Das Bochumer Hochhaus, das evakuiert werden muss, war schon beim Bau 1966 illegal. Die Trennwände genügten bereits damals nicht den Vorschriften.
Das Hochhaus an der Wittener Straße/Lohring hätte nach der Fertigstellung 1966 nie in Betrieb gehen dürfen. Die Trennwände, die jetzt zur Evakuierung führen, hätten schon damals nicht den Brandschutznormen genügt, bestätigt die Stadt auf WAZ-Anfrage. „Seinerzeit gab es noch keine behördliche Baubegleitung, wie sie heute Standard ist“, erklärt Sprecher Thomas Sprenger. Folge: Die Feuerschutzwände waren zwar ordnungsgemäß geplant und genehmigt – wurden vom damaligen Eigentümer aber offenbar nie eingebaut.
Mieterverein richtet Info-Abend ein
Der Mieterverein richtet am Mittwoch, 4. Juli, einen Info-Abend für die von der Evakuierung betroffenen Mieter des Hochhauses am Lohring ein.
Beginn im Falkenheim an der Akademiestraße ist um 18 Uhr.
„Wir wollen die Mieter über ihre Rechte aufklären“, so Sprecher Aichard Hoffmann. Die Teilnahme ist ausdrücklich auch ohne Mitgliedschaft möglich.
Die Zeche zahlen 52 Jahre später die 70 Mieter. Sie müssen binnen 14 Tagen ihre Wohnungen räumen, nachdem bei einer Überprüfung des Bauordnungsamtes entdeckt wurde, dass die Außenwände der 85 Apartments nicht den erforderlichen Feuerwiderstand („F 90“) aufweisen. Bei einem Brand würde wohl in Kürze das gesamte zwölfstöckige Gebäude in Flammen stehen wie vor einem Jahr der Grenfell-Tower in London mit 71 Toten.
An der Notwendigkeit des Freizugs lässt auch der Mieterverein keinen Zweifel. Die gebe es nur an der Frist. „Entweder es ist Gefahr in Verzug und man räumt sofort. Oder – und dafür plädieren wir – man nimmt den größten Druck heraus und gibt dem Eigentümer und den Mietern mehr Zeit, adäquate Ersatzwohnungen zu finden und auszusuchen“, erklärt Sprecher Aichard Hoffmann. Ein bis zwei Monate seien angemessen. Denn: Es werde schwierig genug, so viele freistehende Wohnungen zu beschaffen. Gerade kleinere, günstige Bleiben sind in Bochum rar.
Nicht nur Entgegenkommen, sondern Pflicht der Eigentümergesellschaft „Immonex“ sei es, angemessene Ersatzwohnungen zu beschaffen und Schadensersatz zu leisten, betont Silke Gottschalk, Geschäftsführerin des Mieterbundes NRW, gegenüber der WAZ.
Mieter haben Recht auf Rückkehr
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Das heißt: Sämtliche Kosten für den Umzug zu übernehmen. Zudem habe jeder Mieter das Recht, nach der Sanierung zurückzukehren, ergänzt Aichard Hoffmann. Dabei dürfe der Vermieter maximal elf Prozent der Modernisierungskosten auf die Miete umlegen.
Derweil setzen Bauordnungsamt und Feuerwehr die Begutachtung der 110 Hochhäuser in Bochum fort. Ob das Lohring-Haus mit seinen Feuerschutz-Wänden, die nur auf dem Papier existieren, kein Einzelfall sein könnte? „Das wissen wir nicht. Möglich wäre es“, antwortet Stadtsprecher Sprenger. Stadtbaurat Markus Bradtke nimmt dabei ausdrücklich auch die Immobilienbesitzer in die Pflicht. Sie tragen die Verantwortung, dass dem Brandschutz Genüge getan wird – und sollten spätestens jetzt „ganz genau hinschauen“.