Bochum. Von der Taubenzucht zur Bienenzucht: Das Industriemuseum Zeche Hannover macht auf die Beziehung von Mensch und Tier im Ruhrgebiet aufmerksam.
„Boten, Helfer und Gefährten“ heißt eine Ausstellung, die der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) bis zum 25. Oktober im Industriemuseum Zeche Hannover in Bochum zeigt. Sie folgt den Spuren von Bienen, Schweinen, Tauben und Pferden in Westfalen und im Ruhrgebiet. Und den Menschen, denen sie dienten.
Früher waren es die Hausschlachtung und die Brieftaubenzucht, heute sind es und das „Urban Bee-Keeping“, die Bienenpflege in der Großstadt. Seit je sind Mensch und Tier eine enge Beziehung eingegangen: Die Schau auf Zeche Hannover beleuchtet mit über 300 Exponaten und an vielen Info-Stationen das wechselvolle Verhältnis von Tier und Mensch vom Industriezeitalter bis in unsere Zeit.
Das Spektrum ist weit, man kann einen Bienenkorb aus den 1930er Jahren ebenso bewundern wie das Geschirr des letzten Grubenpferdes von Zeche Zollern.
Ein Fallschirm für Tauben
Skurril: auch ein Fallschirm für Nachrichtentauben aus dem Krieg wird ausgestellt.„Trotz der Dominanz der Maschinen haben bis in die 1960er-Jahre hinein Menschen und Tiere gemeinsam gearbeitet. Erst danach sind die Pferde aus den Bergwerken und aus dem Straßenbild verschwunden“, weiß Museumsleiter Dietmar Osses.
Wohl wahr: Viele können sich an den „Klüngelskerl“ erinnern, der einst mit Pferd und Wagen durch die Straßen zog, um Schrott zu sammeln. In den Zechenkolonien gehörte über Jahrzehnte die Selbstversorgung wie selbstverständlich dazu. Damals wurden Schweine und Kaninchen im Hof geschlachtet und verwurstet - heute nicht mehr vorstellbar.
Überhaupt hat sich der Umgang der Menschen mit den Tieren im Ruhrgebiet sehr verändert. „Tiere sind heute eine Sache der Freizeit und des Wohlbefindens – vom Sport bis zum Haustierliebe“, so Museumsleiter Osses.
Vier Themenkomplexe sind zu finden
Zwar sind aus dem Alltag der Menschen viele Tiere verschwunden, aber eine sich ändernde Einstellung zu Tieren zeigt sich etwa im Trend zu vegetarischer oder veganer Ernährung. Gleichzeitig investieren viele Menschen Geld, um ihre Sport- oder Haustiere mit speziellem Futter oder Accessoires zu verwöhnen.
Die Ausstellung gliedert sich in vier Themenkomplexe:
Schweine. Ob schlau und niedlich oder verfressen und unrein – die Einstellungen der Menschen zu Schweinen ist voller Widersprüche. Deren Haltung, Tötung und Verarbeitung sind, im Gegensatz zu früher, heute im Alltag kaum sichtbar. In der Populärkultur begeistern Figuren wie „Peppa Pig“ vor allem Kinder. Die Ausstellung zeigt z.B. die Ausrüstung für die Hausschlachtung aus einem Bergmannshaushalt mit Leiter, Krummholz und Messern und ein „Wühlophon“ zur Beschäftigung von Schweinen.
Erste Pferderennbahn in Castrop
Pferde. Westfalen gilt als Pferdeland – Wildpferdbestände im Emscherbruch begründeten einst die Pferdemärkte in Crange, Bottrop und Umgebung. Bis 1966 ackerten Tausende von Grubenpferden unter Tage. „Das Industriezeitalter brachte aber auch den Pferdesport ins Revier. Der irische Unternehmer Mulvany veranstalte in der von ihm begründeten Rennbahn in Castrop 1875 das erste Pferderennen im Ruhrgebiet. Galopp- und Trabrennbahnen folgten in vielen Revierstädten. Heute ist der Reitsport ein Massenphänomen.
Tauben. Ruhrgebiet - Land der Tauben. Die Arbeiterkolonien boten mit ihren Gärten und Dachböden ideale Voraussetzung für einen Taubenschlag. Neben der Zucht waren Wetten auf den Ausgang von Preisflügen für attraktiv. Ab 1900 entwickelte sich das Ruhrgebiet zum Zentrum der Brieftaubenzucht in Deutschland und hält diese Position weiterhin, trotz eines deutlichen Rückgangs der aktiven Züchter . „Du bist das Himmelbett für Tauben“, dichtete schon Herbert Grönemeyer über seine Heimatstadt Bochum.
Bienen. Sie gelten als fleißige und nützliche Insekten. Produkte der Honigbienen sind sehr begehrt. Schon 1776 verfasste der Bochumer Gelehrte Carl Arnold Kortum ein Werk über die Grundsätze der Bienenzucht. Heute symbolisieren die Immen Umweltschutz und Artenvielfalt; die „Urban-Beekeeping“-Bewegung hat längst auch das Ruhrgebiet erreicht.
Führungen nur nach Anmeldung
Wegen Corona werden gegenwärtig nur Führungen für angemeldete Gruppen bis maximal zehn Personen und Führungen für Familien angeboten. Industriemuseum Zeche Hannover, Günnigfelder Straße 251, Info und Anmeldung: 0234/ 282539-0.