Bochum. Radfahren in Bochum ist an vielen Stellen gefährlich. Das wird noch lange so bleiben, wie ein Verwaltungspapier zeigt. Immerhin: Es tut sich was.

Die Politik in Bochum soll noch in diesem Jahr den Bau eines Radfahrstreifens auf der Alleestraße im Bereich Westring bis zum Westpark (Bessemer Straße) beschließen. Das geht aus einer Vorlage der Stadtverwaltung hervor, die am Dienstag im Ausschuss für Infrastruktur und Mobilität diskutiert wird. Zu dem Zeitpunkt einer Realisierung der dringend erforderlichen Maßnahme sagt das Papier: nichts.

Die Vorlage ist eine Antwort auf einen Bürgerantrag. Im Namen der „Radwende Bochum“, einem Bündnis Bochumer Verbände und Initiativen für eine fahrradfreundliche Stadt, wird in dem Antrag ein Fahrradweg vom Westring in der Innenstadt bis zur Stadtgrenze mit Essen gefordert – und zwar in beiden Fahrtrichtungen. Außerdem soll zur Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer die Geschwindigkeit auf der knapp neun Kilometer langen Strecke – Alleestraße, Essener Straße, Wattenscheider Hellweg – auf Tempo 50 beschränkt werden.

Radweg von Bochum nach Essen lässt auf sich warten

„Bochum sollte dem Beispiel von Metropolen wie Berlin oder Barcelona folgen und mit minimalen Mitteln und wenig Planungsaufwand das Radwegenetz ausbauen“, sagt Radwende-Sprecher Ralf Bindel. Viele Menschen seien in der Coronakrise auf das ansteckungssichere Verkehrsmittel Rad umgestiegen, hätten aber ernüchternd die Mängel der Bochumer Infrastruktur zu spüren bekommen.

Aus vielen Stadtteilen sei eine sichere Fahrt in die Innenstadt nicht möglich, so die Radwende. „Dies zeigen auch die zahlreichen Radunfälle, die die Polizei dokumentiert. Ein Großteil der Unfälle wie beim Abbiegen, Ausparken oder Dooring (Anm. d. Red.: plötzliches Öffnen von Türen parkender Autos) sind der Infrastruktur geschuldet.“

700 Meter Radstreifen auf der Alleestraße

Während die Radwende auf eine schnelle Lösung pocht, unter anderem durch ein Parkverbot auf der Fahrbahn der Straßen und eine temporäre optische Abtrennung von Teilen der Fahrbahn für den Radverkehr, macht die Verwaltungsvorlage deutlich, dass es noch viele Jahre dauern wird, bis für Radfahrer die Situation auf dem Weg von Bochum nach Essen oder umgekehrt erträglich wird.

Bündnis von Verbänden und Initiativen

Die Radwende ist ein Bündnis Bochumer Verbände und Initiativen, das sich einsetzt für eine fahrradfreundliche Stadt.

Zum Bündnis gehören: ADFC, Attac, Botopia, BUND, Fridays for Future, Greenpeace, Kortlandverein, Nabu, Naturfreunde Langendreer, Stadt für alle, Urban Radeling, VCD, Velo-City Ruhr, Velotopia, offene Fahrradwerkstatt und der Arbeitskreis Umweltschutz.

Immerhin spricht sich die Verwaltung grundsätzlich für „Radfahrstreifen“ vom Westring bis zur Kohlenstraße und auf dem Wattenscheider Hellweg im Bereich Stephanstraße bis Berliner Straße aus. Einen Zeitplan gibt sie aber nur für den Beschluss zum Bau des 700 Meter langen Teilstücks vom Westring bis zum Westpark (Bessemer Straße) an. Der solle noch in diesem Jahr erfolgen, heißt es.

Die Umsetzung steht aber ebenso in den Sternen wie die nötigen Beschlüsse zum Bau der restlichen 8,3 Kilometer. Alle anderen Vorschläge der Radwende (Tempo 50, Parkverbot) sollen erst einmal geprüft werden. Und das kann dauern.

Radwende fordert Lösung für Radfahrer auf dem Innenstadtring

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Dabei ist die Verbindung nach Essen nur eine „Baustelle“ im lückenhaften Bochumer Alltags-Radwegenetz. Besonders im Fokus steht seit Jahren der Innenstadtring. Die Radwende wünscht sich hier eine Einbahnstraßen-Regelung. So könnte durchgehend eine Spur für den Radverkehr freigegeben werden. Aber auch ein Parkverbot am Südring steht auf der Wunschliste.

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„Wir müssen den ruhenden Verkehr aus der Innenstadt rausschmeißen“, sagt Bindel. Das gelte auch für die Park-Privilegien von Anwohnern. „Es geht heute einfach nicht mehr, sein Auto in der Innenstadt direkt vor der Haustür parken zu wollen.“ Sein Vorschlag: die Anwohner-Parkgebühren massiv erhöhen und den betroffenen Bürgern günstige Parkplätze in den Parkhäusern anbieten.

Höhere Parkgebühren sollen Autofahrer zum Umdenken zwingen

Seinen Einsatz für eine bessere Radinfrastruktur versteht das Bündnis Radwende auch als Unterstützung für den lokalen Einzelhandel. Es verweist auf eine Studie der Händlergemeinschaft „Initiative Bochumer City“ (IBO). Rund 40 Prozent der Kunden kommen danach aus den angrenzenden Stadtteilen. „Eine ideale Entfernung zum Radfahren“, so das Bündnis.

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IBO-Sprecher Marc Mauer begrüßt grundsätzlich jeglichen Ausbau des Bochumer Radwegenetzes. „Ich habe auch kein Problem damit, die Parkstreifen auf dem Südring aufzuheben, aber den Ring einspurig zu machen, das geht gar nicht.“ Die Bogestra nutze diesen mit zahlreichen Linien, eine einzige Autopanne würde bei der einspurigen Lösung dann zu einem Kollaps des Verkehrs führen, so Mauer.

Kunden aus den umliegenden Städten kommen mit dem Auto nach Bochum

Die gute Erreichbarkeit der City mit dem Auto müsse auf jeden Fall erhalten bleiben. „Viele unserer Kunden kommen aus Witten, Hattingen oder Recklinghausen. „Diese Familien kommen nicht mit dem Fahrrad.“ Mauer wirbt für eine faire Diskussion. „Das Argument Fahrradwege sind unnötig, weil nur wenige Menschen Fahrrad fahren, ist ebenso zu kurz gegriffen wie eine grundsätzliche Verteufelung des Autos.“

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