Bochum-Langendreer. Bald ist für Rewe Artmann in Bochum Schluss. Für Kunden und Mitarbeiter ein Schock. Allerdings gibt es schon Pläne für einen Nachfolger.

Für die Bewohner des Ortsteils Kaltehardt in Bochum-Langendreer kommt es knüppeldick. Im Sommer schließt mit Rewe Artmann – der mit der Karotte – der einzige Supermarkt im Ort. Bereits seit Dezember 2019 fährt die Straßenbahnlinie 310 nicht mehr über den Außenbezirk. Die Schließung des Rewe-Marktes ist ein Schock für Kunden und Mitarbeiter gleichermaßen.

Rewe Artmann in Bochum schließt aus einem einfachen Grund

Wurden von der Nachricht überrascht und sind geschockt: Margarete Bruns (links) und Martha Große, Stammkundinnen bei Rewe Artmann in Bochum-Langendreer.
Wurden von der Nachricht überrascht und sind geschockt: Margarete Bruns (links) und Martha Große, Stammkundinnen bei Rewe Artmann in Bochum-Langendreer. © Gernot Noelle

„Das muss ich erstmal verdauen“, sagt Martha Große am Samstagvormittag. Die 77-Jährige hat gerade beim Einkauf im Laden davon gehört. Seit 34 Jahren wohnt sie in Kaltehardt. „Seitdem gehe ich hier im Rewe einkaufen.“ Und nicht nur sie. „Die ganzen alten Leutchen aus dem Ort kommen hier her.“

Auch Margarete Bruns. „Man darf wirklich nicht alt und unbeweglich werden“, stöhnt die 78-Jährige. Ohne Artmann „sei hier nichts mehr“, dann könne auch der Frisör nebenan zumachen. Für Bruns ist die soziale Komponente sehr wichtig: „Man trifft sich, quatscht miteinander.“ Auch zu den Mitarbeitern habe man ein gutes Verhältnis. Das alles falle dann weg.

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Seit Freitag macht die Nachricht vom Aus für Rewe Artmann „im Dorf“ die Runde. Die Gerüchteküche brodelt: Es gebe Probleme mit Rewe, ist bei Facebook zu lesen. Der Markt sei zu klein. Und er habe zu wenig Parkplätze. So sehr die beiden letzten Punkte vielleicht auch stimmen, sie sind nicht der Grund dafür, dass Betreiber Johannes Artmann seinen Laden am Birkhuhnweg 5a am 30. Juni schließt.

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„Es liegt allein daran, dass ich nächste Woche 65 werde“, verrät Johannes Artmann auf WAZ-Anfrage. „Nach fast 30 Jahren am Ort und insgesamt 45 Jahren im Einzelhandel muss dann auch man Schluss sein.“ Er habe sieben Enkel im Alter von eins bis fünf, „die ihren Opa kaum kennen“. Das wolle er ändern. Von daher habe er schweren Herzens den Entschluss gefasst, aufzuhören, „bevor ich rückwärts aus dem Laden getragen werde.“

Nachfolge-Plan ging nicht auf

Vor fünf Jahren schon habe er damit begonnen, seine Nachfolge zu klären, sagt Johannes Artmann. „Ich hatte einen jungen Mann eingestellt, der den Laden übernehmen wollte. Es hat sich leider zerschlagen.“ Er sollte fortführen, was Artmann selbst 1991 von seinen Vorgängern, den Theimanns, übernommen hat: einen Angebots-Mix aus Bio und konventionellen Lebensmitteln. „Das ist bundesweit ziemlich einmalig“, sagt Artmann. Und ein Erfolgsmodell. „Wir haben einen super Umsatz, allerdings auch sehr hohe Personalkosten.“

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76 Mitarbeiter arbeiten für Johannes Artmann. Zehn in Vollzeit, 28 in Teilzeit, die übrigen als Mini-Jobber. Ihnen musste er jetzt kündigen. „Da sind schon viele Tränen geflossen, auch bei mir“, sagt Johannes Artmann. Doch er habe auch Verständnis für seine Entscheidung erfahren, sagt er und freut sich, gleichzeitig von einem Hoffnungsschimmer berichten zu können.

Zwei Monate geschlossen

Nach Angaben von Johannes Artmann will der an seiner Nachfolge interessierte Naturkost-Großhändler Dennree das Ladenlokal im Sommer für zwei Monate schließen, kernsanieren und nach eigenen Wünschen umbauen. „Architekten haben das Gebäude schon begutachtet“, sagt Artmann.

Die Verkaufsfläche beträgt aktuell 755 Quadratmeter. „Angefangen habe ich 1991 mit 430 Quadratmetern“, sagt Artmann. Zwei Mal habe er das Ladenlokal seither erweitert. Bei den Parkplätzen war dies nicht möglich; den Kunden stehen gerade mal knapp ein Dutzend zur Verfügung.

Denn am Birkhuhnweg 5a wird es – das scheint ziemlich sicher – weitergehen. „Mein Naturkost-Großhändler Dennree zeigt Interesse, den Laden zu übernehmen“, teilt Johannes Artmann mit. Der Mietvertrag sei „fast unterzeichnungsreif“. Es wird dann allerdings auf einen reinen Bio-Supermarkt hinauslaufen. „Die konventionelle Nahversorgung ist dann nicht mehr gegeben“, bedauert auch Artmann.

Er sieht vor allem aber auch eine Chance für viele seiner Mitarbeiter, denen laut Artmann bei einer Bewerbung eine Übernahme in Aussicht gestellt wird: „Die Firma Dennree macht gute Arbeit, legt ebenfalls viel Wert auf Atmosphäre und Kundennähe. Dafür kann man meine Leute gut gebrauchen.“

Johannes Artmann will sich in Zukunft selbst ein Bild davon machen, wie der neue Laden, der dann vermutlich „Denn’s Biomarkt“ heißen wird, so läuft. Er wohnt zwar in Witten-Annen, plant aber, mit dem Fahrrad regelmäßig nach Langendreer zu radeln, um dort einzukaufen. So ihn die Enkel denn lassen.