Bochum-Weitmar. Die Bezirksvertretung Bochum-Südwest tagt wegen Corona nur in kleiner Runde. Das stört einige Bürger. Denn es geht um wichtige Themen im Bezirk.

Das öffentliche Leben in Bochum steht weitgehend still – Coronavirus sei Dank. Zu tun gibt es trotzdem mehr als genug. Frag nach in den Krankenhäusern, bei den Ärzten und in der Stadtverwaltung. Auch die Lokalpolitiker arbeiten weiter. Es gilt ja, wichtige Entscheidungen zu treffen. Etwa, ob und welcher Form der geplante Edeka-Neubau an der Karl-Friedrich-Straße in Bochum-Weitmar realisiert werden kann.

Nur sechs Bürger dürfen in die Bezirksvertretung Bochum-Südwest

Mit diesem Thema – und vielen weiteren – beschäftigt sich die Bezirksvertretung Süd am Mittwochnachmittag im Amtshaus in Bochum-Weitmar. Allerdings unter verschärften Sicherheitsvorkehrungen und in deutlich kleinerer Runde als sonst. Die einzelnen Fraktionen entsenden nur einzelne Mitglieder, die auch weit genug auseinander sitzen werden.

An dieser Stelle der Karl-Friedrich-Straße in Bochum-Weitmar soll der neue Edeka entstehen.
An dieser Stelle der Karl-Friedrich-Straße in Bochum-Weitmar soll der neue Edeka entstehen. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Es bleibt eine öffentliche Sitzung, allerdings werde das Publikum deutlich „ausgedünnt“, teilt Bezirksbürgermeister Marc Gräf (SPD) auf WAZ-Anfrage mit. Der Schutz vor möglichen Infektionen gehe vor. „Deshalb stehen den Bürgern nur sechs Plätze zur Verfügung.“ Dabei gelte das Windhund-Prinzip. Heißt: Wer zuerst kommt, darf in den Sitzungssaal.

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Der Bezirksbürgermeister rechnet ohnehin nicht mit großem Andrang. In der Annahme, die meisten Bürgern würden ohnehin den öffentlichen Vorgaben folgen und nach Möglichkeit zu Hause bleiben.

Es stehen allerdings einige interessante Themen auf der Tagesordnung. Allen voran der anfangs erwähnte vorgesehene Edeka-Neubau in Weitmar-Mark. Dass hierüber unter diesen Bedingungen in der Bezirksvertretung Süd nun beraten wird, stößt bei der Bürgergemeinschaft Weitmar-Mark-Stiepel, die seit Jahren gegen den Edeka kämpft, auf wenig Gegenliebe.

Bürgerinitiativen plädieren für eine Verschiebung der Sitzung

Man habe kein Verständnis für die Entscheidung, diese Sitzung, „auf die viele Bürger seit fast zwei Jahren warten, in der jetzigen Situation stattfinden zu lassen“, teilt Olaf Ring, Sprecher der Bürgergemeinschaft, Marc Gräf in einer E-Mail mit. Viele Bürger hätten geplant, an der Sitzung mit dem Thema Edeka-Neubau teilzunehmen – und würden nun daran gehindert.

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Die Bürgergemeinschaft kritisiert Marc Gräf, „seinen Stiefel“ durchziehen zu wollen, während alle möglichen Veranstaltungen abgesagt oder verschoben werden. „Warum können Sie diese wichtige – und auch mit gesundheitlichen Gefahren behaftete – Versammlung nicht verschieben?“, fragt Olaf Ring im Namen seiner Mitstreiter. Und, an Marc Gräf gerichtet: „Wie gehen Sie damit um, wenn um 15.15 Uhr am Mittwoch plötzlich 30, 40 oder 50 interessierte Bürger vor Ihrer Tür stehen?“

Bezirksbürgermeister Marc Gräf (SPD) hält an der Entscheidung fest, die Bezirksvertretungs-Sitzung in Bochum-Südwest stattfinden zu lassen: „Wir halten damit die Handlungsfähigkeit des Staates aufrecht.“
Bezirksbürgermeister Marc Gräf (SPD) hält an der Entscheidung fest, die Bezirksvertretungs-Sitzung in Bochum-Südwest stattfinden zu lassen: „Wir halten damit die Handlungsfähigkeit des Staates aufrecht.“ © FUNKE Foto Services | Gero Helm

Unterstützung erfährt die Bürgergemeinschaft durch das Netzwerk für bürgernahe Stadtentwicklung. Allein aufgrund der Tagesordnung – neben dem Edeka-Neubau geht es auch um die Bebauung an der Schloßstraße in Weitmar und an der Lewackerstraße in Linden – scheint die Sitzung aus Sicht der Initiative kaum geeignet, „nicht nur Mitglieder mehrerer Initiativen, sondern auch weitere Interessierte aus der Weitmarer Bürgerschaft anzuziehen“.

Was läge in Zeiten von Corona näher, als die kommenden Sitzungen abzusetzen?, fragt Wolfgang Czapracki-Mohnhaupt als Sprecher des Netzwerks. „Die Öffentlichkeit soll weitgehend ausgeschlossen bleiben“, mutmaßt er weiter. Aus Sicht des Netzwerks müssten „Entscheidungen in derartigen Notstands-Gremien als undemokratisch und der ausgerufenen Sicherheitslage nicht angemessen angesehen werden“. Würden die Termine wie geplant durchgeführt, „laufen die Verantwortlichen Gefahr, sich dem Vorwurf auszusetzen, eine ,Notlage,’ausgenutzt zu haben, um umstrittene Vorhaben nahezu ohne Öffentlichkeit entschieden zu haben“.

Stadt kontrolliert

Die Sitzung der Bezirksvertretung Südwest findet am Mittwoch (18.) um 15.30 Uhr im Amtshaus, Hattinger Straße 389, in Weitmar statt.

Nach Angaben von Bezirksbürgermeister Marc Gräf (SPD) wird die Stadt kontrollieren, dass auch nicht mehr Besucherinnen und Besucher im Gebäude sein werden als erlaubt.

Marc Gräf will diese Kritik nicht einfach auf sich sitzen lassen. Alle Politiker hätten sich in den vergangenen Tagen Gedanken gemacht, „wie wir arbeitsfähig bleiben können“. Dafür seien Notparlamente gebildet worden. „In diesen Zeiten halten wir die Handlungsfähigkeit des Staates aufrecht und das in großer Gemeinsamkeit fraktionsübergreifend. Deshalb findet die Sitzung der Bezirksvertretung Bochum-Südwest auch statt“, stellt Gräf klar. „Hierzu werden wir uns zwar in einer anderen Zusammensetzung treffen, aber wir stellen eine Handlungsfähigkeit sicher.“

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Die Tagesordnung zur Sitzung der Bezirksvertretung Bochum-Südwest stehe seit langer Zeit fest und sei öffentlich einsehbar, sagt Marc Gräf. „In der letzten Woche haben die Fraktionen getagt und sich ein umfängliches Meinungsbild zu den Tagesordnungspunkten gemacht.“ Im Übrigen sei der Edeka-Neubau „ein altes Thema“, zudem „befinden wir uns nur in der Anhörung“. Darüber entschieden wird im Planungsausschuss am 24. März.

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