In der Coronakrise trauen sich viele Patienten nicht mehr zum Zahnarzt. Wir testen in einer Bochumer Praxis, ob die Sorgen begründet sind.

Desinfektionsmittelspender am Eingang, ein leeres Wartezimmer und gut abgeschirmte Sprechstundenhilfen: In der Coronakrise erhöhen die Zahnärzte ihre Hygienemaßnahmen noch einmal. Der Besuch einer Praxis in Bochum zeigt: Die Angst vor einer Corona-Infektion ist hier unbegründet.

„Haben Sie irgendwelche Krankheitssymptome“, ist die erste Frage der Zahnarzthelferin hinter der gläsernen Trennwand. Patienten mit Coronaverdacht werden zwar schon im Vorfeld bei der telefonischen Terminvergabe an spezielle Behandlungszentren verwiesen – trotzdem wird hier nachgefragt.

Zu manchen Zahnärzten kommen 80 Prozent weniger Patienten

In den meisten Arztpraxen geht die Zahl der Patienten in der Coronakrise drastisch zurück, insbesondere auch in den Zahnarztpraxen. „Aktuell kommen durchschnittlich gut 50 Prozent zu den Zahnärzten“, erklärt Jost Rieckesmann, Präsident der Zahnärztekammer Westfalen-Lippe, „aber es gibt Praxen, da geht es bis 20 Prozent runter.“ Eine Umfrage unter den Praxen der Zahnärztekammer hätte ihm gezeigt, dass in der Coronakrise viele ihre Zahngesundheit im Stich lassen.

„Als der Lockdown kam und wir Engpässe bei Schutzmasken hatten, haben wir für vier Wochen empfohlen, nur für Schmerz- und Notfallbehandlungen vorbeizukommen“, sagt Rieckesmann, „das hat zu massiven Rückgängen in den Praxen geführt.“ Die Folgen seien sich schon jetzt sichtbar.

Neue Glasabtrennungen schaffen in den Bochumer Zahnarztpraxen eine Barriere zwischen Patienten und Sprechstundenhilfen. Die Versichertenkarte wird kontaktlos eingelesen.
Neue Glasabtrennungen schaffen in den Bochumer Zahnarztpraxen eine Barriere zwischen Patienten und Sprechstundenhilfen. Die Versichertenkarte wird kontaktlos eingelesen. © FUNKE Foto Services | Olaf Ziegler

Erkrankungen flammen in den Zahnarztpraxen wieder auf

„Wir sehen jetzt häufiger akute Vereiterungen, die man sonst relativ selten in den Praxen sieht“, erklärt der Kammerpräsident, der selbst als Zahnarzt praktiziert. Auch Zahnfleischerkrankungen würden regelmäßiger Nachsorge bedürfen. „Wenn solche Termine unterbleiben, flammen diese Erkrankungen schnell wieder auf“, erklärt Rieckesmann, „unter Umständen muss man dann mit Zahnverlust und ähnlichem zu rechnen.“

Mittlerweile seien die Engpässe bei den Schutzmaterialien überwunden, Patienten sollten wieder ihre Zahnarzttermine wahrnehmen. Die Sorge der Patienten vor eine Corona-Ansteckung in der Zahnarztpraxis sei unbegründet.

Diesen Eindruck macht auch eine Zahnarztpraxis im Bochumer Zentrum. Zwischen den Patienten-Terminen werden größere Lücken gelassen, damit das Wartezimmer möglichst leer bleibt. Schilder an den Wänden weisen auf den Mindestabstand hin und eine extra eingebaute Glaswand trennt die Sprechstundenhilfen von den Patienten. Kein Kontakt kommt zustande – der Gesundheitsfragebogen wird unter einem Glasschlitz hindurchgeschoben, die Versichertenkarte wird von den Patienten kontaktlos eingelesen.

Kammerpräsident: Hygienemaßnahmen in Zahnarztpraxen sind auf Klinikniveau

Zahnärztekammer Westfalen-Lippe

Die Zahnärztekammer Westfalen-Lippe ist die berufliche Vertretung der Zahnärzte in den Regierungsbezirken Arnsberg, Detmold und Münster.

Präsident der Zahnärztekammer ist Jost Rieckesmann.

Die Kammer vertritt rund 8.200 Zahnärztinnen und Zahnärzte.

Die Zahnärztekammer kümmert sich um berufsrechtliche, berufsethische und allgemein-zahnärztliche Belange.

Erst im Behandlungsraum nehmen die Patienten ihre Schutzmasken für die Behandlung ab. Über dem sonst üblichen Mundschutz tragen die Zahnärzte und Zahnarzthelfer hier einen zusätzlichen Gesichtsschild bei der Behandlung, verwenden bei manchen Behandlungen steril verpackte Handschuhe und unterlassen bei Prophylaxeuntersuchungen den sogenannten „Airflow“, durch den Keime aus dem Mundraum sich im Behandlungszimmer verteilen könnten.

„Schon immer waren Zahnärzte in ihren Praxen gesetzlich dazu verpflichtet, intensive Hygienemaßnahmen durchzuführen: auf Klinikniveau“, sagt Jost Rieckesmann. „Kein Patient muss sich Sorgen machen, er könnte sich in der Zahnarztpraxis mit Corona infizieren. Da kann man sich vollkommen sicher sein: Wir haben zeitliche Trennung, wir haben räumliche Trennung“, so der Kammerpräsident, „deshalb bitten wir alle Patienten ganz dringend ihre normalen zahnärztlichen Behandlungen wieder aufzunehmen.“

Weitere Entwicklungen zur Coronakrise in Bochum gibt es im Newsblog.

Eine Echtzeitkarte zu Corona-Infektionen in NRW finden Sie hier.