Bochum. Am Prinz-Regent-Theater macht Regisseurin Constanze Hörlin aus dem einstigen Theaterskandal eine Groteske. Die Schauspieler sind wunderbar.
Als einer der größten Theaterskandale des 20. Jahrhunderts galt einst „Reigen“ von Arthur Schnitzler. In seinem Stück aus dem Jahr 1900 dreht es sich in zehn erotischen Dialogen „nur um das Eine“. Heute schockt dieses Thema kaum jemanden mehr – und doch ist die Inszenierung von Constanze Hörlin, die im Prinz-Regent-Theater Bochum zu sehen ist, mehr als sehenswert.
Constanze Hörlin, Regie-Studierende der Folkwang Universität der Künste, entstaubt das Stück ordentlich. Sie nimmt die Vorlage nicht allzu ernst, vieles wird überspitzt und gerät zur Groteske, was dem Text aber mehr als gut tut. Alleine die Umsetzung der verschiedenen „Sex-Szenen“ ist so einfallsreich, originell und manchmal auch lustig-derb, dass man sich den Abend alleine schon deshalb ansehen sollte.
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Aus dem Theaterskandal wird eine schillernde Groteske
Auch das Bühnenbild von Fivos Theodosakis ist gelungen, pragmatisch und schlau zugleich. Die Bühne wird dominiert von einer weißen Wand, die sich in der Mitte an einem Gelenk montiert drehen lässt und so eine wunderbar wandelbare Spielfläche abgibt.
Sämtliche Figuren werden von Helge Salnikau und Maike Elena Schmidt gespielt – und das auch über die Geschlechtergrenzen hinweg. Wenn Salnikau als das „süße Mädel“ immer wieder wie zufällig den Träger seines Kleidchens über die Schulter rutschen lässt, ist das allerliebst. Und auch seine Partnerin imponiert in den unterschiedlichsten Rollen. Wenn sie als exaltierte Schauspielerin über die Bühne fegt oder dann wieder ganz still und gedemütigt da sitzt, zeugt das von großer Wandlungsfähigkeit.
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Die ernsten Seiten des Stücks kommen nicht zu kurz
Auch wunderbar geglückt sind die Teile zwischen den Dialogen. Salnikau und Schmidt stehen am Mikrofon und kreieren durch Laute, Zischen und Stöhnen human-beatboxartig rhythmische Sounds und Musik. Diese kleinen Intermezzi, die ästhetisch für sich stehen, bilden gleichzeitig einen ebenso charmanten wie verbindenden Rahmen.
Bei all dem Spaß, den das Ganze macht, kommt die ernste Seite des Stücks aber nicht zu kurz. Es gibt auch die leisen Momente. Denn Macht, Sehnsucht, Enttäuschung und das Verlangen nach Liebe sind in allen Szenen die unerbittlichen Begleiter des Spiels um Verführung und Verlangen. Und gerade das macht den „Reigen“ zu einem rundum gelungenen Abend: kurzweilig, grell, schrill und anrührend zugleich.
Wieder am 11. und 12. April. Karten (16, ermäßigt 8 Euro: 0234 / 77 11 17.