Bochum. Das Bochumer Café Treibsand steht vor einer ungewissen Zukunft. Der Chef sattelt auf den Fahrradhandel um. Am Springerplatz rückt das Ende näher.
Peter Schulze hat auf Sand gebaut. Seit 40 Jahren betreibt er das „Café Treibsand“. Nun steht die Gastro-Institution vor einer ungewissen Zukunft. Der Chef sattelt auf Fahrräder um. „Ich mache definitiv nicht weiter“, sagt Schulze. Ob es am Springerplatz eine Nachfolge gibt, ist offen.
1980 hatte Peter Schulze das Café Treibsand eröffnet – damals an der Castroper Straße, zwischen Stadion und Planetarium, dort, wo heute „Tante Yurgan’s Café“ zu Hause ist. Der entspannte Szenetreff entwickelte sich zu einem Urgestein der reichen Bochumer Kneipenlandschaft.
Café Treibsand in Bochum: „Radbar“ als zweites Standbein
2011 erfolgte der Umzug in den Bunker am Springerplatz. „Der Anfang war schwer. Der Umbau des Platzes dauerte viel länger als angekündigt. Aber wir haben uns bekrabbelt“, schildert Peter Schulze. Anteil daran hatte der Moltkemarkt, Bochums einziger privater Feierabendmarkt, der seit 2013 freitags Hunderte Besucher auf den Springerplatz lockt und schnell zum Erfolgsformat avancierte.
Peter Schulze ist der Marktmeister. Doch der Markt allein sichert nicht das Überleben. Deshalb trägt sein Café seit Frühjahr 2019 den Zusatz „Radbar“. Die Idee: Radfahrer können sich im „Treibsand“ nicht nur treffen und stärken, sondern ihre Räder bei Bedarf auch reparieren. Platte Reifen, lockere Schrauben, defektes Licht: Für das nötige Werkzeug und Ersatzteile ist gesorgt.
Terrasse ist nur freitags geöffnet
Das „Shop-im-Shop-Konzept“ habe gut funktioniert, berichtet Peter Schulze. So gut, dass er im Sommer 2019 weiter am Rad drehte. Er übernahm den Ruhrgebiets-Vertrieb des österreichischen Herstellers „Vello Bike“. Dessen Verkaufsschlager ist ein zusammenklappbares E-Bike, das sich beim Fahren selbst auflädt. Kostet ab 3000 Euro, „findet aber immer mehr Käufer“, sagt Schulze.
Seine Entscheidung, neben dem Café auch aufs Rad zu setzen, sollte sich spätestens im März auszahlen. Corona legte die komplette Gastronomie monatelang lahm. Schulze strampelte sich mit dem Rad-Verkauf durch die Krise – und tut es bis heute. Das Lokal ist geschlossen. Die Cafè-Terrasse betreibt er nur während der Öffnungszeiten des Moltkemarktes. Das soll vorerst auch so bleiben, versichert er. Allerdings nur, bis ein neuer Pächter gefunden sei – so ambitioniert das inmitten der Corona-Krise auch ist. „Für mich hat es dann hier ein Ende.“
Ehepaar betreibt „Bude 128“ am Kemnader See
Das ist wie so oft auch ein Anfang. In Herbede hat Schulze ein Ladenlokal angemietet. Ab Herbst will er ein Fahrradgeschäft an den Start bringen. Diesmal ohne Café.
Moltkemarkt beginnt schon um 15 Uhr
Wegen der Corona-Beschränkungen läuft der Moltkemarkt auf dem Springerplatz derzeit von 15 bis 18 Uhr. Normalerweise sind die Stände des einzigen Feierabendmarktes in Bochum von 16 bis 20 Uhr geöffnet.
Der bei vielen Besuchern beliebte Verzehr von Speisen und Getränken auf dem Markt muss vorerst ausfallen. Nur das Einkaufen ist erlaubt.
Allerdings bietet Peter Schulze an, die Markt-Leckereien nebenan auf der Terrasse seines Café Treibsand bei einem Getränk zu genießen.
Infos: www.moltemarkt.de
Gastronomisch geht’s dennoch weiter. Mit seiner Ehefrau Claudia Pigos (59) hat Schulze einen Kiosk am Kemnader See von der Freizeitmetropole Ruhr angemietet. Im April erweckten sie die „Bude 128“ zu neuem Leben. Auf 300 Quadratmetern (inklusive Biergarten) werden Speis und Trank serviert.
Kiosk soll ganzjährig öffnen
Vom „Treibsand“ zum Südufer: „Das ist unsere Zukunft“, sagt das Ehepaar, das am See von der Corona-Krise profitiert. Nie zuvor gab es in Kemnade so viele Spaziergänger, Rad- und Inlinefahrer wie in den vergangenen vier Monaten. „Es läuft sehr gut“, freut sich Peter Schulze.
Ursprünglich war geplant, die Bude im Oktober bis zum Frühjahr zu schließen. „Jetzt denken wir darüber nach, den Kiosk ganzjährig zu bewirtschaften.“