Bochum. Sabine Gaska kümmert sich in einer Bochumer Onkologie-Praxis um Krebskranke. Sie hält sich an Verhaltenshinweise zum Coronavirus und ist wütend.

Nach einem langen Arbeitstag in der Praxis für Krebspatienten platzt Sabine Gaska auf der Fahrt nach Hause der Kragen: Auf den Gehwegen flanieren Familien und Senioren durch den lauen Frühlingsabend, die Eisdielen und Einkaufszentren sind voll – „Corona-Ferien“. Das sich ausbreitende Coronavirus scheint Menschen in Bochum noch immer nicht in ihre Wohnungen zu zwingen. „Unfassbar egoistisch“, schimpft die medizinische Fachangestellte.


+++Coronavirus in Bochum:
alle aktuellen Nachrichten gibt es im Newsblog!+++

Nur wenige Stunden vorher hat die 57-Jährige – wie bereits seit acht Jahren – in der Praxis an der Brückstraße noch Krebskranke im Akkord versorgt: Chemotherapie anstecken, trösten. Die Verunsicherung bei den schwer erkrankten Patienten sei momentan noch größer als ohnehin schon. Denn auch sie gelten als „Risikopatienten“.

Coronavirus in Bochum: Menschen sollen sich einschränken

Ein Infekt – gar mit dem Coronavirus – könnte sie das Leben kosten. „Das betrifft auch 23-Jährige und Kinder. Es sind nicht ‘nur’ die Alten“, sagt Sabine Gaska. „Unsere Patienten sind darauf angewiesen, dass sich andere Menschen an die soziale Isolation halten. Aber was ich momentan erlebe, ist einfach nur furchtbar! Ihr spielt mit dem Leben anderer Menschen, der schwächsten.“

Die Bochumerin erzählt, wie sie selber ihr Leben in den vergangenen Tagen eingeschränkt hat: Autofahrt zur Arbeit und zurück. Einkaufen. „Mehr nicht. Ich besuche weder Sohn noch Schwiegertochter. Ich bleibe zu Hause – zum Schutz anderer! Achtet doch einfach auf eure Mitmenschen.“

Medizinische Fachangestellte macht ihrem Ärger auf Facebook Luft

Umso wütender macht es sie, dass nicht alle ihr Leben in diesen Tagen so anpassen. „Wir versuchen in der Praxis alles so gut wie möglich hinzubekommen, obwohl auch wir nicht genügend Schutzkleidung und Mundschutz haben. Wir gehen am Stock, geben aber trotzdem unser Bestes. Und andere Menschen genießen in der Zwischenzeit ihre Ferien, gefährden damit unsere Patienten. Das ist eine bodenlose Frechheit.“

Die 57-Jährige macht ihrem Ärger im sozialen Netzwerk Facebook Luft – und erntet fast nur positive Reaktionen. Viel Unterstützung gibt es für ihren Appell: „Bleibt Zuhause!“ Die medizinische Fachangestellte warnt: „Wenn wir uns jetzt nicht einschränken, werden unsere Krankenhäuser ebenso überfüllt sein, wie in anderen Ländern.“ Viel Hoffnung auf Vernunft habe sie aber nicht mehr. „Ich hoffe darauf, dass es einen bundesweiten Hausarrest geben wird. Nur so werden sich die Menschen daran halten.“

Virologe: Alleine Joggen oder Spazieren im Wald ist okay

Eike Steinmann, Virologe an der Ruhr-Universität Bochum erklärt, warum es so wichtig im Kampf gegen das Coronavirus ist, auf soziale Kontakte möglichst zu verzichten: „Momentan ist es vor allem wichtig, die Infektionswelle zu verzögern.“ Der beste Weg dafür: Keine sozialen Kontakte und zu Hause bleiben!

„Es ist okay, mit dem Hund in den Wald oder alleine joggen zu gehen. Das mache ich auch, die frische Luft tut gut und die Sonne ist gut für die Psyche.“ Aber: Menschen sollten möglichst Abstand voneinander halten. Das gelte auch für das enge Nebeneinandersitzen in Eisdielen.