Bochum. Mit großem Mut hat sich Flüchtling Mo Al Jarkas in einer Autosattlerei vorgestellt. Der Anfang einer Geschichte, die zwei Männer glücklich machte.

Eines Tages, im Herbst 2019, taucht Mo Al Jarkas in der Halle der Autosattlerei Witt in Gelsenkirchen auf. Er spricht Inhaber Andreas Witt an und fragt, ob dieser Arbeit für ihn hat. Das Deutsch des Bochumers, der 2014 aus Syrien nach Deutschland floh, ist zu diesem Zeitpunkt sehr gebrochen. Doch die Verständigung klappt und die Chemie stimmt. Nur wenige Wochen später, nach einen Praktikum, hat der heute 34-Jährige einen festen Job.

Mo Al Jarkas (r.) und seinen Chef Andreas Witt verbindet mittlerweile ein freundschaftliches Verhältnis. Seit einem Jahr arbeitet der Mann aus Syrien in der Sattlerei Witt in Gelsenkirchen.
Mo Al Jarkas (r.) und seinen Chef Andreas Witt verbindet mittlerweile ein freundschaftliches Verhältnis. Seit einem Jahr arbeitet der Mann aus Syrien in der Sattlerei Witt in Gelsenkirchen. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Fast ein Jahr ist das her und beide – Arbeitgeber und Mitarbeiter – könnten heute nicht glücklicher darüber sein, dass Al Jarkas den mutigen Schritt gewagt hat, sich bei Witt vorzustellen. Dieser fragte Al Jarkas direkt, ob er einige Fähigkeiten eines Autosattlers beherrscht. Das konnte der junge Syrer bejahen, schließlich hat er in seiner Heimat parallel zur Schule und bis zu seiner Flucht in einer Fahrzeugsattlerei gearbeitet. „Man merkt natürlich, dass es dort ganz andere Standards gibt als hier“, merkt Witt an. Doch mit der Arbeit seines neuen Mitarbeiters ist er sehr zufrieden.

„Er hat mir von seiner Flucht erzählt. Da floss auch mal eine Träne.“

Al Jarkas liebt seinen Job: „Ich arbeite so, als wäre es meine eigene Firma und gehe mit den Autos so um, als wären sie mein Eigentum“, sagt der sympathische Mann, dessen Worten seine Zuhörer direkt Glauben schenken können.

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Das Verhältnis zwischen Witt und Al Jarkas geht mittlerweile über ein berufliches hinaus, beide reden freundschaftlich miteinander. „Ich habe ihm auch das Du angeboten“, erklärt Witt, in dessen Betrieb neben Al Jarkas noch ein weitere Mitarbeiter arbeitet. Doch Al Jarkas erwidert: „Das wollte ich nicht annehmen.“ Er will den Respekt, den er vor seinem Chef hat, deutlich machen. Der hat ihm auch privat viel geholfen, bei Behördengängen oder auch dem Transport von Möbelstücken. Gerne verbringen beide den ein oder anderen Abend miteinander. Witt: „Er hat mir von seiner Geschichte erzählt und der Flucht. Da floss auch mal eine Träne.“

Flucht aus Syrien – mit dem gerade 14 Jahre alten Bruder

Gemeinsam mit seinen beiden Brüdern floh Al Jarkas vor fast sechs Jahren aus Syrien. Sie kamen über den Libanon, die Türkei, Griechenland und Italien nach Deutschland. Der Jüngste der drei Brüder war da gerade 14 Jahre alt. Sein Deutsch ist mittlerweile einwandfrei und er arbeitet in einem Hotel in Essen.

So viele Flüchtlinge konnte das Jobcenter bisher vermitteln

Mo Al Jarkas hat als anerkannter Flüchtling Geld vom Jobcenter erhalten. Seit er bei der Autosattlerei Witt arbeitet, bekommt er das nicht mehr.

Insgesamt konnte das Jobcenter im Jahr 2019 1580 Flüchtlinge in einen Job vermitteln, 2016 waren es 320, teilt Sprecher Johannes Rohleder mit. Der Anteil der leistungsberechtigten Flüchtlinge lag 2019 bei 6456, 2016 waren es 3421. „Insgesamt sind wir mit der Quote sehr zufrieden“, so Rohleder.

Al Jarkas ist sehr dankbar: „Mir wurde hier in Deutschland viel geholfen, ich habe eine Wohnung bekommen.“ Er möchte dafür etwas zurückgeben, auch an seinen Chef, der ihm immer hilft. „Wir haben uns darüber schon oft unterhalten“, sagt Witt. „Am Anfang habe ich gedacht, dass er schleimen will, aber er meint das wirklich ernst.“

Al Jarkas hat in Bochum eine Familien gefunden

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Der größte Traum des 34-Jährigen ist es, seine Eltern wiederzusehen, die noch immer in Syrien leben. „Ich habe meine Mutter seit Jahren nicht mehr gesehen. Als ich gegangen bin, hatte sie dunkle Haare, jetzt sind ihre Haare grau.“ Doch komplett zurückgehen, das kommt für ihn und seine Brüder nicht in Frage. Der Syrer, der in seiner Freizeit Fitnesstraining macht, ist glücklich mit seinem Leben und seinem Beruf: „Für mich ist das hier wie eine Familie.“