen lassen. Grund: Die Feuerwehr sah den Brandschutz nicht mehr gewährleistet. Die dünnen, leicht entflammbaren Trennwände könnten bei einem Feuer gefährlich werden, hieß es. Wenig später kam bei einer WAZ-Recherche heraus: Die Wände waren von Anfang an illegal. Sie genügten schon beim Bau nicht den gesetzlichen Vorgaben.

Hochhaus in Bochum: Neuer Inhaber will Pläne bald vorstellen

Während den 70 Mietern (darunter eine 90-jährige Seniorin) kurzfristig Ersatzwohnungen angeboten wurden, begann der weitere Verfall des Wohnturms. Die damalige Eigentümergesellschaft Immonex kündigte zwar eine umfassende, zweijährige Sanierung an. Die Mieter sollten anschließend zurückkehren können. Doch es tat sich: nichts.

Inzwischen hat das Hochhaus einen neuen Inhaber: die Milestone Bochum GmbH, eine Tochterfirma der DGC Investment GmbH, beide mit Sitz an der Gewerbestraße in Wattenscheid. Von „Überlegungen zur Neugestaltung“ war zum Jahresbeginn die Rede. Auf Anfrage der WAZ kündigte das Unternehmen nun an, die Pläne für das Hochhaus vorzustellen, wenn ein genehmigter Bauantrag vorliegt. Damit werde „in Kürze gerechnet“.

Stadt: Abriss ist nicht vorgesehen

Die Stadt bestätigt: „Wir stehen in Kontakt zum Eigentümer.“ Derzeit sei „geplant, das Gebäude einer Büronutzung zuzuführen“, erklärt Stadtsprecherin Charlotte Meitler. Ein Abriss sei nach Kenntnis der Behörden nicht vorgesehen.

Das mag Aichard Hoffmann kaum besänftigen. „An Büros mangelt es Bochum wahrlich nicht. Sehr wohl aber an bezahlbaren Wohnungen!“, zürnt der Sprecher des Mietervereins Bochum. Die Mieten für die 20- bis 45-Quadratmeter-Apartments am Lohring hatten bei fünf bis sechs Euro/qm gelegen: genau die preiswerten Bleiben, die in zentraler Lage gefragt seien. Nun aber drohten alle 90 Wohnungen in dem Hochhaus dauerhaft zu verschwinden. „In Zahlen bedeutet das für Bochum: Die öffentliche Wohnungsbauförderung eines Jahres wird zunichte gemacht. Denn fast genau so viele, preislich ähnlich gelagerte Sozialwohnungen (92) wurden im Jahr der Hochhaus-Räumung 2018 stadtweit gebaut.“

Gianni Patros (li.) und Ahmad Alwasch zählten 2018 zu den 70 Mietern, die das Lohring-Hochhaus binnen weniger Tage räumen mussten.
Gianni Patros (li.) und Ahmad Alwasch zählten 2018 zu den 70 Mietern, die das Lohring-Hochhaus binnen weniger Tage räumen mussten. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Neubau mit Wohnungen für 14 Euro

Den Glauben an einen Abriss hat Hoffmann trotz der jüngsten Äußerungen nicht verloren. „Inzwischen wurde das Hochhaus entkernt und viele Fenster offen stehen gelassen. Die Gewitter der letzten Wochen dürften sich im Gebäude bemerkbar machen. Die Gefahr ist groß, dass das Haus bald abrissreif ist.“ Die weitere Entwicklung wäre dann absehbar: „Der Investor wird das Haus abreißen. Bestenfalls in einigen Jahren könnte ein Neubau mit Wohnungen für über 14 Euro/qm entstehen, also unbezahlbar für die meisten Bochumer.“

Eine 2017 vom Rat abgelehnte Zweckentfremdungssatzung hätte das verhindern können, meint der Mieterverein Bochum. So aber fehle der Stadt jede Handhabe. „Daher fordern wir im neuen Rat eine erneute Debatte über die Einführung einer Zweckentfremdungssatzung und gleichzeitig eine personelle Stärkung der Verwaltung, die sich um die Einhaltung kümmert“, erklärt Sprecher Aichard Hoffmann. Das Lohring-Hochhaus sei zwar „besonders sichtbar, aber leider kein Einzelfall“.