Bochum. Abstand halten, Patientenaufruf per Handy und Autowartezimmer: Die Kassenärztliche Vereinigung gibt niedergelassenen Ärzten wichtige Tipps.

Niedergelassene Ärzte in Bochum sollen ab sofort die Versorgung ihrer Patienten auf ein „sinnvoll machbares Minimum“ beschränken. Das rät die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Westfalen-Lippe mit Blick auf die Coronavirus-Pandemie. Regel-, Präventions und Routineuntersuchungen sollen nach Möglichkeit verschoben werden. Ebenso planbare diagnostische und therapeutische Maßnahmen.

Nur so könne eine maximale Sicherheit für Patienten und die Praxisteams gewährleistet werden, teilte Bezirksstellenleiter Dr. Eckhard Kampe am Dienstag mit. Bereits jetzt seien in Bochum mehrere Arztpraxen geschlossen. „Diese Entwicklung wird zunehmen“, schätzt Kampe, da die Möglichkeit bestehe, dass weitere Mitarbeiter an Covid-19 erkranken.

Kassenärztliche Vereinigung empfiehlt das Autowartezimmer

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Die KV gibt folgende Handlungsempfehlungen zur Risikominimierung in den Bochumer Arztpraxen:

Mindestabstand 1,5 Meter (Anmeldung, im Wartezimmer und im Sprech-/Untersuchungszimmer).

Nur wenige Patienten sollen gleichzeitig in der Praxis warten. Als Alternative wird das Warten im Auto und der Aufruf per Handy („Autowartezimmer“) vorgeschlagen.

Umfangreiche Telefonsprechstunde/Videosprechstunde statt Präsenzpraxis.

Patienten mit Infekten sollen separat in der Randzeiten der Praxis behandelt werden.

Wichtig sei nun, so, die KV, zentrale Diagnostik- und Therapiezentren zu errichten, in denen ausreichend Schutzkleidung für das medizinische Fachpersonal vorgehalten werde, um Infizierte zu behandeln. Kampe: „Arztpraxen stehen noch immer ohne Schutzkleidung dar und können dieses aktuell nicht leisten.“

Chefarzt ärgert sich über leichtsinnige Bürgerinnen und Bürger

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Umso wichtiger ist es, dass die Bürgerinnen und Bürger sich ab sofort an Hygiene- und Verhaltensregeln halten. „Viele haben es immer noch nicht verstanden“, sagt Prof. Christoph Hanefeld. In den vergangenen Tagen beobachtete er fassungslos, wie zahlreiche Menschen in Parks, auf Spielplätzen oder in Cafés vergnüglich nahe beieinander standen oder saßen – und damit nicht nur ihre, sondern insbesondere die Gesundheit älterer oder kranker Bürger in Bochum aufs Spiel setzen. „Das ist grob fahrlässig“, sagt der Ärztliche Geschäftsführer des Katholischen Klinikums Bochum (KKB).

Prof. Hanefeld appellierte am Dienstag auch im Namen des Gesundheitsamtes der Stadt Bochum und gemeinsam mit Eckhard Kampe an die Vernunft der Menschen. „Bleiben Sie, wann immer es möglich ist, zu Hause!“

Soziale Kontakte soweit wie möglich einschränken

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Die Corona-Krise stelle die Stadtgemeinschaft vor Aufgaben historischen Ausmaßes. Nie habe es in Friedenszeiten eine größere Herausforderung gegeben. Jeder Einzelne müsse privat sehr diszipliniert sein und seine sozialen Kontakte so weit wie möglich einschränken.

„Schließungen, wie sie jetzt angeordnet sind, helfen nur begrenzt, wenn sich die Menschen dann privat in großen Gruppen treffen“, sagt Hanefeld. „Das Katholische Klinikum verfügt aktuell an drei Standorten über 54 Intensivbetten und 31 Beatmungsplätze. Mit Hochdruck arbeiten wir daran, weitere Plätze bereitzustellen.“

Klinikum rekrutiert Studierende und Kräfte aus dem Rettungsdienst

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Das Dilemma: Viele der Intensivbetten sind bereits von „normalen“ Patienten belegt. Seit Freitag erst ist das KKB in der Lage, fünf Corona-Patienten intensivmedizinisch optimal zu behandeln. Diese Kapazität soll so schnell wie möglich verdoppelt werden. Mit zusätzlichen Geräten und durch die Absage von geplanten Operationen.

„Unser Hauptproblem aber ist das Personal“, so Hanefeld. Schon jetzt arbeiteten viele Ärzte und Pfleger am Limit. Klar sei aber, dass zusätzliche Kapazitäten benötigt werden, wenn mehr und mehr Coronavirus-Patienten in die Klinik kommen. Bereits jetzt schon werden Intensivmediziner, die zurzeit nicht in dem Bereich arbeiten, rekrutiert, auch Medizinstudenten höherer Semester und Kräfte aus dem Rettungsdienst sollen die Personalnot lindern helfen.

Die gute Nachricht: Bürger bieten dem Klinikum Hilfe an

Helfen sollen auch striktere Regeln. „Die Besuchsregelung in unseren Krankenhäusern haben wir in mehreren Schritten eingeschränkt. Seit heute lassen wir Besuche nur noch in Härtefällen zu, die mit dem behandelnden Arzt abzusprechen sind. Notfallpatienten dürfen nur von einer einzigen Person begleitet werden“, so Hanefeld.

Im Katholischen Klinikum Bochum gibt es übrigens derzeit keinen Versorgungsengpass wie in den Hausarztpraxen. Hanefeld: „Wir sind vernünftig bestückt.“ Auch an anderer Stelle gibt es gute Botschaften. „Uns erreichen derzeit viele Anrufe aus der Bevölkerung, in denen Menschen uns ihre Hilfe anbieten. Das ist beachtlich. Wir werden diese helfenden Hände benötigen.“