Bochum. Zwei schwer erkrankte Corona-Patienten aus Norditalien werden seit Samstag in Bochum behandelt. Derweil meldet die Stadt ein fünftes Todesopfer.

Im St.-Josef-Hospital in Bochum sind am Samstag zwei Corona-Patienten aus Italien eingetroffen. Die schwer erkrankten Männer (57 und 64 Jahre) werden auf der Intensivstation der Universitätsklinik behandelt: als Akt der Solidarität in höchster Not, wie der Geschäftsführer des Katholischen Klinikums, Prof. Christoph Hanefeld, betont. Unterdessen meldete die Stadt den fünften Corona-Toten in Bochum.

Wie auch weitere Länderchefs hatte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) zugesagt, Corona-Erkrankte aus Italien aufzunehmen. Das Land gehört mit inzwischen mehr als 10.000 Toten zu den weltweiten Epizentren des Virus. Die Situation in den Kliniken, insbesondere in Norditalien, ist verheerend.

Coronavirus in Bochum: Airbus startete in Bergamo

Zehn Patienten aus den besonders betroffenen Regionen Lombardei und Piemont werden in NRW-Krankenhäusern weiterbehandelt - zwei davon im St.-Josef-Hospital. Bereits am Freitag war mit ihrer Ankunft gerechnet worden. Doch der Abflug verzögerte sich mehrfach, ehe am späten Samstagmittag ein Luftwaffen-Airbus, der eine Intensivstation an Bord hat, mit sechs Patienten in Bergamo abhob und in Köln landete. Mit Spezialfahrzeugen wurden zwei der Patienten nach Bochum gebracht.

Um 16.30 Uhr treffen sie am St.-Josef-Hospital ein. "Spezialtransporter für Herz- und Lungenersatzverfahren" prangt auf den beiden Einsatzwagen, auch sie mobile Intensivstationen für den Transport Schwerstkranker. Das sind sie zweifellos, die beiden Beatmungspatienten, die sich in tiefer Narkose befinden, die Augen geschlossen, Mund und Nase von Masken bedeckt. Ob sie in ihrem Leid bald Hoffnung spüren dürfen? Gewiss ist: Sie sind dem täglich tausendfachen Sterben in ihrer Heimat entkommen, in der das Gesundheitssystem längst maß- und gnadenlos überfordert ist. In Bochum erfahren sie nun die bestmögliche intensivmedizinische Betreuung.

Die Katastrophe ist plötzlich ganz nah

Von Ärzten in Schutzausrüstung werden sie aus der Liegendaufnahme schleunig in die Klinik gerollt. Das halbe Dutzend TV- und Presseteams verstummt für einige Augenblicke. Plötzlich ist die Katastrophe, die Italien heimsucht, ganz nahe. Bedrückend nahe.

Christoph Hanefeld ist vor Ort. Viel weiß er noch nicht von den beiden Männern aus Bergamo. Ihr Leben ist - auch wegen Vorerkrankungen - durch das Virus bedroht. Doch sie haben "eine Heilungsperspektive", sagt Hanefeld. Und: Sie waren nach Einschätzung der italienischen Kollegen stabil genug, den Transport zu überstehen. "Das war nach unserem Wissen das wichtigste Kriterium bei der Auswahl."

Ohne zu zögern hatte sich Hanefeld vor wenigen Tagen bereit erklärt, mit dem St.-Josef-Hospital, neben den Uni-Kliniken Bonn und Köln, die Weiterbehandlung zu übernehmen. „Jeder von uns sieht die grauenvollen Bilder. Sie treffen uns bis ins Mark", sagt der Klinik-Chef. Solidarität über die Landesgrenzen hinweg sei das Gebot der Stunde. "Auch wir in Deutschland wissen nicht, wie schwer es uns künftig noch treffen wird."

Oberärztin als Dolmetscherin gefragt

Das Katholische Klinikum verfüge derzeit über ausreichend Kapazitäten. Die Intensivbetten und Beatmungsplätze wurden und werden deutlich aufgestockt, Ärzte und Pflegekräfte umfassend geschult. Das gebe dem St.-Josef-Hospital die Möglichkeit, sich ohne Einschränkungen für andere Patienten an der Hilfsaktion zu beteiligen - auch wenn die Versorgung von zwei Italienern angesichts der dramatischen Entwicklung eher als Geste zu verstehen ist.

Wie lange die beiden Männer in Bochum bleiben, ist nicht abzusehen. Sprachliche Barrieren wird es nicht geben: Dr. Ines Siglienti steht als Dolmetscherin bereit. Die 47-jährige Neurologie-Oberärztin am Katholischen Klinikum stammt aus Italien und will auch den Kontakt zu den Familien der Patienten halten.

Stadt meldet fünften Todesfall

Derweil gibt es einen fünften Todesfall. Ein 81-jähriger Bochumer starb in der Nacht zum Samstag im St.-Josef-Hospital an den Folgen des Coronavirus. Er war Bewohner des Heinrich-König-Seniorenzentrums, das derzeit unter Quarantäne steht. Auch drei der vier bisherigen Todesopfer im Alter von 78, 81 und 89 Jahren waren Altenheim-Bewohner. Hinzu kommt ein 55-jähriger Österreich-Rückkehrer, der sich mutmaßlich im Urlaub angesteckt hatte.

Die Zahl der bestätigten Corona-Fälle in Bochum stieg am Wochenende nur moderat. Nach einer Sitzung des Krisenstabes am Sonntagnachmittag berichtet die Stadt von aktuell 216 Infizierten. Am Freitag waren es 206. 18 Patienten werden stationär in Kliniken behandelt, davon zehn auf Intensivstationen. Mehr als 500 Bürger sind in häuslicher Quarantäne. 24 gelten als gesundet.

Kontrollen in Grünanlagen

Die Ordnungsbehörden hatten für den frühlingshaft-warmen Samstag massive Kontrollen in Parks und Grünanlagen angekündigt. Wie es heißt, gab es nur einige wenige Ermahnungen. Das Kontaktverbot untersagt, dass sich mehr als zwei Personen gemeinsam unter freiem Himmel aufhalten. Ausnahme sind Familien.

Grundsätzlich werden die Ausgangsbeschränkung in Bochum diszipliniert eingehalten, loben Stadt und Polizei und rufen weiterhin dazu auf: "Wir sind für Euch da. Bleibt Ihr bitte für uns zu Hause!"