Bochum. Sebastian Kleinrahm war für sechs Monate über ein Hilfsprojekt in der autonomen Region Somaliland. Dort hat er nicht nur Medizinisches gelernt.

Als er vor Ort ankam, da war er zunächst überwältigt: Überall Waffen, bittere Armut, eine streng muslimische Gesellschaft. „Ich habe mich gefühlt wie in einem Actionfilm“, sagt Sebastian Kleinrahm aus Bochum, der für sechs Monate in einem Hilfsprojekt der Organisation „Cap Anamur“ mitgearbeitet hat.

Denn viel hat der 25-Jährige zuvor nicht über die autonome Region am Zipfel Ostafrikas, zwischen Äthiopien und Dschibuti, gewusst. „Nur das, was man eben so hört – politische Instabilität, Piraterie, Entwicklungsland “, sagt der Gesundheits- und Krankenpfleger, der in Bochum auf der Intensivstation im Knappschaftskrankenhaus arbeitet.

Krankenpfleger aus Bochum arbeitet sechs Monate in Somalia

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Ein halbes Jahr und dutzende Erfahrungen reicher sieht das anders aus: „Mein neues Lieblingsessen sind somalische Spaghetti Bolognese, dazu ein Schwarztee mit Kamelmilch“, berichtet Kleinrahm. Der Entschluss, nach Hargeysa – der Hauptstadt von Somaliland im Norden Somalias – zu gehen, fiel relativ spontan. „Kurz nach meiner Onlinebewerbung bei Cap Anamur wurde ich angerufen und gefragt, ob ich in drei Wochen nach Somalia gehen möchte“, erinnert sich Kleinrahm.

Als Manager eines Hospitals für die Apotheke eingekauft

Zur Auswahl standen auch noch Projekte im Jemen oder in Mosambik, der Bochumer entschied sich jedoch für Somalia. „In Afrika war ich bislang nur im Tauchurlaub in Ägypten. Somalia hätte ich als privates Ziel nie ausgesucht, beruflich hat es mich aber sehr gereizt“, sagt Kleinrahm. „Aufgabe vor Ort ist es, Versorgungslücken im Gesundheitssystem zu schließen“, erklärt er das Ziel des Projektes.

Sebastian Kleinrahm arbeitet auf der Intensivstation des Knappschaftskrankenhauses Langendreer.
Sebastian Kleinrahm arbeitet auf der Intensivstation des Knappschaftskrankenhauses Langendreer. © FUNKE Foto Services | Olaf Ziegler

Konkret bedeutet das: Die Organisation „Cap Anamur“ betreut eine Tagesklinik mit 60 Betten, in der auch die stationäre Gabe von Antibiotika erfolgt. Hinzu kommen eine mobile Klinik sowie die Weiterbildung des lokalen Medizinpersonals.

„Gemeinsam mit einem Schweizer Kollegen war ich vor Ort sozusagen der Manager des Hospitals und habe logistische Aufgaben wie die Bestellung des Apothekenbedarfs oder die Anleitung des lokalen Personals übernommen“, erklärt Kleinrahm. Untergebracht war er dabei im Wechsel in einem Hotel und einem Haus des Hilfprojektes.

Einwohner bestechen durch Offenheit und Herzlichkeit

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In seiner Zeit in Somalia hat Kleinrahm viel Neues gelernt: „Wir haben zum Beispiel einen Notfallraum aufgebaut und ich habe gelernt, dass es in Somalia kein Versicherungssystem gibt. Dort läuft alles über Familien- und Clanzugehörigkeit“, erzählt er weiter.

Doch nicht nur medizinische Lehrstunden hat es gegeben: „Vor allem habe ich Geduld gelernt“, sagt Kleinrahm. Angetan hat es ihm die Offenheit und Herzlichkeit der Einwohner: Während seines Aufenthaltes wurde er etwa privat auf eine Hochzeit eingeladen. „Ich bin in traditioneller Kleidung mit Sandalen, Röhrenrock, Hemd und Schal hingegangen“, berichtet Kleinrahm. Vermissen wird der 25-Jährige das Land auf jeden Fall, einen erneuten Besuch vor Ort hat er neu gewonnenen Freunden versprochen.

Warten auf einen Platz für das Medizinstudium

Nun stehen in Bochum aber erst einmal neue Herausforderungen an: „Ich warte seit sieben Jahren auf einen Platz für ein Medizinstudium und hoffe, dass es dieses Jahr endlich klappt“, sagt Kleinrahm, der davon träumt, Anästhesist zu werden. Das Auswahlverfahren findet im Juli statt.

Bis dahin wird ihn noch ein wenig Wehmut begleiten: „Eigentlich wäre ich nach dem Projekt noch weiter durch die Welt gereist – nach Indien und Indonesien zum Beispiel.“ Warum er das absagen musste, dürfte jedem Leser klar sein.

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