Bochum. Direktor Golinski scheidet zum Jahresende aus., das Kunstmuseum Bochum sucht einen neuen Chef. Dafür kommt auch ein „Headhunter“ zum Einsatz.
Nachdem mit Tung-Chieh Chuang ein Generalmusikdirektor für die Bochumer Symphoniker gefunden und mit Kai Rawe die Leitung des Stadtarchivs neu besetzt wurde, steht bereits die nächste prominente Stellenbesetzung im kulturellen Bochum an. Der langjährige Direktor des Kunstmuseums Hans Günter Golinski scheidet in Kürze altersbedingt aus. Zeit, die Nachfolge zu regeln. Die WAZ beantwortet die wichtigsten Fragen rund um diese wichtige Personalie.
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Worum geht’s genau?
Hans Günter Golinski führt in Zusammenarbeit mit Sepp Hiekisch-Picard das Bochumer Kunstmuseum seit 1997. Der promovierte Kunsthistoriker wird 65 und erreicht damit den Ruhestand. Eigentlich hätte er bereits im Sommer seinen letzten Arbeitstag gehabt, Golinski wird aber bis Jahresende auf der Kommandobrücke bleiben. Grund: die Corona-Krise. Das Museum war lange geschlossen, die Vorbereitung auf die Stellen-Neubesetzung stockte, die Eröffnung der Eigenen Sammlung in der Villa Marckhoff-Rosenstein war nach hinten verschoben worden. Nun, da gewisse Corona-Lockerungen möglich sind, geht die Suche nach Golinskis Nachfolger/in richtig los.
Wie weit ist das Verfahren?
Es steht ganz am Anfang. Die Stadt Bochum hat eine Stellenausschreibung aufgesetzt, die man auch im Internet finden kann. Die Bewerbungsfrist läuft am 13. September ab. Danach werden die Kandidat/innen werden gesichtet, federführend ist Kulturdezernent Dietmar Dieckmann. Wie der Dezernent erläutert, möchte er mit einer eindeutigen Entscheidung in die politische Beratung gehen. Der/die Neue muss nach dem Vorschlag der Kulturverwaltung vom Rat bestätigt werden.
Wird es eine Findungskommission geben, wie bei der Suche nach dem GMD?
Nein. Stattdessen ist neben dem üblichen Procedere der Bewerbung ein „Headhunter“ in Marsch gesetzt worden. Die Essener Personalberatung „Kulturexperten“ ist spezialisiert auf die Vermittlung von Kultur-Akteuren. Sie soll Sachverstand einbringen. Der Homepage entnimmt man, dass sich die „Kulturexperten“ nicht nur um die Stellenausschreibung „Direktion für das Museum Bochum“ kümmern, sondern u.a. auch um die „Leitung des Bauernhaus-Museums Allgäu-Oberschwaben in Wolfegg“ und die Besetzung „Geschäftsführung Internationale Gartenausstellung IGA Metropole Ruhr 2027“. Geschäftsführer der GmbH ist Oliver Scheytt, langjähriger Kulturdezernent in Essen und Mastermind der Kulturhauptstadt Ruhr.2010.
Eine interne Lösung ist offenbar nicht vorgesehen?
Sie gilt als unwahrscheinlich, da der stellv. Museumsleiter Sepp Hiekisch-Picard ebenfalls in absehbarer Zeit in Pension geht. Eine Interimslösung kommt für die Stadt offenbar nicht in Frage, man möchte eine langfristige Personalentscheidung treffen. Deshalb wird eine Vollzeitstelle ausgeschrieben, auch wenn darauf hingewiesen wird, „dass die Aufgaben auch mit reduzierter Arbeitszeit wahrgenommen werden können“. Die CDU hat das kritisiert: „So sehr wir Teilzeitlösungen befürworten“, erklärt deren kulturpolitischer Sprecher Lothar Gräfingholt, „so wenig können wir uns die Leitung dieser wichtigen Kultureinrichtung als Halbtagsstelle vorstellen.“ Kulturdezernent Dieckmann weist darauf hin, dass besagter Passus den Formalien der öffentlichen Ausschreibung geschuldet ist: „Natürlich erwarten wir nicht, dass die Museumsführung in Zukunft mit nur ,einer Hand’ erfolgt.“
Kunstmuseum Bochum
Erst drei Direktoren hat das Kunstmuseum in seiner neueren, 60-jährigen Geschichte erlebt: Gründungsdirektor Peter Leo, Peter Spielmann und Hans Günter Golinski.
Das Interesse an zeitgenössischer Kunst über die Landesgrenzen hinaus steckt seit jeher in der DNA des Hauses: Gezeigt wird Kunst aus aller Herren Länder - zuletzt die spektakuläre „Cast Whale“-Installation des israelischen Künstlers Gil Shachar.
Die gesammelten Werke internationaler Kunst von 1900 bis in die Gegenwart werden seit 2020 in eigens dafür hergerichteten Ausstellungsräumen im Altbau der Villa Marckhoff-Rosenstein präsentiert.
Dazu gesellen sich interdisziplinäre Wechselausstellungen im kubistischen „Neubau“ gegenüber dem Stadtpark an der Kortumstraße.
Was wird erwartet?
Neben kunstgeschichtlichen Kenntnissen ist Führungs- und Managementerfahrung im Museumsbetrieb ebenso gefragt wie die Offenheit gegenüber Neuem. Das gilt nicht nur in Bezug auf die Pflege und den Ausbau der städtischen Sammlung und das Arrangement spannender Ausstellungen. Sondern auch für die Museumspädagogik sowie für drängende Entwicklungsaufgaben. Hier wäre das Vorantreiben der Digitalisierung in der Museumsarbeit zu nennen. In dieser Hinsicht ist Bochum gegenüber anderen Museen stark im Hintertreffen.
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Wieviel verdient der neue Chef?
Die Vergütung erfolgt nach dem Tarifvertrag im Öffentlichen Dienst, Entgeltgruppe E 15, die auf Basis der Dauer der Beschäftigung gestaffelt ist. Die Bezüge betragen anfangs 4.860 Euro brutto und erreichen in Stufe 6 (nach 15 Jahren) 6.921 Euro brutto im Monat. Kulturdezernent Dietmar Dieckmann geht davon aus, dass der Personalwechsel an der Museumsspitze bis Frühjahr 2021 vollzogen sein wird.