Bochum. An kleinen Lungen möchte ein Bochumer Team erforschen, wie die Infektion verläuft und welche Wirkstoffe gegen das neuartige Coronavirus helfen.
An Organoiden aus Stammzellen will ein Bochumer Team erforschen, wie die Infektion mit dem Virus verläuft und welche Wirkstoffe helfen. Organoiden sind gezüchtete Zellgruppen, die den Zellstrukturen von Organen gleichen. Um die Details der Infektion mit dem neuartigen Coronavirus Sars-Cov-2 unter möglichst natürlichen Bedingungen erforschen zu können, lässt ein Forschungsteam der Ruhr-Universität Bochum (RUB) menschliche Lungen-Organoide aus Stammzellen wachsen.
„Das Gewebe weist Eigenschaften der menschlichen Lunge auf und kann als Modell dienen“, erklärt Privatdozent Dr. Thorsten Müller. Diese Technik ermöglicht es auch, Tests mit verschiedenen Wirkstoffen im Hochdurchsatzverfahren durchzuführen. Das Projekt unter Leitung von Dr. Thorsten Müller und Prof. Dr. Stefanie Pfänder, wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung ab 1. Juni 2020 für anderthalb Jahre gefördert.
Modelle lassen sich in großen Mengen herstellen
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Durch den Einsatz von gezüchtetem Gewebe seien keine Tiermodelle oder Tierversuche notwendig. Diese würden nicht unbedingt funktionieren, da sich Mäuse nicht mit dem Coronavirus infizieren würden, berichtet Müller. Organoide wachsen aus sogenannten induzierten pluripotenten Stammzellen ähnlich einem Embryo heran. Die Stammzellen werden durch abgenommenes Blut gewonnen und in diese spezielle Form umgewandelt. Sie haben gegenüber bisher genutzten Tiermodellen und Zellkulturen mehrere Vorteile: Sie leiten sich von menschlichen Zellen ab, lassen sich in großen Mengen herstellen und haben alle denselben genetischen Hintergrund. „Unterschiede aufgrund verschiedener Spender fallen daher weg“, erläutert Thorsten Müller.
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„Im Projekt ist es unser Ziel, dieses Modell in Richtung eines Hochdurchsatzverfahrens mit geringer Variabilität weiterzuentwickeln, um Sars-Cov-2-Infektionen zu untersuchen“, sagt Müller. Sobald das Lungenmodell erfolgreich aufgebaut wurde, interessiert sich das Team dabei sowohl für die Vermehrung der Viren als auch für die Entstehung der Erkrankung Covid-19, die Entzündungsmechanismen und die Ausschüttung von Immunbotenstoffen im Lungengewebe. In der kommenden Woche könnte das Team voraussichtlich mit der Züchtung des Gewebes beginnen. Der Versuch bei einem anderen Forschungsprojekt, Gehirngewebe zu züchten, hätte laut Müller um die 50 Tage gedauert. „Wir werden ein bisschen länger brauchen, da es immer wieder Probleme in der Zellkultur gibt“. Danach könnten die kleinen Gewebeklumpen (Organoide) für die Forschung in großen Mengen hergestellt werden. „Wenn das funktioniert, können wir auch andere Krankheiten untersuchen“, sagt der Forscher.
Viren leuchten grün unter dem Mikroskop
Projekt „Organsars“
Das Projekt heißt „Analyse von Sars-Cov-2 infizierten humanen Lungen-Organoiden“, kurz Organsars. Prof. Dr. Stefanie Pfänder forscht in der Abteilung für Molekulare und Medizinische Virologie der Ruhr-Universität Bochum.
Privatdozent Dr. Thorsten Müller ist Leiter der Arbeitsgruppe „Cell Signalling“ in der Abteilung für Molekulare Biochemie der RUB und Gruppenleiter am Institut für Psychiatrische Phänomik und Genomik der Universitätsklinik der Ludwig-Maximilians-Universität München.
Darüber hinaus wird das Team analysieren, wie sich die Infektionsraten unter Anwendung antiviraler Substanzen verhalten. Auch eine Bibliothek neuer Substanzen soll getestet werden. Damit die Viren unter dem Mikroskop besser erkennbar sind, wurde dem Virus ein Gen eingepflanzt. Dadurch leuchten sie grün.
„Für diese Experimente werden wir ein Reporter-Sars-Cov-2-Virus verwenden, in dessen Genom eine Sequenz für das grün fluoreszierende Protein integriert wurde“, erklärt Prof. Dr. Stephanie Pfänder von der Abteilung für Molekulare und Medizinische Virologie der RUB. Sie war kürzlich an der Herstellung des ersten molekularen Sars-Cov-2-Klons beteiligt. Dadurch hoffen die Forscherinnen und Forscher, einen geeigneten antiviralen Wirkstoffe finden zu können.
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