Bochum. . Die Bewerbungsfrist auf die Stelle als Generalmusikdirektor ist abgelaufen, die Findungskommission tagt. 2020 soll der Neue/die Neue übernehmen.
Die Bewerbungen um die Nachfolge von Generalmusikdirektor Steven Sloane laufen. Schon im Frühjahr sollen erste Kandidaten gesichtet werden. Nach dem Jahreswechsel entscheidet eine Findungskommission unter dem Vorsitz von Kulturdezernent Dietmar Dieckmann (SPD), wer zum Saisonstart 2020/21 bei den BoSy den Dirigentenstab schwingt. Die WAZ beantwortet einige Fragen rund um die Neubesetzung.
Wie ist der Stellenwert der BoSy in der Klassikwelt?
Das städtische Bochumer Orchester, 1919 begründet, ist ein renommierter Klangkörper, dessen Name in der Fachwelt seit Jahrzehnten mit dem seines Dirigenten verbunden ist („Sloane-Orchester“). Schwerpunkt war bislang die Musik von der Romantik bis zur Moderne. Das Ensemble musizierte regelmäßig bei Festivals wie der Ruhrtriennale und geht auf Gastspielreisen von Amsterdam bis Südkorea. Es besteht aus 85 Musikern verschiedener Nationen. Zweimal (1996/1997 und 2004/2005) wurden die Symphoniker mit der begehrten Auszeichnung „Das beste Konzertprogramm” geehrt.
Warum wird überhaupt ein neuer Dirigent gesucht?
Steven Sloane, der 1994 als GMD nach Bochum kam, hatte im Juni 2018 erklärt, dass er seinen bis 2020 laufenden Vertrag nicht verlängern werde. Er will sich auf freie Dirigiertätigkeit verlegen.
Wie beliebt ist die Stelle?
Bochum wird als attraktiver Standort wahrgenommen, was einerseits an der Qualität des Orchesters, aber auch an dem neuen Musikforum liegt, das nach wie vor viel überregionale Aufmerksamkeit erregt. Wieviele Bewerbungen eingegangen sind, wird offiziell nicht gesagt; die Anzahl liege im „üblichen Bereich“, so BoSy-Geschäftsführer Kipp. Die Bewerbungsfrist ist erst vor einer Woche abgelaufen.
Was wird verlangt?
Die Anforderungen sind hoch, man möchte keinen Anfänger, der noch nie ein Orchester geleitet hat, aber auch keinen populären Chefdirigenten, der nur zu den Konzerten eingeflogen wird. So dürfte die Wahl auf jemanden hinaus laufen, der/die bereits eine Chefpositionen bei einem vergleichbar großen Orchestern inne hatte oder hat und über die nötige Organisationserfahrung verfügt. Was die in den letzten fünf, sechs Jahren verstärkt ans Pult drängenden Künstlerinnen angeht, gibt man sich in Bochum betont aufgeschlossen: „Wir haben das Thema Dirigentinnen bewusst im Blick“, so Kulturdezernent Dieckmann.
Welche Impulse soll der Neue setzen?
Außer dem künstlerisch-musikalischen Akzent, der sich in der individuellen Programmgestaltung niederschlagen wird, sollen sowohl das Orchester als auch das Musikforum in die Zukunft hinein entwickelt werden. Deshalb dürfte die Stärkung der Kernkompetenz des Orchesters im besonderen Bochumer Klang-Umfeld ganz oben auf der Agenda stehen. Dazu kommen die Weiterentwickelung des Programmangebots für unterschiedliche Zielgruppen, die verstärkte Kommunikation mit dem Publikum sowie Kooperationen – von der Musikschule bis zur Triennale.
Welches Gehalt wird gezahlt?
Die Entlohnung des Postens „Generalmusikdirektor“ unterliegt nicht der Tarifbindung der Orchestermusiker, sondern ist Verhandlungssache. Kulturdezernent Dieckmann spricht von einem „maßgeschneiderten Vertrag mit einem maßgeschneiderten Gehalt“, der angestrebt sei. Bezugspunkt dürfte das bisher übliche Chefdirigenten-Gehalt sein. Sloane verdiente zwischen 200.000 und 240.000 Euro Fixum im Jahr.
Wie geht es weiter?
Die Findungskommission tagt einmal im Monat, um sich abzustimmen. Das Orchester lädt ab Frühjahr ausgewählte Kandidaten zur Konzeption und Leitung eines Konzertprogramms ein. Diese öffentlichen Konzerte sollen – ohne als „Bewerbungskonzerte“ ausgeflaggt zu werden – vermutlich ab Sommer stattfinden. Es kann also lohnend sein, die nächsten „Gastdirigenten“ der BoSy genauer zu beobachten. Vielleicht ist der Sloane-Nachfolger darunter.
Wer entscheidet letztlich?
Über den neuen Mann, die neue Frau entscheidet die Findungskommission, „ohne Zeitdruck“, wie betont wird. Der Kommission gehören der Kulturdezernent, BoSy-Geschäftsführer Thomas Kipp, Marina Grochowski, Referentin des Dezernenten und ehemalige Orchesterdirektorin, drei Mitglieder der Symphoniker sowie die Kulturpolitiker Dieter Fleskes und Hans Hanke (SPD), Lothar Gräfingholt (CDU) und Barbara Jessel (Grüne) an. Angestrebt ist eine einstimmige Entscheidung des Gremiums als Empfehlung an den Rat, der die Personalie beschließt.