Bochum. In der Corona-Krise bleiben die Bühnen leer. Das Prinz-Regent-Theater in Bochum verzichtet trotzdem nicht auf die Premiere seines neuen Stückes.
Eigentlich hätte es dieser Tage eine Doppelpremiere im Prinz-Regent-Theater gegeben: Die beiden Stücke „Die Hausherren“ und „Grünes Licht“, mit denen sich zwei junge Autor/innen beim ersten Dramatikerwettbewerb von PRT, Rottstraße 5 und Zeitmaul-Theater durchsetzten, wären dann feierlich uraufgeführt worden. Es hätte Ovationen für die Darsteller und Blumen für die gerührten Dramatiker gegeben, die stolz aber verschüchtert auf der Bühne gestanden hätten, wie sie es immer tun.
Erste Online-Uraufführung
Doch nun ist alles anders. Auf unbestimmte Zeit gibt es kein Theater mehr, in das man gehen könnte. Wie sehr einem das fehlt – der Beifall, die Buhs und diese spezielle Art von Energie, die entsteht, wenn man etwas gemeinsam erlebt: Das führt jetzt das Prinz-Regent-Theater in seiner ersten Online-Uraufführung vor Augen, die am Donnerstag, 23. April, über die virtuelle Bühne geht. Die WAZ war bereits bei einer Probe am Handy dabei.
Alles wird live gespielt
Der Clou: „Die Hausherren“ wird nicht etwa aufgezeichnet und dann bei Youtube als Konserve gesendet, wie es momentan gern üblich ist. Alles wird live gespielt, die Zuschauer sind über den Videodienst „Skype“ per Computer und Smartphone unmittelbar zugeschaltet. Kurz angemeldet, öffnet sich die Bühne auf einem zweigeteilten Bildschirm, der auf meinem Handy kaum größer als 12 Zentimeter ist. Auch die anderen Zuschauer sind dabei, man sieht sie in kleinen Kreisen am Bildschirmrand daheim in ihren Wohnzimmern sitzen.
Vor Beginn gibt's eine Einführung
Regisseurin Damira Schumacher gibt vor Beginn eine Einführung und erklärt, dass man das eigene Mikro und die Kamera während der Vorstellung besser ausschalten sollte, sonst verursacht man nur einen Datenstau. „Und wenn das Bild zwischendurch mal ausfällt, dann keine Panik“, meint sie diplomatisch. „Dann genießen Sie das Stück eben als Hörspiel.“
Wofür man allein schon den Hut ziehen sollte: Der jungen Theatermacherin, die Regie an der Folkwang-Uni studiert, ist das Kunststück gelungen, ein Stück zu inszenieren, ohne ihre Darsteller ein einziges Mal zu treffen. Helge Salnikau befindet sich in einer Dachgeschosswohnung in Bochum, während sein Spielpartner Pascal Riedel im Wohnzimmer seiner Kölner WG sitzt. Beide schauen in ihre Webcams und legen beherzt los.
Gut für ein Experiment geeignet
Dabei eignet sich das Stück für ein solches Experiment überraschend gut. In „Die Hausherren“ erzählt Rafael Ossami Saidy von zwei Personen, die in einer verwahrlosten Küche hausen. Was draußen vor der Tür vor sich geht, wissen sie nicht. Eine unbekannte Bedrohung scheint Fabio und Golf bis ins Mark zu erschüttern. Ob das ein Krieg, ein Terroranschlag oder ganz aktuell der Ausbruch eines unbekannten Virus ist, bleibt offen. Berichtet wird von „unheimlichem Leid“, das langsam in die gute Stube der beiden zu kriechen scheint und ihren Verstand gründlich vernebelt. Beide retten sich in eine Schockstarre und suchen ihr Heil im Stillstand: „Alles bleibt, wie es ist“, so das nüchterne Fazit. „Nichts kann mehr schlechter werden.“
Urängste werden skizziert
Endzeit-Szenarien wie dieses gibt es viele, und auch Saidy hat gewiss Samuel Beckett studiert und die hammerharten Greuel-Stücke von Sarah Kane gelesen. Und doch schafft er es, mit nur wenigen Strichen Urängste zu skizzieren: Nichts ist entblößender, als nicht zu wissen, was einen in Gefahr bringt. Auch trotz ihrer beschränkten Möglichkeiten legen Riedel und Salnikau viel in den Text hinein. Gerade in den abgründigen Phasen des knapp einstündigen Spiels erinnert die ganze Ästhetik manchmal an den sensationellen Horrorstreifen „Blair Witch Project“, der ebenfalls nur aus der Sicht einer wackeligen Kamera erzählt wurde, was wahnsinnige Wirkung erzeugte.
Blick aufs Handy-Display
Man möchte Saidy wünschen, dass sein Stück nach dem Ende aller Corona-Krisen auch im Theater aufgeführt wird, wo es gewiss beklemmendere Wirkung entfaltet als daheim auf der Couch. Doch so bleibt vorerst nur der traurige Blick aufs Handydisplay.
>>> Info: Vorstellungen über Skype
Die Vorstellungen am 23. und 24. April sind ausgebucht. Am 27. und 28. April, jeweils um 19.30 Uhr, gibt es noch freie Plätze. Aus technischen Gründen können jeweils nur 20 Zuschauer teilnehmen.
Für die Teilnahme ist ein Zugang über Skype nötig. Eintritt gegen Spende in beliebiger Höhe (ab 1 Euro). Anmeldungen nur per Mail: info@prinzregenttheater.de
Daraufhin bekommt man alle weiteren Instruktionen, um sich in die Vorstellung einloggen zu können.
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